Wenn es ernst wird, sagen die alten Bauern, es pfeife von jetzt ein anderer Vogel. Was für die Playoffs im Hockey tatsächlich zutrifft: Wer sich aufmacht, um einem Spiel beizuwohnen, hört nun am Abend bereits die Vögel pfeifen. Monatelang sass das pfeifende Federvieh über den Winter bereits am frühen Abend stumm in Bäumen und Sträuchern. Dass nun ein anderer Vogel pfeift, spürten die ZSC Lions. Der himmelhohe Favorit (in der Qualifikation 35 Punkte mehr als Biel) taumelte zum Auftakt des Viertelfinals am Abgrund der Niederlage. Mit ziemlicher Sicherheit hat ein Irrtum der Bieler den Titanen gerettet.
Die Antwort auf die Frage, warum die ZSC Lions letztlich ungeschoren davongekommen sind, umfasst nur einen Namen: Torhüter Joren van Pottelberghe war nicht gut genug. Punkt. Wer in Zürich gewinnen will, braucht einen grossen letzten Mann. Biels Goalie war höchstens Durchschnitt. Drei Gegentreffer hätte ein grosser Goalie verhindert. Was sogar die Statistik zeigt: Joren van Pottelberghes Fangquote (88,89 Prozent) liegt im Graubereich zwischen durchschnittlich und ungenügend.
Niemand gewinnt gegen die ZSC Lions mit einem Torhüter, der weniger als 90 Prozent der Pucks abwehrt. Die Zürcher sind offensiv so gut, dass sogar 92 bis 93 Prozent erforderlich sind. Sie haben nach Gottéron (175) in der Qualifikation am zweitmeisten Treffer erzielt (167). Biel nur 139. Was uns wiederum zeigt: Biel zelebriert zwar an einem guten Abend ein schwungvolles Offensivspektakel. Aber zu wenig effizient, um gegen die beste Abwehr der Qualifikation (110 Gegentreffer – Biel 140) vorwärts die Entscheidung herbeizuführen. Wir können es drehen und wenden, darlegen und analysieren, erklären und auslegen, wie wir wollen: Biels Goalie ist die entscheidende Figur.
Nun ist es so, dass Martin Steinegger einen der besten Torhüter der Welt einsetzen kann: Harri Säteri (34). Olympiasieger und Weltmeister. Er hat die Bieler (fast) im Alleingang durch zwei Play-In-Runden in den Viertelfinal gebracht. Die staubtrockenen Zahlen müssen wir noch einmal nennen, um zu verstehen, wie wichtig in diesem Fall der Torhüter ist. Im 52. und letzten Qualifikationsspiel ermöglicht Harri Säteri mit einer Abwehrquote von 96,97 Prozent in Genf den Sieg (2:1), der Biel überhaupt erst ins Play-In bringt. Und nun die Zahlen im Play-In.
1. Runde:
Servette – Biel 2:3. Fangquote Harri Säteri 93,33 Prozent.
Biel – Servette 2:2. Fangquote Harri Säteri 94,59 Prozent.
2. Runde:
Biel – Ambri 1:1. Fangquote Harri Säteri 95,83 Prozent.
Ambri – Biel 2:4. Fangquote Harri Säteri 90,48 Prozent.
Die Bieler haben also mit bloss 10 Toren in 4 Spielen das Play-In überstanden. Sie verdanken die Viertelfinalqualifikation ihrem Torhüter. Punkt.
Mit Harri Säteri hätten die Bieler mit ziemlicher Sicherheit den Viertelfinal-Auftakt in Zürich gewonnen. Der Titan ist unsicher. Die an einem guten Abend alles überrollende «Hockeymaschine» funktioniert noch lange nicht perfekt. Eigentlich kein Problem: Wer Meister werden will, ist im ersten Playoffspiel noch lange nicht in Form. Ja, oft hilft es sogar, wenn sich der Favorit in der ersten Runde abmühen muss. Es pfeift jetzt eben ein anderer Vogel.
Am Ende reicht es doch zum Sieg (4:3). Um es auf den Punkt zu bringen: Harri Säteri hätte mindestens zwei, vielleicht sogar drei der vier Gegentreffer verhindert. Fatal ist das haltbare erste Tor (zum 1:0), das die Zürcher fürs Erste beruhigt. Im Schlussdrittel (44.) trifft Luca Cunti zur erstmaligen Führung für die Bieler (3:2). Nun dominiert der Aussenseiter das Schlussdrittel mit einem Schussverhältnis von 13:6. Die Zürcher geraten ins Wanken. Mit einem grossen Torhüter hätte Biel den Vorsprung über die Zeit gebracht. Aber Joren van Pottelberghe (26) kann zwei von sechs Pucks in den letzten 20 Minuten nicht stoppen.
Die billige Kritik ist also: Martin Steineggers Irrtum brachte den ZSC Lions den Sieg. Er hat ein «heiliges» Gesetz des Hockeys missachtet: «Never change a winning team.» Stelle nie eine erfolgreiche Mannschaft um.
Diese Kritik ist wohlfeil, weil hinterher alle Narren weise sind. Biels Trainer, der soeben in Zürich in seinem 8. Spiel die erste Niederlage nach 60 Minuten hinnehmen musste, hat gute Gründe, warum er Harri Säteri zu Hause gelassen und Joren van Pottelberghe eine Chance gegeben hat. Die Energie. Auch dazu eine Statistik: Harri Säteri hat 42 von 52 Qualifikationspartien bestritten. Nur noch Zürichs Simon Hrubec (32) ist so oft eingesetzt worden. Aber Simon Hrubec konnte seit dem 4. März, seit der letzten Qualifikationsrunde, ruhen, während Harri Säteri die vier Play-In-Partien unter maximalem Erfolgsdruck zu bestreiten hatte.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte