Wahrlich gute Aussichten: Eine historische Defensivleistung, die Aussicht auf die Wiederauferstehung des silbernen Traumsturmes von 2018 und alles läuft so gut, dass unsere Funktionäre sich die Zeit nehmen können, um ihre Eitelkeit zu pflegen.
Die Schweizer haben zum WM-Auftakt Slowenien 7:0 und Norwegen 3:0 besiegt. Erst einmal haben wir in den zwei ersten WM-Partien keinen Gegentreffer kassiert: Im Februar 1939 hat die Schweiz die WM auch an zwei aufeinanderfolgenden Tagen mit einem 12:0 gegen Lettland und einem 23:0 gegen Jugoslawien begonnen. Am Ende reichte es zu WM-Bronze.
Slowenien und Norwegen sind sicherlich eine Nummer grösser als damals Lettland und Jugoslawien. Aber halt auch eine Nummer kleiner als die Schweiz: Es sind zwei tapfere Nationalteams, die beim Spengler Cup wahrscheinlich kein Spiel gewinnen würden.
Bemerkenswert ist die Art und Weise, wie die Schweizer diese Pflichtaufgabe erfüllt haben: Einer perfekten Leistung im Startspiel (7:0 Slowenien) folgt eine perfektes «Larifari-Spiel»: Der nahezu totalen Dominanz im Startdrittel (12:1 Schüsse) folgt Leichtsinn, garniert mit Konzentrationsmängeln.
In früheren Jahren hätte dieses Nachlassen gegen Norwegen (nur noch 11:9 und 2:5 Schüsse im 2. und 3. Drittel) fast sicher zu einer Niederlage geführt. Doch nun ist das Team so gefestigt, dass nichts passiert ist: Robert Mayer hat kein Gegentor zugelassen.
Ein perfektes «Larifari-Spiel» ist eines, das ohne Gegentreffer gewonnen wird. Nun bietet sich eine historische Chance: Leonardo Genoni hat gegen Slowenien kein Tor kassiert, Robert Mayer blieb gegen Norwegen unbesiegt. Und wenn am Dienstag Joren van Pottelberghe gegen Kasachstan eingesetzt würde, dann hätte die Schweiz womöglich in drei Partien hintereinander drei verschiedene Torhüter, die ohne Gegentreffer vom Eis gehen.
Nationaltrainer Patrick Fischer sagt, er wolle die Sache erst einmal mit Goalietrainer Thomas Bäumle bereden. Joren van Pottelberghe ist definitiv Goalie Nummer 3. Weil Akira Schmid nicht nach Riga reist.
Die Defensive (inkl. Boxplay) funktioniert also bestens. Norwegen hat in 9:30 Minuten Powerplay nicht getroffen. Auch offensiv sind die Aussichten famos. Nun ist Kevin Fiala in Riga eingetroffen. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, im Laufe des Turniers den «Traumsturm» der Silber-WM von 2018 aufs Eis zu schicken. Damals stürmten ab dem Viertelfinal gegen Finnland (3:2) Nino Niederreiter und Kevin Fiala neben Mittelstürmer Enzo Corvi. Die Schweizer besiegten im Halbfinal Kanada (3:2) und verpassten den WM-Titel im Final gegen Schweden erst in der Penalty-Entscheidung.
Ob es zur Auferstehung dieser famosen Angriffslinie kommt, ist offen. Captain Niederreiter hat bereits zwei Treffer auf seinem Konto: Er traf gegen Slowenien und gegen Norwegen je zum 3:0. Beim 3:0 gegen Norwegen musste er den Puck bloss noch ins leere Tor schieben. «Das war mein bisher einfachstes Tor für die Nationalmannschaft.» Niederreiter steht jetzt bei 15 Toren in 41 WM-Partien.
Definitiv werden im Laufe der Woche auch Mittelstürmer Nico Hischier und Verteidiger Jonas Siegenthaler in Riga eintreffen. Die Verstärkungen aus der NHL sind wichtig, weil Luganos Powerstürmer Calvin Thürkauf mit einem Riss des Schulterbandes nach Hause reisen muss. Voraussichtlich ist eine Operation erforderlich und er fällt für rund acht Wochen aus. Er ist in der 3. Minute der Partie gegen Norwegen ohne gegnerische Einwirkung gestürzt und in die Bande geprallt.
Die Mannschaft ist nominell mit ziemlicher Sicherheit die beste unserer Geschichte. Sportlich ist alles in bester Ordnung und es läuft so gut, dass die Funktionäre in Riga Zeit haben, ein wenig ihre Eitelkeit zu pflegen.
Kommunikationschef Thomas Hobi hat dem für seine Sachlichkeit und Seriosität bekannten NZZ-Berichterstatter Nicola Berger offiziell ein Interview-Verbot erteilt. Einen NZZ-Boykott hat es in der ganzen Verbandsgeschichte (seit 1908) noch nie gegeben. Die NZZ ist 1780 gegründet worden.
Thomas Hobi sagt, der Boykott sei nicht seine Entscheidung. «Das kommt von oben.» Und ergänzt: «Es ist nicht ein Interview-Verbot. Es ist einfach so, dass wir auf Fragen der NZZ keine Antworten mehr geben.» Und da Patrick Fischer bestätigt, dass er mit der Sache nichts zu tun habe, steht fest: Verbandssportdirektor Lars Weibel hat durchgegriffen. Der Grund: Der NZZ-Autor hat zwischen den Zeilen durchblicken lassen, Lars Weibel habe nicht das Format eines Vorgängers Raeto Raffainer.
Diese amüsante Episode ist durchaus positiv zu werten. Sie ist ein gutes Wetterzeichen und deshalb wird sie erwähnt: Alles funktioniert so gut, dass sich der oberste Funktionär der helvetischen Delegation in Riga mit gutem Gewissen die Zeit nehmen kann, sogar die hoch angesehene NZZ in den Senkel zu stellen.
Wie kritikunfähig kann man sein? Und wieso zur Hölle, ist das ein gutes Zeichen das alles gut läuft?
Öffentliche Kritk kann nun mal mit dem Job kommen.
Kritikunfähigkeit kommt meist von Unsicherheit und Zweifel einer Person. Und meiner Erfahrung nach, sind das die schlechtesten Personen für eine Führungsposition.
Das sehe ich anders. Wenn man wegen eines kleinen Nebensatzes so pikiert reagiert und die renommierteste Zeitung der Schweiz mit einem Interview-Verbot belegt (und wenn man "einfach" keine Fragen von dieser Zeitung beantwortet, dann ist das quasi ein Interview-Verbot), dann ist das schwach und kleinlich und eines Profis nicht würdig. Bis anhin hab ich Lars Weibel sehr gemocht, aber dieses Verhalten ist kindisch.