Ich kann nicht anders, aber wenn heute Abend YB in der Europa League gegen den FC Porto spielt, dann kommt mir automatisch die Geschichte mit der armen Touristin aus Sachsen in den Sinn. Deren falsche Aussprache der Stadt Porto («Bordoo») hatte zur Folge, dass ihr im Reisebüro kein Flug in die portugiesische Hafenstadt gebucht wurde, sondern nach Bordeaux in Frankreich.
Es geht aber auch anders: Wenn man nach Bordeaux will, aber nicht dort ankommt. Wie das erste Beispiel von Verwechslungsgeschichten aus der Welt des Sports zeigt.
2016 nimmt Wales erstmals an einer Fussball-EM teil, im ersten Spiel trifft es in Bordeaux auf die Slowakei. Die Waliser Gruffydd Evans, Jack Roberts, Liam Kennedy und Iolo Jones wollen sich das nicht entgehen lassen. Also wird gebucht – doch da ereignet sich eine Panne. So landet das Quartett in Bourdeaux in der Nähe der Alpen, rund 700 Kilometer entfernt von Bordeaux im Westen Frankreichs. Das Quartett entscheidet sich (natürlich), das Geld für die gebuchte Unterkunft abzuschreiben, macht sich auf ans richtige Ziel und trifft rechtzeitig ein, um im Stadion einen 2:1-Sieg zu bejubeln.
Im Juni 2015 spielt Deutschlands Nationalmannschaft auswärts gegen Gibraltar. Christoph Kramer steigt nach dem 7:0-Sieg in den falschen Mannschafts-Car. Offenbar hat er nicht mitbekommen, dass die DFB-Elf in einem neuen Gefährt unterwegs ist.
Christoph Kramer ist in den falschen Bus gestiegen. In den von Gibraltar. Großes Gelächter bei Poldi und Co.
— Uli Köhler (@Sky_Uli) June 13, 2015
Kramer nimmt's mit Humor. Nach dem Spiel ist Sommerpause und der Weltmeister postet aus den Ferien in Afrika dieses Foto mit dem Kommentar: «… weil der Gibraltar-Bus einfach die schönere Route hat.»
Gross ist die Neugier, als Afrikas dreifacher Fussballer des Jahres im Sommer 1996 in die Bundesliga wechselt. Und gross die Verwunderung, dass Abédi Pelé nicht bei einem Topklub unterschreibt, sondern bei 1860 München. Irgendwann kursiert das Gerücht, der Ghanaer habe geglaubt, wenn von «München» die Rede sei, dann gehe es automatisch um die Bayern, den Rekordmeister. Viele Jahre später verweist Pelé die Story ins Reich der Legenden: «Ich wusste sehr wohl, zu welchem Klub ich gehe. Bayern war wohl mal ein paar Jahre vorher an mir interessiert.»
1860 Munich..Abedi Pele Ayew pic.twitter.com/QfshtPcKtT
— Superb Footy Pics (@SuperbFootyPics) March 17, 2015
Der Witz geht auch umgekehrt: Erst nach 50 Spielen für 1860 hätten die «Löwen» gemerkt, dass sie den falschen Pelé verpflichtet hätten.
Kultreporter Hans Jucker hat Skirennfahrer Peter Müller vor dem Mikrofon – und spricht ihn ausgerechnet als Pirmin Zurbriggen an, Müllers grosser Rivale. Müller trägt es mit Fassung und Jucker bezeichnet sich lachend als «huere Löli».
Gary Anderson tritt als Weltmeister zum WM-Final 2016 an. Gegen Adrian Lewis führt der Schotte mit 2:1 Sätzen, als er sich im vierten Satz das zweite Leg sichern kann. Doch weil Anderson die Doppel-12 verpasst, muss er umdisponieren. Er wirft eine 3, die Kamera schwenkt nun auf die Doppel-6 – aber dort landet kein Pfeil. Anderson hat sich verrechnet, hat das Doppel-1-Feld anvisiert und somit vier Punkte zu wenig. So gelingt Lewis der Ausgleich.
Anderson verrechnet sich im gleichen WM-Final sogar noch einmal, wirft eine Dreifach-20, als er nur noch 56 Rest hat. Am Ende wird er dennoch zum zweiten Mal Weltmeister, auch wenn er festhält: «Ich weiss gar nicht, was heute los war. Ich habe zeitweise sehr gut gespielt, zeitweise aber auch sehr wirr.»
Auch Matthew Emmons zielt auf eine Scheibe, aber mit einem Gewehr im Anschlag. An den Olympischen Spielen 2004 liegt er vor dem letzten Schuss so deutlich in Führung, dass selbst die miese Wertung von 8,1 noch zu Gold genügt. Aber der Schuss des Amerikaners wird gar nicht angezeigt – weil er auf die falsche Scheibe geschossen hat. Emmons fällt vom ersten auf den letzten Platz zurück. Vier Jahre später liegt Gold erneut für ihn bereit, als beim finalen Schuss wieder die Nerven versagen – Rang 4. Immerhin: Matthew Emmons besitzt trotz der Missgeschicke einen kompletten Satz Olympiamedaillen.
Auch Alexander Schlonski kann mit seiner Geschichte eine Runde unterhalten. Der deutsche Segler will 2008 nach Sydney reisen. Doch anstatt in Australien anzukommen, strandet Schlonski in Seattle. Denn dass er in einem Propellerflugzeug von der US-Westküste über den Pazifik fliegen soll, kommt ihm seltsam vor. Des Rätsels Lösung: Ein Tippfehler im Reisebüro, das ihn nicht nach Sydney in Australien buchte, sondern nach Sidney im US-Bundesstaat Montana. 13'000 Kilometer vom eigentlichen Ziel entfernt.
Es ist aber auch fies, dass es in Belgien sowohl Gent als auch Genk gibt und dass beide Städte über derzeit erfolgreiche Fussballklubs verfügen. Zwei Liverpool-Fans wollen in diesem Herbst ans Champions-League-Spiel der «Reds» in Genk und bemerken erst eine halbe Stunde vor Gent, dass sie das falsche Ziel anvisiert haben. Zu spät, um noch rechtzeitig nach Genk zu kommen. Den 4:1-Sieg sehen sie in einem Pub.
Shout out to the two Liverpool supporters who went to Gent instead of Genk yesterday, and so missed the game. https://t.co/Zg30Qx5A51 pic.twitter.com/uTxNQiWcQw
— Daniel Storey (@danielstorey85) October 24, 2019
Der KAA Gent erfährt von der Story und lädt die zwei englischen Fans zum Europa-League-Spiel am Abend darauf gegen Wolfsburg ein. Doch da sind die Liverpooler bereits auf dem Heimweg. Doch Gent hat noch eine Idee: Es lädt die zwei Verirrten im Januar 2020 mitsamt Partnerinnen zu einem Heimspiel ein. Dann, wenn KAA Gent gegen KRC Genk spielt.
Auf die Spitze treibt es das Magazin «11 Freunde», das die Weltpresse mit Fakenews narrt. Es verbreitet die Story, dass zwei Benfica-Fans zum Spiel bei der Eintracht von Lissabon aus nicht nach Frankfurt am Main reisen, sondern nach Frankfurt an der Oder. «Wir wollten die Medienmechanismen zeigen», erklärt der Chefredaktor, «dass egal, was auf einem Dorfplatz passiert, als Meldung ungeprüft in die Öffentlichkeit getragen wird.»
Für die letzte Anekdote habe ich keinen handfesten Beweis. Aber einer meiner besten Freunde erzählt sie mit so einer grossen Überzeugung, dass ich ihm gerne glaube. YB trifft 2007 im Europacup auf Athletic Bilbao und einer der Spieler kündigt vor dem Auswärtsspiel nach Spanien an: «Jetzt gehen wir nach Athletic und wollen die drei Punkte holen!» Was in etwa so zutreffend ist, wie wenn man ein Auswärtsspiel in Xamax hat. Immerhin geht das Vorhaben des YB-Spielers auf: Die Berner gewinnen in Athletic in Bilbao 1:0.