Ambri-Piotta hofft mit «Hosentelefon-Verbot» durch die Krise zu kommen
Ambri will zur Ruhe kommen und am Freitag das wahrlich übermächtige Ajoie bodigen. Mit dem Segen der Liga ist dafür eine erste Massnahme getroffen worden: «Silenzio Stampa».
«Silenzio stampa» (italienisch für «Presse-Stille») steht für eine Krisen-Massnahme, bekannt vor allem aus dem Italienischen Fussball. Spieler oder Funktionäre reden nicht mehr mit Chronistinnen und Chronisten.
Das berühmteste Beispiel: Bei der WM 1982 in Spanien kommt es rund ums italienische Nationalteam zu heftiger Polemik. Die Italiener mogeln sich mit drei kläglichen Unentschieden (0:0 Polen, 1:1 Peru, 1:1 Kamerun) durch die Gruppenphase. Nationalcoach Enzo Bearzot wird arg kritisiert, weil er den nach einer langen Sperre (wegen eines Wettskandals) gerade erst wieder spielberechtigten Stürmer Paolo Rossi aufgeboten hat.
Und siehe da: Diese «Silenzio Stampa» ist die Ruhe vor dem Sturm! Italien wird Weltmeister und Paolo Rossi Torschützenkönig.
Und nun also «Silenzio Stampa» in Ambri. Ach, was für ein Zirkus, was für ein Drama! Mit dem offiziellen Einverständnis der Liga (!) hat Ambri das umfassendste «Medien-Verbot» unserer Hockey-Geschichte erlassen: Es geht nicht nur um eine «Silenzio Stampa» nach dem Spiel vom Freitag gegen Ajoie. Ab sofort gilt ein absolutes Verbot für alle Medienkontakte. Ausdrücklich gibt es für alle Spieler und Funktionäre auch ein Verbot für telefonische Auskünfte. Also ein «Hosentelefon-Verbot».
Gemäss Liga-Manager Denis Vaucher werde die Lage am Sonntag neu beurteilt. Man habe Verständnis dafür, dass Ambri mit dieser Massnahme zur Ruhe kommen wolle. Allerdings müssen Spieler und Trainer gegenüber dem TV-Rechteinhaber «MySports» nach dem Spiel gegen Ajoie Red und Antwort stehen. Dazu sind sie vertraglich verpflichtet.
Aber die Weisung ist ergangen, dass nur Fragen zum Spiel gestellt werden dürfen. Ob die Massnahme den gleichen Effekt haben wird wie bei der WM 1982 für die Italiener, ist ungewiss.
Und eingehalten wird die «Silenzio Stampa» auch nicht. Obwohl das «Hosentelefon-Verbot» in Kraft ist, gibt es einen interessanten telefonischen Hinweis aus dem Kreis der verlässlichen Gewährsleute. Sozusagen «Hochverrat am Hosentelefon»: Der Chronist möge doch beachten, dass Präsident Filippo Lombardi sein Amt nur zur Verfügung gestellt habe. Das bedeute noch lange nicht, dass der grosse Vorsitzende dann auch tatsächlich zurücktreten werde. Es könne sehr gut sein, dass er einfach die Krise aussitzen und weitermachen wolle wie bisher.
Das ist in der Tat denkbar: Seine Freunde halten die Mehrheit der Aktien. Nur sie könnten ihn zum Rücktritt zwingen bzw. abwählen. Aber halten die Freunde zusammen? Sagt ein wahrer Ambri-Romantiker hoffnungsfroh am «Hosentelefon»: «Vielleicht gibt es ja auch im Verwaltungsrat einen Judas…»