Riola Xhemaili staunt: «Was? Ihr fragt wirklich alle Nationalspielerinnen, wie viel sie verdienen? Auch Alisha? Das will ich sehen!» Kurz darauf sitzt Alisha Lehmann beim Interview. Auf Instagram folgen ihr fast 17 Millionen Menschen, sie verdient in den sozialen Medien weit mehr als mit dem Fussball. Ihr Vermögen wird auf mehrere Millionen geschätzt. Riola Xhemaili schaut Alisha Lehmann fragend an. Also, wie viel verdienen Sie? Lehmann lacht. «No comment», sagt sie. Könnten Sie gut nur vom Fussball leben? «Ja, sehr gut sogar!»
Das Jahresgehalt bei ihrem Klub Juventus wird auf rund 200'000 Euro pro Jahr geschätzt. Dazu kommen üppige Werbeeinnahmen. Pro Instagram-Post mit Werbung soll sie laut Analysen eine Viertelmillion Franken einnehmen.
So privilegiert wie Alisha Lehmann leben nicht alle Schweizer Fussballerinnen. Das zeigt unsere Umfrage bei sämtlichen Kaderspielerinnen der Schweizer Nati. Zwar geben einige Spielerinnen – typisch schweizerisch – nur wenig preis. Andere aber sprechen offen über das Thema und nennen Zahlen. Ihre Antworten zeigen, dass trotz des Frauenfussballbooms nicht alle Nati-Spielerinnen vom Sport leben können.
Insbesondere Spielerinnen, die in der Schweiz aktiv sind oder waren, leben oft am Existenzminimum. Vier von ihnen – Iman Beney, Noemi Ivelj, Nadine Böhi und Sandrine Mauron – wechseln nun ins Ausland, auch aus finanziellen Gründen.
Ivelj sagt, dass sie bis vor kurzem bei den Grasshoppers 500 Franken im Monat verdient hat. «Für mich als 18-Jährige war das okay, ich habe noch zu Hause gewohnt und war noch in meiner Ausbildung. Aber für andere ist das extrem wenig.»
So ähnlich erging es Sandrine Mauron. Die 26-Jährige zählt schon seit Jahren zum Kreis der Nationalspielerinnen, kann vom Fussball bis anhin aber nicht leben. «Bei Servette habe ich zuletzt 3000 Franken im Monat verdient, damit komme ich nicht durch», sagt sie. Deshalb arbeitete sie neben dem Fussball in einem Büro, im KV. «Jetzt wechsle ich aber ins Ausland – mit einem Vollprofivertrag.» Der Deal sei schon durch, kommuniziert wurde er aber bis jetzt noch nicht.
Auch die dritte Nati-Torhüterin Nadine Böhi hat beim FC St.Gallen nur sehr wenig Geld bekommen. «Ich konnte sicher nicht davon leben. Ich habe einfach nur Spesen erhalten», so die Torhüterin, die nach der EM zu Union Berlin wechselt.
Einige wenige Spielerinnen in der Super League schaffen es dennoch, ihr Leben nur vom Fussball zu finanzieren. So etwa Coumba Sow beim FC Basel. «Ich kann davon leben. Wenn ich gut mit meinem Geld haushalte, kann ich sogar etwas auf die Seite legen. Reich werde ich davon aber nicht», sagt sie. Im Vergleich zu ihrem letzten Vertrag im Ausland beim Paris FC sei der Lohn sogar etwas höher. «In der Schweiz braucht man grundsätzlich mehr Geld, weil das Leben einfach teurer ist. Prozentual gesehen ist es ähnlich – das Verhältnis zwischen Lebenshaltungskosten und Lohn bleibt in etwa gleich.»
In internationalen Topligen haben Schweizer Spielerinnen zwar Profiverträge, reich werden sie dabei aber selten. Julia Stierli, die beim FC Zürich daneben noch arbeitete, ist in Freiburg Vollprofi. «Ich verdiene im Moment so viel, dass ich durchkomme, wenn ich sparsam lebe. Im Vergleich zur Schweiz ist es trotzdem eine klare Verbesserung – aber nicht unbedingt wegen des Lohns, sondern weil das Leben in Deutschland viel günstiger ist.»
Die günstigeren Lebenshaltungskosten im Ausland sind für viele Nationalspielerinnen der Grund, warum sie sich im Ausland tatsächlich Profi nennen können. «Ich komme mit meinem Lohn vom Klub durch, auch weil das Leben in Deutschland weniger teuer ist», sagt Nadine Riesen. Dank privaten Sponsorendeals komme dann sogar noch etwas Geld dazu, das sie zur Seite legen könne.
Noch gar keinen Profivertrag hat derweil Leila Wandeler, die bei Olympique Lyon spielt. Pro Monat bekommt sie von ihrem Klub 700 Franken. «Ich bekomme ein bisschen Geld, aber nicht für das Fussballspielen an sich. Es ist eher mit Aufgaben rund ums Team verbunden», so Wandeler, die daneben noch studiert.
Schon vor der Europameisterschaft 2022 in England haben wir alle Nati-Spielerinnen über den Lohn befragt. Damals sagte Meriame Terchoun: «Ich verdiene 6000 Franken im Jahr! Schreib das bitte genau so.» Heute spielt sie in Dijon, sie spricht nicht mehr darüber, wie viel sie dafür erhält. Dennoch ordnet sie ein: «In Frankreich kann man von diesem Beruf zwar leben, aber es reicht bei weitem nicht aus, um eine Wohnung zu kaufen oder etwas auf die Seite zu legen. Es reicht nur, weil das Leben dort günstiger ist. Es steht ausser Frage, dass sich die Situation verbessern muss. Ich merke bei meinem Gehalt derzeit kaum, dass sich die Löhne im Frauenfussball in den letzten Jahren verbessert haben. Ich hoffe, dass sich in der Zukunft noch einiges tut.»
Keine Sorgen, was ihre Einnahmen angeht, muss sich Lia Wälti machen. Sagte die Schweizer Captain noch vor einigen Jahren, dass sie bei Arsenal so gut verdient wie bei einem KV-Job, ist das mittlerweile deutlich mehr. «Zahlen nenne ich keine. Was ich sagen kann: Ich kann gut leben, mir etwas auf die Seite legen, und mir geht es finanziell wirklich gut.»
Doch auch die Nati-Kapitänin weiss, wie es ist, mit wenig Geld auszukommen. «Als ich meinen ersten Vertrag in Potsdam unterschrieben habe, habe ich 1000 Euro verdient. Dazu kamen eine Wohnung und ein Auto – und für mich war das damals völlig in Ordnung. Es hat gereicht. Ich war jung, hatte meine ersten Erfahrungen im Profifussball, und ich war einfach dankbar, diesen Weg gehen zu dürfen.»
Inzwischen ist die Spielerin bei Arsenal privilegiert- zumindest innerhalb vom Frauenfussball. «Wenn ich überlege, was ein durchschnittlicher Spieler bei einem Topklub wie Arsenal oder Barcelona verdient – da ist mein Jahresgehalt wahrscheinlich ein Wochenlohn», sagt sie. «Aber ich habe aufgehört, mich mit den Männern zu vergleichen.»
Die Spieler von Lausanne verdienen auch nicht gleich viel wie die von Basel, oder von Newcastle oder von Bayern.
Ein Jahresgehalt im Jahr.
Sache gits..