Zwei Ereignisse, die scheinbar keinen direkten Zusammenhang haben. Die Deutsche Eishockey Liga (DEL) boomt und die SCL Tigers bauen. Die DEL meldet in ihrer 30. Saison einen neuen Rekord: 7160 Fans pro Partie (National League: 7130) und die Kölner Haie lösen mit 16'993 pro Partie den 20 Jahre lang unangefochtenen Spitzenreiter SC Bern ab (15'490). «Wir haben mit über 20 Prozent einen extremen Zuwachs», bilanzierte DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke am letzten Donnerstag.
Ein Problem für unsere NL und den SCB? «Nein», sagt Liga-Manager Denis Vaucher, «es ist eine statistische Zufallsdifferenz und wir haben ebenfalls einen neuen Rekord.» Tatsächlich hat die NL mit 7130 Fans pro Partie die bisherige Rekordmarke (7026) aus der Saison 2015/16 übertroffen. «Hockey boomt in ganz Europa. Auch Schweden, Österreich und Finnland melden neue Rekorde.» Die Entwicklung der DEL sei logisch: «Die Deutschen haben ihre Hausaufgaben in jeder Beziehung gemacht, die Infrastruktur verbessert und in den letzten Jahren in mehreren Städten neue Stadien eröffnet.» Dazu kommt: Der WM-Final 2023 hat zur besseren Stimmung beigetragen.
Auch SCB-Manager Marc Lüthi macht sich wegen der Fan-Statistik keine Sorgen. Obwohl der SCB zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt (1998) nicht mehr Europas Publikums-Krösus ist: «Kein Problem: Wir haben uns gegenüber der letzten Saison gesteigert.» Tatsächlich stieg der Schnitt an: von 14750 auf 15490. Das ist zwar noch klar unter den Rekordwerten der Vergangenheit: Von 2012 bis 2019 zählte der SCB achtmal hintereinander im Schnitt mehr als 16'000 Fans im Stadion.
Marc Lüthi könnte also zur Tagesordnung übergehen. Aber es gibt eben – wie erwähnt – ein zweites Ereignis, das ihn beunruhigt. Am Dienstag hat Langnaus Präsident Peter Jakob durch den Rohbau der Stadionerweiterung geführt. Gut zehn Jahre nach der Erneuerung des Tempels (für rund 30 Millionen, je zur Hälfte von der Gemeinde und von Peter Jakob) nun der nächste Schritt. 21 Millionen investiert wieder Langnaus Präsident in einen Ausbau, der im Dorf bescheiden als «zweites Eisfeld» bezeichnet wird. In Tat und Wahrheit entsteht ein Leistungssportzentrum, das einen Vergleich mit Zugs legendärem OYM nicht zu scheuen braucht.
Es ist weit mehr als bloss ein zweites Eisfeld, das entsteht und ab September genutzt werden kann: Im Parterre Parkplätze, im ersten Obergeschoss ein Eisfeld mit NHL-Abmessung (rund vier Meter schmäler als die europäischen Masse), im zweiten Obergeschoss neue Gastronomie-Räume und im dritten Obergeschoss entsteht das, was der Präsident als «Leuchtturm» der Anlage bezeichnet: die Athletikhalle.
Auf einer Fläche von 1500 Quadratmetern entstehen Trainingsmöglichkeiten, die längst nicht nur dem Eishockey dienen werden. Das bedeutet: Die SCL Tigers verfügen ab kommendem September zusammen mit Zug über die beste Hockey-Sportinfrastruktur und durch den Ausbau der Gastronomie über noch bessere wirtschaftliche Voraussetzungen.
Weniger als eine Stunde Auto- oder Eisenbahnfahrt von Bern entfernt finden Spieler um Welten bessere sportliche Voraussetzungen für die Ausübung ihres Berufes als in Bern. Ein starkes Argument für junge, entwicklungsfähige Spieler nach Langnau zu wechseln. Die Position der SCL Tigers als Ausbildungsclub wird gestärkt. Was sich bereits auswirkt: Auf nächste Saison kommen Joshua Fahrni (21) vom SCB und Dario Allenspach (21) vom EV Zug.
Langnaus bessere sportliche Infrastruktur muss Marc Lüthi noch nicht beunruhigen: Dann soll Langnau halt ausbilden. Der SCB kann bessere Löhne zahlen. Nach wie vor ist der SCB ein Hochlohn-Klub und hat als Hockey-Konzern mit über 50 Millionen Umsatz (Langnau klar weniger als 20 Millionen) die Geldspeicher, um die in Langnau ausgebildeten Spieler «einzukaufen». Ohnehin gilt: Was wäre der SCB ohne seine Langnauer (Bruno Wittwer, Simon Moser, Beat Gerber …)
Aber diese Rechnung geht womöglich bald nicht mehr auf: Da die Langauer mit der neuen Anlage auch die Gastronomie ausbauen, werden die jetzt schon erstaunlich guten wirtschaftlichen Möglichkeiten weiter verbessert: Schon mittelfristig dürften die SCL Tigers dazu in der Lage sein, zumindest bei einem oder zwei Spitzenspielern eine SCB-Offerte zu kontern. Nicht der Vergleich mit Europa ist die SCB-Herausforderung. Zum Problem werden mittelfristig die SCL Tigers, die den SCB erstmals seit den 1970er Jahren herausfordern werden.
Der SCB hat inzwischen die «marodeste» Hockey-Infrastruktur im Kanton. Längst bieten Biel und nun eben auch Langnau bessere infrastrukturelle Voraussetzungen. Eine Entwicklung, die Marc Lüthi in der ganzen Tragweite erkannt hat. Die tiefgreifende Reorganisation und Stabilisierung der sportlichen Führung durch die Verpflichtung eines neuen Obersportchefs (Martin Plüss) und eines Untersportchefs (Patrik Bärtschi) sowie erstmals seit 2019 wieder eines richtigen Trainers (Jussi Tapola) erlauben es ihm, seine Energie in die grösste Herausforderung seiner Karriere als Hockey-Macher zu investieren. In den Neubau eines Hockeytempels und die Klärung der Frage: Auf Stadtberner Boden oder auf dem Terrain einer Vorortsgemeinde? Er sagt dazu: «Wir hoffen, im Mai oder Juni etwas mehr zu unseren Plänen sagen zu können.»
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Grüsse aus Langnau