Für einen Lacher vor den ersten Europa-League-Spielen des heutigen Tages sorgt Feyenoord-Trainer Dick Advocaat. Der erfahrene Holländer trifft mit seiner Mannschaft um 21 Uhr auf die Berner Young Boys und hat offenbar Respekt vor dem Gegner. Denn er sagte an der Pressekonferenz: «YB wurde in den letzten acht Jahren siebenmal Meister.»
🤔| 'Young Boys is in de laatste 8 jaar 7 keer kampioen geworden.' In de werkelijkheid is het 3 keer in de laatste 58 jaar, maar Advocaat zat in de buurt 😉 #FactCheck pic.twitter.com/5c6PiaVrM1
— Rijnmond Sport (@RijnmondSport) November 6, 2019
Huch? Hat Feyenoord etwa aus einem Versehen Basel gescoutet? Wobei selbst dann würde die Statistik nicht stimmen. Es stimmt aber, dass Meister YB und Vizemeister Basel im europäischen Wettbewerb gute Ausgangslagen haben.
Er ist zwar etwas aus dem Tritt gekommen, der erstarkte FC Basel. Nach der Rückkehr an die Spitze der Super League und sechs Runden als Leader setzte es für die Mannschaft von Marcel Koller zuletzt in der Liga ein 2:3 beim FC Zürich und ein 1:1 zuhause gegen Xamax ab. Dazu mühte sich Basel im Cup gegen das unterklassige Lausanne-Ouchy (2:1) mit späten Toren in die nächste Runde.
Die vielen Spiele der letzten Wochen kosteten Kraft. Es war wohl kein Zufall, dass die Impulse im Vorwärtsgang zuletzt vermehrt von Ergänzungsspielern kamen. Vor dem sechsten von sieben Spielen innert 22 Tagen gegen Getafe wirkten einige Stammkräfte ausgelaugt.
Kritische Zwischentöne räumte Marcel Koller am Tag vor dem zweiten Duell mit Getafe nach dem 1:0-Sieg in Spanien vor zwei Wochen aber mit Nachdruck aus dem Weg: «Ich sehe keine Baisse», sagte er. Zwischen dem FCZ-Match und dem Xamax-Remis habe man im Cup gewonnen, und gegen Xamax sei man dem 2:1 in der Nachspielzeit sehr nahe gewesen. Und: «Die Mannschaft ist stabil und befindet sich auf einem guten Weg.»
Dank dem starken Herbst sind die Basler Aussichten in der Europa League rosig. Im Optimalfall qualifiziert sich der FCB bereits am Donnerstag für die K.o.-Phase im nächsten Frühjahr. Mit sieben Punkten aus drei Spielen führt er die Tabelle nach dem halben Pensum an.
Gewinnt er gegen Getafe auch zuhause, steht er vorzeitig als Sechzehntel-Finalist fest, falls Krasnodar im Parallelspiel gegen Trabzonspor zuhause Punkte abgibt. Sollten auch die Russen gewinnen, müsste immer noch Aussergewöhnliches passieren, damit die Basler nicht europäisch überwintern. Sie müssten dann am 28. November in Krasnodar mit mehr als fünf Toren Differenz verlieren.
Koller hat also durchaus Grund, die Situation positiv einzuschätzen. Weil das intensive Programm aber auch personelle Auswirkungen hat, muss er am Donnerstag improvisieren, vor allem auf den Aussenbahnen. Mit Noah Okafor, der gegen Xamax wegen eines muskulären Problems früh ausgewechselt werden und für Getafe Forfait erklären musste, sowie den gesperrten Valentin Stocker und Kevin Bua fallen drei Spieler aus, die gegen den aktuellen Siebten der spanischen Liga für die Flügelpositionen infrage gekommen wären.
Nutzniesser des Engpasses ist der Anfang Saison kaum zum Zug gekommene Edon Zhegrova. Der 20-jährige Kosovare gehörte in den letzten Spielen zu den auffälligsten Akteuren, bereitete unter anderem das 1:1 gegen Xamax vor und leitete die Wende gegen Lausanne-Ouchy mit einem Assist ein.
Bei den Young Boys und beim FC Lugano ist vor Spiel 4 der Gruppenphase noch jedes Szenario realistisch. YB führt seine Tabelle dank den Heimsiegen gegen die Glasgow Rangers und Feyenoord Rotterdam aktuell an, Lugano ist mit einem Punkt Letzter, hat aber in den ersten Partien gegen den FC Kopenhagen, Dynamo Kiew und Malmö erkannt, dass man mit allen Gegnern mithalten kann.
Die Tessiner, die am Wochenende beim erfolgreichen Einstand von Trainer Maurizio Jacobacci gegen Luzern Mut schöpften, rechnen sich nach wie vor einiges aus. Mit Siegen in St. Gallen gegen Malmö am Donnerstag und gegen Kopenhagen Ende Monat wollen sie ihre Chancen wahren.
Die personell gebeutelten, aber sportlich weiter auf Kurs liegenden Young Boys treten derweil in der Niederlande als Gruppenerster bei einem Gegner an, der gerade eine turbulente Zeit durchmacht. Der Fall auf Platz 12 in der Eredivisie durch ein 0:4 gegen Ajax erzürnte Teile der Anhängerschaft und kostete Jaap Stam den Trainerjob.
Dick Advocaat soll die Situation stabilisieren. Zupass kommt dem 72-jährigen Routinier, dass sich das Lazarett bei den Young Boys nur schleppend lichtet. Zwar überraschten die Berner am Mittwoch mit der Meldung, dass Fabian Lustenberger im Aufgebot für das Feyenoord-Spiel steht. Weil sich am Wochenende aber auch noch Gianluca Gaudino verletzt hat, fehlen nach wie vor sieben potenzielle Stammkräfte. (abu/sda)
(Analog: Luzern-Lausanne-Locarno)