Sag das doch deinen Freunden!
Vieles spricht dafür, dass ein Irrtum von «Spielplan-General» Willi Vögtlin den Kampf um die letzten Playoffplätze stark beeinflussen wird. Zu Gunsten der Kloten Flyers und zu Ungunsten des SC Bern und Ambri.
Am Anfang sehen wir in Zug das alte Kloten. Das Krisen-Kloten. Das Abstiegsrunden-Kloten, das sich mit unforcierten Eigenfehlern in Rücklage bringt. Mit einem Torhüter, der seine Zukunft hinter sich hat. Schon nach 105 Sekunden verliert Lukas Frick die Scheibe, Martin Gerber (41) greift ins Leere, Zug führt 1:0.
Am Ende gewinnen die Klotener aber dennoch verdient 4:3 und wir verneigen wir uns vor einem neuen Kloten. Vor dem mental robusten, nervenstarken, coolen Kloten, das sich auch durch ein anfängliches Missgeschick nicht vom Weg abbringen liess. Vor dem Playoff-Kloten. Und vor einem starken, ja charismatischen Martin Gerber.
Bereits nach zwei Dritteln ist ein starkes Zug besiegt. Und heute haben die Flyers die Chance, mit einem Heimsieg gegen Biel erstmals im Jahre 2016 wieder auf einen Playoff-Platz zurückzukehren – auf Kosten des SC Bern.
Der ratlose neutrale Beobachter fragt sich: Wie ist es möglich, dass diese Zürcher immer noch um die Playoffs zittern müssen? Dass ihr Talent bei weitem für die Playoffs reicht, reichen muss, ist seit Saisonbeginn unbestritten. Sie waren ja auch in der Krise gute Verlierer, die sich durch Eigenfehler immer wieder um die Früchte ihrer Anstrengungen und ihres Talentes brachten. Zu wenig diszipliniert waren sie, manchmal auch eine Spur zu zerbrechlich, zu wenig leidenschaftlich, zu brav, zu harmlos. Was halt so die Kritik ist, wenn eine spielerisch bessere Mannschaft unter ihrem Wert verliert.
Gestern gab es in Zug keine Zweifel. Die Zürcher waren nicht nur spielerisch besser. Sie waren vor allem robuster, beinahe böser und sie gewannen die meisten Zweikämpfe. Der Kulminationspunkt der Partie war der Penalty, den Leitwolf Denis Hollenstein zum 2:3 versenkte. Torhüter Martin Gerber, der ein starker Rückhalt war, bringt es auf den Punkt: «Wir haben das Spiel vereinfacht und vor beiden Tore sind wir jetzt präsent.» Vorne gingen die Stürmer Zugs Goalie-Titan Tobias Stephan unter die Haut. Hinten fuhren sie grob drein, wenn Martin Gerber unter Druck kam.
Der SC Bern schien nach einem Sieg gegen Zug (5:2) auch auf dem sicheren Weg in die Playoffs. Ein klägliches 0:4 gegen Gottéron hat alles wieder zunichte gemacht. Wenn die Kloten Flyers das Heimspiel gegen Biel nicht gewinnen, ist der Sieg in Zug aber auch für die Zürcher ein verlorener Sieg.
Aber so oder so kann durchaus sein, dass Kloten von einem Irrtum von Spielplangeneral Willi Vögtlin profitieren wird. Es ist ein Irrtum des tüchtigen Baselbieters, der viel gravierendere Folgen haben könnte als seine verunglückte, inzwischen längst legendäre Cup-Auslosung.
Dem Restprogramm könnte nämlich entscheidende Bedeutung zukommen. Ambri tritt in den beiden letzten Runden gegen Biel (a) und Lugano (h) an. Der SC Bern daheim gegen Lausanne und auswärts gegen Gottéron, Lausanne in Bern und daheim gegen Servette. Die Kloten Flyers aber zweimal hintereinander (!) gegen die SCL Tigers. Gegen das Team, gegen das sie in diesem Jahrhundert die mit grossem Abstand beste Statistik haben.
Ganz offensichtlich hat also Kloten das leichteste Schlussprogramm. Eigentlich «Gratispunkte» aus den beiden letzten Partien. Oder anders gesagt: Wenn Kloten mit sechs Punkten aus den letzten zwei Partien in die Playoffs kommt und diese Punkte gegen Langnau nicht holt – dann ist das die Mutter aller Pleiten für WM-Silberschmied Sean Simpson. Dann sollte er sich auf die Position eines General Managers zurückziehen und einen neuen Cheftrainer anstellen. Nach dem Motto: Wer Langnau zum Abschluss nicht zweimal schlägt, ist die Playoffs nicht wert.
Nun ist es so, dass der Spielplan am Ende für alle gleich ist. Alle Teams spielen im Laufe einer Qualifikation zweimal hintereinander gegen den gleichen Gegner. Der Spielplan ist durch und durch legal und von den Klubs auch abgesegnet worden. Aber es ist stossend, dass zwei Teams nicht im Laufe der Qualifikation, sondern in den letzten zwei Runden zweimal gegeneinander antreten.
Obwohl juristisch unanfechtbar, dürfte es das eigentlich nicht geben. So wird einer Meisterschafts-Verfälschung Tür und Tor geöffnet (was, wenn sich die zwei Teams mit entsprechender Punkteteilung gegenseitig helfen können?) und so entstehen Verschwörungstheorien.
Es gibt eine Erklärung für diese wahrscheinlich meisterschaftsentscheidende Spielplan-Kuriosität. Willi Vögtlin hatte den Spielplan für die Saison 2015/16 schon fertig und merkte erst dann, dass ja Kloten nicht viermal, sondern sechsmal gegen die SCL Tigers antreten muss. Nochmals den Spielplan neu überarbeiten? Nein. Also hat er seinen Irrtum auf eine ganz einfache Art und Weise korrigiert und halt diese zwei Partien am Ende noch drangehängt.
Willi Vögtlin ist am letzten Freitagabend vor Zeugen mit dieser «Spielplan-Verschwörungstheorie» konfrontiert worden. Es ist ja die Pflicht eines objektiven, jeder Polemik abholden Chronisten, diese Thematik aufzugreifen. Willi Vögtlin hat, anders als es sonst seine sympathische Art ist, nicht dementiert, nicht protestiert, keine entlastenden Argumente vorgebracht und sich nicht einmal gerechtfertigt. Er hat nur gesagt, er sage dazu nichts.
Der sonst so kluge, schlagfertige Rhetoriker wirkte seltsam kleinlaut und es schien, als gehe er in sich. Kein Schelm, wer denkt, dass er ganz tief in seinem Hockey-Herzen, dort, wo kein Klotener und auch sonst niemand hineinzusehen vermag, froh sein wird, wenn der SCB trotz allem die Playoffs doch noch erreicht. Zur Ehrenrettung von Willi Vögtlin sei hier eine alte Weisheit zitiert: Auf einen Irrtum aufmerksam gemacht, geht der Weise schweigend in sich, der Schlaue sucht eine Ausrede und der Narr beschönigt ihn.