Es ist knapp ein Jahr her, als David Degen in Stockholm einen Abend erlebte, den er wohl nicht so schnell vergessen wird. Der neue FCB-Boss – damals drei Monate im Amt – flüchtete während des Elfmeterschiessens der Playoff-Partie auf die Toilette. Bereits in der Verlängerung hatte es Degen nicht mehr auf dem Sitz gehalten und immer wieder ins stille Örtchen und zurück getrieben. Doch im finalen Akt des Duells blieb er dort.
Denn in diesem Elfmeterschiessen entschied sich, ob Degens FC Basel oder doch Hammarby IF in die Gruppenphase der Conference League einzieht. Und weil Degen wusste, was der Ausgang dieses Spiels für seinen Klub, aber auch für ihn persönlich – da er im Notfall zusammen mit den anderen Hauptaktionären finanziell geradestehen muss – bedeutet, war der eh schon emotionale Neu-Klubboss besonders angespannt.
Gut möglich, dass sich diese Szene heute Abend wiederholt. Denn wieder steht in der Conference-League-Qualifikation für den FC Basel ein Schicksalsspiel an. Diesmal ist es erst die vorletzte Hürde und ein Heimspiel im Joggeli (Anpfiff 19 Uhr). Doch durch die 0:1-Niederlage in Kopenhagen ist die Lage erneut angespannt. «Das Hinspielergebnis geht Dave sehr nahe», sagt FCB-Trainer Alex Frei.
Wenn Rotblau das internationale Geschäft verpasst, hat das direkte und indirekte Folgen negativer Art. Zum einen fehlen dem Klub die UEFA-Prämien und die Einnahmen, die durch die zusätzlichen Heimspiele generiert werden. 10,2 Millionen Franken kassierte der FCB in der abgelaufenen Kampagne, die erst im Achtelfinal endete, allein an Prämien. «Wir haben die Teilnahme an der Gruppenphase für 2022 budgetiert», erklärte FCB-Finanzchef Mirko Brudermann im Frühling. Das sind rund sechs Millionen Franken.
Fallen diese Einnahmen weg, muss der FCB entweder in ähnlichem Rahmen Spieler verkaufen, Schulden machen oder Degen und seine drei Miteigentümer müssten selber den Geldbeutel öffnen. Der Klub ist auf die UEFA-Prämien angewiesen, zumal die einst von Ex-Präsident Bernhard Heusler hinterlassenen 77 Millionen Eigenkapital aufgebraucht sind. «Wir haben keinen Spielraum mehr», stellte Brudermann klar.
Neben den unmittelbar fehlenden Geldern würde sich ein Verpassen des Europacups auch auf die Marktwerte auswirken. Super-League-Spieler brauchen das internationale Schaufenster, um sich für höhere Aufgaben zu empfehlen. Und der FC Basel, der wie kein zweiter Schweizer Klub als Sprungbrett in höhere Ligen fungiert, würde besonders darunter leiden, wenn sich die vielen interessanten jungen Spieler nicht auf der europäischen Bühne zeigen und mit guten Leistungen auf sich aufmerksam machen könnten.
Dazu kommt, dass der Kader des FCB auf die Dreifachbelastung ausgelegt ist und Degen und Co nur ungern das Szenario «Ausscheiden» aus der Schublade ziehen wollen. Dieses könnte auch beinhalten, dass Leistungsträger noch in diesem Sommer verkauft werden müssten, um anderweitig Geld zu generieren.
Alex Frei möchte dem finanziellen Aspekt des Spiels nicht viele Worte schenken. Ihn stört, dass das Geld im modernen Fussball immer öfter eine grössere Rolle einnimmt als das Sportliche. Doch natürlich ist sich auch der Trainer der Wichtigkeit der Europacup-Prämien für den FC Basel bewusst. Doch Frei greift mit lauter werdendem Ton vor: «Wir gehen auch im Falle einer Niederlage nicht heim, geben die Schlüssel ab und fangen in der 5. Liga wieder an. Wir wissen alle, wie wichtig es für den Klub ist. Aber wenn der Gegner besser sein sollte, müssen wir halt anders kalkulieren.»
Frei versucht, durch diese Aussage – vielleicht auch kalkuliert – Druck aus dem Kessel zu nehmen, nennt anschliessend aber weitere Gründe, die ihn positiv stimmen, dass die Wende gelingt. Zum Beispiel den Heimvorteil. 15'200 Tickets hat der FCB – auch dank einer kurzfristigen Rabattaktion – bereits verkauft. «Je lauter das Publikum ist, desto besser ist das für die Spieler. Für alle. Ich habe keine Angst, dass das jemanden verunsichert», sagt Frei.
Mit der Entwicklung seines Teams ist der neue Trainer trotz der unbefriedigenden Resultate zufrieden. «Die Mannschaft merkt, dass etwas Interessantes zusammenwächst», sagt Frei, dessen Team spielerisch in den letzten Spielen tatsächlich einen Steigerungslauf hingelegt hat.
Im Hinspiel war man mit Bröndby auf Augenhöhe. Frei analysiert: «Aus Trainersicht war das ein hervorragendes Spiel, ausser dass wir 0:1 verloren haben.» Und gegen YB war der FCB am Sonntag erstmals seit vielen Jahren wieder näher am Sieg als der Gegner.
Damit bald auch die Resultate stimmen, braucht es laut Frei eine Initialzündung. Ein Sieg gegen Bröndby könnte das sein, auch wenn David Degen den Schlusspfiff nicht von der Tribüne aus mitverfolgen sollte.
Wow das muss man auch erstmal schaffen.
Einfach schlechtes Wirtschaften...
Heute Abend mit dem Sohn im Stadion, bin positiv angespannt wie schon lange nicht mehr :)
Und wenn es schlecht läuft haben wir in den letzten Jahren wieder etwas besser gelernt mit Rückschlägen umzugehen. Immerhin etwas, was Burgener und co. erreicht haben.