Im Sommer stand Mykhailo Mudryk noch unmittelbar vor einem Wechsel in die Bundesliga. Damals war Bayer Leverkusen kurz davor, das ukrainische Supertalent nach Deutschland zu lotsen. Leverkusen ist allerdings nicht dafür bekannt, utopische Ablösesummen im dreistelligen Millionenbereich zu bezahlen. Doch wie hätte sich die Werkself Mudryk überhaupt leisten können? Ganz einfach, vor einem halben Jahr lag die Ablöseforderung von Schachtar Donezk für den Linksaussen noch bei «läppischen» 20 Millionen Euro.
Mudryk sagte im Mai 2022 noch selbst, dass Bayer Leverkusen «der einzige Verein ist, zu dem ich wechseln will.» Verein und Spieler sollen sich über den Transfer auch schon einig gewesen sein. Am Ende entschied sich Leverkusen allerdings gegen den Ukrainer und für einen Leihwechsel von Callum Hudson-Odoi. Eine Entscheidung, die aus heutiger Sicht in Leverkusen sicherlich noch einmal hinterfragt werden dürfte.
Mudryk ist nun der nächste Spieler, der im Kaufrausch des neuen Chelsea-Eigentümers Todd Boehly den Weg an die Stamford Bridge findet. Vor seinem Transfer betrugen die Ausgaben der «Blues» in der laufenden Saison bereits 353 Millionen Euro.
Der Marktwert des «ukrainischen Neymars», wie Mudryk bereits genannt wird, liegt aktuell bei 40 Millionen Euro. Also das Doppelte der Ablöse, welche Schachtar Donezk im letzten Sommer noch für den Angreifer verlangte.
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— Chelsea FC (@ChelseaFC) January 16, 2023
Doch wodurch schoss der Preis für Mudryk in so kurzer Zeit so immens in die Höhe? Der junge Ukrainer kommt in dieser Saison bislang auf 18 Pflichtspieleinsätze für seinen Jugendklub Schachtar Donezk. Dabei konnte er insgesamt 18 Skorerpunkte sammeln. Vor allem seine Auftritte in der Champions League dürfte den Scouts der Top-Klubs nicht entgangen sein.
Im ersten Gruppenspiel gegen RB Leipzig verhalf er Donezk zu einem überzeugenden 4:1-Sieg gegen RB Leipzig. In dieser Partie traf der Linksaussen selbst einmal und legte zwei Treffer auf. Damit stellte das Supertalent eindrucksvoll unter Beweis, dass er es auch mit den ganz Grossen in Europa aufnehmen kann.
Mudryk glänzt im Spiel zumeist mit seinen schnellen Tempo-Dribblings. Der Ukrainer hat einen enormen Antritt, ist wahnsinnig flink, technisch stark und trickreich. Er führt den Ball auch im Höchsttempo noch eng am Fuss. Durch seine Beidfüssigkeit ist er für Verteidiger schwer zu stellen, da sein nächster Schritt schwer vorherzusehen ist. Nicht zuletzt wird er aufgrund dieser Fähigkeiten in seiner Heimat mit Brasiliens Neymar verglichen.
Doch seine Stärken liegen nicht nur im Dribbling. Mudryk hat auch ein gutes Auge für Spielsituationen. Er sieht die freien Räume und kann seine Mitspieler so gut einsetzen. Seine Flanken sind sehr präzise und auch seine Abschlüsse haben eine enorme Qualität. Über 60 Prozent seiner Abschlüsse kommen aufs Tor, das ist ein absoluter Spitzenwert.
Diese Qualitäten machen den jungen Ukrainer in der Offensive zu einer Allzweckwaffe. Er kann neben seiner bevorzugten Position auf Linksaussen offensiv alle Positionen spielen. Damit passt er optimal in das von Chelsea-Trainer Graham Potter bevorzugte 3-4-2-1-System.
Doch bisher stellte der 22-Jährige seine Qualitäten lediglich in der qualitativ nicht allzu starken ukrainischen Premier Liga und in einigen wenigen CL-Partien unter Beweis. Was seine Ablösesumme umso utopischer wirken lässt.
Chelsea investiert also vor allem in das Potenzial des achtfachen ukrainischen Nationalspielers. Zumal er in London einen Vertrag über achteinhalb Jahre erhält. Noch deutlicher wird dies, wenn man sich vor Augen führt, welche Spieler bislang für eine Ablösesumme von 100 oder mehr Millionen den Verein gewechselt haben.
Laut transfermarkt.de sind dies bislang zwölf Spieler. Darunter Namen wie Neymar, Kylian Mbappé, Cristiano Ronaldo und Paul Pogba. Eines trifft allerdings auf alle Spieler in dieser Liste zu, sie waren zum Zeitpunkt ihres Wechsels schon bei einem Klub aus einer Top-Liga unter Vertrag.
Bis der Deal mit dem FC Chelsea offiziell wurde, schien es so, als ob Arsenal das Rennen um Mudryk gewinnen würde. Doch Chelsea legte letztendlich noch einmal ein paar Millionen Euro mehr auf den Tisch. Dies nicht zuletzt, um dem Lokalrivalen einen Seitenhieb zu verpassen und die eigenen Ambitionen auf dem Transfermarkt zu untermauern.
Der lachende Dritte in diesem Fall ist natürlich Schachtar Donezk, das sich über den Geldregen aus England sicher nicht beklagen wird. Im Gegenteil: Der ukrainische Klub nutzt 25 Millionen Euro aus dem Mudryk-Deal, um ukrainische Familien, welche durch den Krieg in Not geraten sind, zu unterstützen.
Doch Ablösesumme hin oder her – dafür kann der Spieler selbst schliesslich nichts. Mudryk will mit Chelsea «Titel gewinnen» und sein «Spiel weiter verbessern». Seine Mentalität beschreibt nichts so gut wie das Tattoo auf seinem Hals: «Talent ist nicht genug» ist dort zu lesen. Denn darauf wird es für ihn ankommen, um die in ihn gesetzten Erwartungen schliesslich auch erfüllen zu können.