«Tolu ist ein liebenswerter Junge, der manchmal einen kleinen Tritt in den Hintern braucht.» Mit einem Satz, der mehr Zuneigung ausdrückt, als er vermuten lässt, beschreibt Philippe Hinschberger den Fussballer.
Er kennt ihn gut, war er in Amiens doch anderthalb Jahre lang sein Trainer. Auch Servette hat den 1,97 Meter grossen und 97 Kilogramm schweren Torjäger, der im Hinspiel das Tor für den KRC Genk erzielte, auf dem Schirm. Die Genfer konnten zwar später ausgleichen (1:1), müssen sich aber im heutigen Rückspiel der zweiten Qualifikationsrunde für die Champions League vor dem massigen Stürmer in Acht nehmen.
Wenn Arokodare auf dem Platz steht, ist er nicht zu übersehen. Seine blosse Anwesenheit stellt eine ständige Bedrohung für die gegnerische Abwehr dar. Der Eindruck, den dieser Koloss erweckt, ist aber nur die halbe Wahrheit:
«Er handelt aus dem Bauch heraus», fügt Rachid Touazi, SC-Amiens-Experte der Zeitung «Le Courrier Picard», hinzu. Das Problem für Servette ist, dass Tolu Arokodare in Genk das Vertrauen seines Trainers geniesst und dort aufzublühen scheint, in einer doppelten Sturmspitze, die seinem Spiel perfekt entspricht. «Er braucht einen Mitspieler vorne, um den Gegner unter Druck zu setzen und den Ball gut zu halten», sagt Hinschberger, der die Genfer warnt:
Kurz gesagt: Am besten ist es, wenn Tolu Arokodare nicht in der gegnerischen Mannschaft spielt. Da dies für Servette aber nun mal der Fall ist, muss es einen Weg finden, den Stürmer zu stoppen, der bei Amiens zu den schnellsten gehörte: Seine Geschwindigkeit betrug 35 bis 36 km/h, was angesichts seiner Grösse erstaunlich ist. «Er ist sehr schnell, aber das merkt man nicht so stark, weil er nicht so oft aufs Tor zieht. Das hat man ihm oft vorgeworfen», so sein ehemaliger Trainer.
Intensive Läufe und Energieverschwendung gehören nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen der Nummer 99. «Bei Ballverlusten kümmert er sich nicht wirklich um die Defensive», sagt Hinschberger über seinen ehemaligen Spieler.
Der Nigerianer hat zwar weniger Magenprobleme (Balotellis Lieblingsausrede, um ein Training beim FC Sion zu verpassen) als der Italiener, aber auch er ist nicht derjenige, der das Rampenlicht ausmacht, wenn er geht. Der Journalist Rachid Touazi meint: «Er ist kein Faulpelz, aber er muss mehr arbeiten. Zu oft denkt er, dass eine Beschleunigung ausreicht. Am besten wäre es, wenn er auf einen Trainer trifft, der ihn hart arbeiten lässt, dann wird er Fortschritte machen.»
Nur durch harte Arbeit, insbesondere vor dem Tor, kann Tolu Arokodare davon träumen, ein grosser Stürmer zu werden, auf den sich seine Teamkollegen verlassen können. Dies ist noch nicht der Fall. «Er ist nicht sehr konstant», gibt Hinschberger bedenken. «Von fünf Chancen schiesst er zwei unglaubliche Tore und lässt drei Grosschancen aus.»
In Amiens erinnern sich alle an die 100-prozentige Chance, die der Stürmer gegen Le Havre ausliess. Das war Ende letztes Jahr: Tolu Arokodare stand allein vor dem Tor, der Torwart war schon gesschlagen und laut seinem ehemaligen Trainer hätte sogar ein Watson-Reporter getroffen. Nicht so Tolu.
Dieses Missgeschick habe den Präsidenten von Amiens so sehr erzürnt, so Rachid Touazi, dass Arokodares Abgang nach Genk beschleunigt wurde. Hätte der Koloss dieses Tor geschossen, wäre er vielleicht in der Ligue 2 geblieben und die Genfer hätten weniger Grund zur Sorge, aber das Schicksal hat sich anderes entschieden. Auf dem Weg zum Erfolg League könnte Servette in Belgien also ein liebenswerter, begabter, aber manchmal etwas fauler Riese die Suppe versalzen.