Im Schatten der Europameisterschaft findet in den USA die Copa America Centenario statt. Am Wochenende wird im Endspiel zwischen Chile und Argentinien der König der amerikanischen Verbände gekrönt.
Verfolgen kann man die Partien in Europa praktisch nur mit Freinächten. Darum geht es den meisten so: Aufstehen, watson auf dem Smartphone checken und staunen.
Staunen, weil Partien mit vier und mehr Toren keine Seltenheit sind. Während an der EM die Verteidigungen bisher brillieren, fallen in den USA die Tore wie reife Äpfel. Von den bisher ausgetragenen 24 Spielen bejubelten die Fans unfassbare 18 Mal mindestens drei Treffer. Ganze 11-mal (also fast die Hälfte der Partien) mussten die Torhüter gar mindestens viermal hinter sich greifen.
Zum Vergleich: An der EM sahen die Zuschauer in 36 Anläufen nur zweimal mindestens vier Tore (2:2 zwischen Kroatien und Tschechien und 3:3 zwischen Ungarn und Portugal), mindestens dreimal jubelten Zuschauer in zehn Partien.
Man darf sich insbesondere als Fan einfach nur drüber freuen: Ist doch viel schöner, wenn Tore fallen. Was absolut stimmt. Wie oft hätten wir uns an der EM attraktivere Spielweisen gewünscht. Doch jeder weiss: Mit der Offensive gewinnst du Spiele, mit der Defensive Meisterschaften. Die Trainer an der Copa leiden wohl wie selten.
Im taktischen Bereich machen selbst Fussballzwerge Europas mittlerweile so viel richtig, dass sich Nordirland nicht mehr von Deutschland abschlachten lassen muss, dass Island Portugal ein 1:1 abtrotzen und Österreich besiegen kann oder dass England 90 Minuten kein Mittel gegen die Slowakei findet und Frankreich gegen Albanien erst kurz vor Schluss erlöst wird.
Die Resultate der Copa erinnern eher an Grümpelturnier-Resultate oder Spiele von Schweizer Amateurteams am Pfingstturnier in Österreich. So schön das für Zuschauer auch ist: Kein Wunder, dass die (süd-)amerikanischen Equipen an grossen Titelkämpfen seit 2002 auf eine Trophäe warten. Stellen sie ihre Philosophie nicht um, dürfte die Durststrecke noch einige Endrunden anhalten.