Setzt McLaren im Kampf gegen Verstappen voll auf Norris? «Die Antwort ist …»
Noch hat Lando Norris mit 24 Punkten Vorsprung auf seinen Teamkollegen Oscar Piastri und Verstappen im Red Bull alles in der eigenen Hand. An diesem Wochenende in Katar, an dem das letzte Sprintrennen zum Programm gehört, könnte sich der Brite erstmals die WM-Krone aufsetzen, sofern er zwei Punkte mehr sammelt als seine Rivalen.
Eine Frage, die sich vor dem vorletzten Rennwochenende der Saison stellt: Was macht McLaren? Zwei gemeinsam (Norris als Titelanwärter und Piastri sein Helfer) gegen einen (Verstappen)? Oder muss Norris auch die Attacke seines eigenen Teamkollegen fürchten? Wie ein internes Duell um den WM-Titel ausgehen kann, wissen sie gerade bei McLaren nur zu gut. 2007 schnappte Kimi Räikkönen beim bisher letzten Fahrertitel für Ferrari den McLaren-Fahrern Lewis Hamilton und Fernando Alonso die Krone weg.
Drama beim Saisonfinale möglich
Norris war damals sechs, Piastri vier Jahre alt, als Hamilton in seiner ersten Formel-1-Saison dem zweimaligen Weltmeister Alonso so zusetzte, dass das Stall-Duell völlig eskalierte. Endstand damals: Räikkönen 110 Punkte (es gab nur 10 Zähler für einen Sieg), Hamilton 109, Alonso 109. Am Ende der laufenden Saison könnte sich dieses Drama theoretisch wiederholen.
Denn eines machte Piastri deutlich: Aufgeben und den Helfer für Norris spielen will er nicht. «Wir hatten eine sehr kurze Diskussion – und die Antwort ist nein», entgegnete der Australier im Fahrerlager in Lusail auf die entsprechende Frage. Details über das Gespräch und seine Teilnehmer nannte er nicht. Stattdessen betonte Piastri, dass er selbst immer noch eine ordentliche Chance habe, die WM zu gewinnen, wenn alles gut laufe: «Ich weiss, dass es nicht unmöglich ist.»
Norris ist «bereit»
Auch Norris dürfte sich der Brisanz bewusst sein – nicht erst seit seinem fehlgeschlagenen Manöver nach dem Start in Las Vegas. Norris habe versucht, Verstappen nach dessen Regeln zu schlagen. «Das Problem ist nur, dass er die Regeln von dem Spiel nicht kennt», sagte David Coulthard, ehemaliger Fahrer der Equipen McLaren und Red Bull.
Norris versicherte vor dem Sprintrennen am Samstag und dem Grand Prix am Sonntag in einem kurzen Statement: «Ich bin bereit für die Herausforderung, um den Sieg zu kämpfen.» Das wird auch Verstappen sein nach seinem Sieg in Las Vegas. «Wir können uns nur ein perfektes Wochenende leisten», betonte der 28-jährige Niederländer, der wieder auf seinen fünften Titel hintereinander hoffen darf. In Katar könnte es rechnerisch sogar dazu kommen, dass alle drei WM-Rivalen punktgleich zum Saisonfinale nach Abu Dhabi weiterreisen.
Fan-Unmut gegen Norris
Norris' Teamkollege Piastri ist der, der noch in der ersten Saisonhälfte wie der Titelanwärter Nummer 1 ausgesehen hat. Nach dem bislang letzten seiner sieben Siege, Ende August im Grand Prix der Niederlande, wies er einen Vorsprung von 34 Punkten auf Norris und von 104 Punkten auf Verstappen aus. Während der gesamten Hochphase des Australiers hatten die Chefs des Teams McLaren eine Nummer-1-Akklamation verweigert. Gleiches Recht für beide Fahrer – der Titel sollte auf der Strecke entschieden werden.
Mit dem Aufstieg von Norris nach dem Tiefpunkt in Zandvoort, wo er wegen eines Öllecks ausgeschieden war, begann der Niedergang von Piastri. Dass der Australier bereits im Rennen danach, im Grossen Preis von Italien, Norris überholen lassen musste, weil die Crew einen Boxenstopp des Briten verpatzt und dieser hinter Piastri nach dem Reifenwechsel lag, sorgte bei manchen Fans für Unmut. In Mexiko und auch in Brasilien bekam Norris das zu spüren. Nach seinen Siegen musste er sich Pfiffe und Buhrufe gefallen lassen.
Neue Reifenregel für Katar
Klar ist, dass Verstappen zumindest die gleichen Chancen auf den Titel hat wie Piastri. Beide müssen aber auf Patzer des WM-Leaders hoffen. 33 Punkte sind allein in Katar zu holen, acht für den Sieg im Sprint, 25 für Platz 1 im Grand Prix. Dass Pirelli und die FIA aus Sicherheitsgründen ein Reifenlimit – nur 25 Runden pro Satz – verhängt haben, wird am Sonntag die strategischen Möglichkeiten deutlich erhöhen.
«All-in», schrieb Verstappen nach seinem Sieg in Las Vegas. Setzt auch Piastri alles auf eine Karte? Und bleiben die «Papaya-Regeln» beim britischen Rennstall bestehen? «Sollte das Gleiche passieren wie 2007, dann habe ich lieber diesen Ausgang als all die anderen Möglichkeiten, weil wir einen von beiden Fahrern favorisieren würden», sagte McLarens Geschäftsführer Zak Brown vor nicht allzu langer Zeit. Teamchef Andrea Stella erklärte vor dem Katar-Wochenende: «Bei zwei ausstehenden Renn-Wochenenden verdienen beide die Chance, um den Titel zu kämpfen.» (nih/sda/dpa)
