Der Bilderrahmen für das 300. Spiel beim FC Zürich war schon bereit. Doch nach 295 Spielen hat Antonio Marchesano den FCZ verlassen, um bei Yverdon Sport zu unterschreiben. Nun kehrt der verlorene Sohn am Samstagabend (18 Uhr) in sein altes Zuhause zurück.
«Bitte versteht mich, es war ein Angebot, welches ich in meinem Alter nicht ablehnen konnte», begründete Marchesano seinen Entscheid im veröffentlichten Abschiedsvideo. Wie FCZ-Sportchef Milos Malenovic erklärte, konnten die Zürcher mit der Offerte des Ligakonkurrenten nicht mithalten.
Somit endete die Reise von Marchesano beim FC Zürich, welche direkt nach dem Abstieg aus der Super League im Jahr 2016 begann. Gleich in der ersten Saison gelang die Rückkehr in das Oberhaus und ein Jahr später gewann der FCZ den Cupfinal gegen YB. Marchesano erzielte damals das entscheidende 2:0.
Vor drei Jahren war Marchesano beim grössten FCZ-Erfolg der letzten Jahre dabei, als die Zürcher mit Trainer André Breitenreiter sensationell Schweizer Meister wurden. In der Meistersaison schoss Marchesano insgesamt 13 Tore.
Bei seinem neuen Verein hat sich der 34-Jährige scheinbar gut eingelebt. In den ersten vier Spielen mit Marchesano gab es für die abstiegsbedrohten Waadtländer zwei Siege. Der Neuzugang traf bereits zweimal, wobei er besonders mit dem Treffer in der Nachspielzeit gegen St.Gallen einige Sympathien bei den Fans sammeln konnte. Durch die wichtigen drei Punkte konnte Yverdon die Grasshoppers überholen und steht nicht mehr auf dem Barrageplatz.
Im Interview mit dem Blick äusserte sich Marchesano vor seinem ersten Gastspiel im Letzigrund über die für ihn spezielle Partie: «Es wird ein komisches Gefühl sein, als Gegner in dieses Stadion einzulaufen.»
Sein Ex-Klub befindet sich aktuell in einer Krise. In den letzten zehn Spielen sammelte nur das Schlusslicht aus Winterthur weniger Punkte als der FCZ. Von den letzten zwölf Meisterschaftsspielen konnten die Zürcher nur zwei für sich entscheiden.
Durch die lange Baisse müssen die Zürcher nun um einen Platz in der Championship Group zittern. Sollte die Top 6 verpasst werden, rückt das Ziel einer europäischen Gruppenphase in weite Ferne. Nur noch mit einem Triumph im Schweizer Cup könnte das europäische Geschäft dann erreicht werden. Im Viertelfinal wartete am kommenden Donnerstag mit den wiedererstarkten Berner Young Boys allerdings ein harter Brocken.
Auch die Frustration bei den Fans steigt durch die schwachen Leistungen, ausserdem sorgte der Wechsel von Weltmeister Benjamin Mendy nicht nur für Jubelstürme bei den Anhängern. Der Franzose war aufgrund von Vergewaltigungsvorwürfen ein halbes Jahr in Untersuchungshaft. Obwohl er für nicht schuldig befunden wurde, hat der FCZ von verschiedenen Seiten Kritik erfahren.
Gegen Sion war Mendy nicht im Kader der Zürcher, gegen Yverdon könnte der 30-Jährige zu seinem ersten Einsatz für den FCZ kommen. Das letzte Pflichtspiel bestritt Mendy im Mai 2024.
Dass die Fans vom FCZ trotz des Wechsels von Marchesano keinen Unmut verspüren, zeigte sich, kurz nachdem der Transfer bekannt gegeben wurde. Bei einer Veranstaltung der Zürcher Südkurve tauchte Marchesano auf und wurde von den Fans frenetisch verabschiedet. Auch am Samstag kann es zu einigen Gänsehautmomenten kommen.
Nun könnte ausgerechnet der ehemalige Fanliebling den FC Zürich noch tiefer in die Krise schiessen und somit dafür sorgen, dass auch der Trainerstuhl von Ricardo Moniz langsam zu wackeln beginnt. Auch Moniz selbst weiss um die Stärken seines ehemaligen Schützlings: «Marchesano kennen wir, er wird nicht viel brauchen, um ein Tor zu schiessen. Wir müssen in der Verteidigung organisiert sein.»
Nicht unmöglich, dass bei der Verabschiedung der langjährigen Nummer 10 der Bilderrahmen für das 300. Spiel doch noch verwendet wird, als Dank für 295 Spiele und über 70 Tore.