Das 2:2-Unentschieden vom Sonntag bei Liverpool dürfte noch in den Köpfen vieler Fans von Manchester United sein. Endlich mal wieder ein kleines Erfolgserlebnis nach vier Niederlagen in Serie und dem Absturz auf Platz 14 der Premier League! Zwar reichte es auch im Anfield nur zu einem Punkt, doch machten die Red Devils ein richtig gutes Spiel und ärgerten so den grossen Rivalen, der als klarer Favorit ins Spiel ging.
Doch natürlich hält dieser Anflug von Euphorie bei dem Klub, dessen Fundament seit dem Rücktritt von Sir Alex Ferguson im Jahr 2013 immer stärker ins Wanken geriet, nur kurz. Denn dem englischen Rekordmeister droht schon wieder Ungemach. So könnte Manchester United Probleme mit den Finanzregularien der Premier League und dem Financial Fair Play der UEFA bekommen, wie «The Athletic» berichtet.
Im Finanzbericht für die Saison 2023/24 wies der Klub einen Verlust von rund 136 Millionen Euro aus. Zum fünften Mal in Serie schrieb der einst wertvollste Fussballklub der Welt rote Zahlen. Ausserdem wurden im Sommer 214,5 Millionen Euro für Transfers ausgegeben, über die letzten fünf Saisons kommt ManUnited auf ein Transferdefizit von 650 Millionen Euro. Will das Team sich verstärken – und Trainer Ruben Amorim braucht eigentlich zwingend neue Spieler, die zu seinem System mit Dreierkette passen –, muss es erst Spieler verkaufen.
Deshalb zieht Manchester United unter der Führung von Mitbesitzer Jim Ratcliffe in Betracht, Jungstars wie Kobbie Mainoo oder Alejandro Garnacho zu verkaufen. Dabei galten die beiden Eigengewächse bisher als unantastbar. Die aktuellen Umstände zwingen den Klub aber zu einem Umdenken. Zwar streben die Verantwortlichen nicht aktiv einen Verkauf an, doch wären sie bei passenden Angeboten verhandlungsbereit.
Mainoo und Garnacho würden für die finanzielle Situation der Red Devils nämlich besonders entspannend wirken. Einerseits hat der 19-jährige Mainoo gemäss Transfermarkt einen Marktwert von 55 Millionen Euro, während der ein Jahr ältere Argentinier auf 50 Millionen kommt. Andererseits könnte eine allfällige Ablösesumme komplett als Gewinn verbucht werden, da sie aus der eigenen Jugendabteilung stammen. Anders wäre das bei eingekauften Stars, wo der noch nicht amortisierte Teil der bezahlten Ablöse den Einnahmen entgegengerechnet werden müsste.
Dies wäre besonders im Fall von Mainoo ein herber Verlust, da er unter Amorim fast immer in der Startformation stand und nicht zuletzt mit seinen starken Leistungen gegen Liverpool oder beim 2:1-Sieg im Derby gegen Manchester City überzeugte. Dennoch gibt es offenbar Anzeichen dafür, dass er verkauft werden könnte. Gemäss «The Athletic» werde derzeit nicht über Mainoos Vertrag verhandelt. Dieser läuft zwar noch bis 2027, stammt jedoch vom Februar 2023, als der zentrale Mittelfeldspieler erst drei Profieinsätze hatte. Mittlerweile ist er Stammspieler bei ManUnited sowie englischer Nationalspieler. Da spielt er mit einem Jahresgehalt von angeblich 1,25 Millionen Euro vergleichsweise für Brosamen.
Möglicherweise könnte ausgerechnet Chelsea, dem Probleme mit den Finanzregularien der Premier League nicht unbekannt sind, in die Bresche springen. Die «Blues» seien an Kobbie Mainoo interessiert. Eine Alternative zum Verkauf von Mainoo könnte neben Garnacho, der in Amorims Plänen aber eigentlich auch eine Rolle spielt, auch Marcus Rashford sein. Dieser stammt ebenfalls aus der eigenen Talentschmiede und befindet sich auf dem Abstellgleis. Jedoch ist das Interesse am 27-jährigen Stürmer derzeit begrenzt. Die meisten interessierten Klubs ziehen vorerst lediglich eine Leihe in Betracht.
Die Situation von Manchester United ist derzeit also keine einfache. Noch scheint sie zwar nicht ganz so dramatisch, doch spätestens im Sommer, wenn der Klub den Europacup verpassen sollte, wäre er wohl zum Handeln gezwungen. Umso wichtiger wäre es deshalb, auf der guten Leistung gegen Liverpool aufzubauen. Denn bloss ein starkes Spiel bringt den Krisenklub nicht wirklich weiter. Nach dem Derbysieg Mitte Dezember war die Euphorie noch grösser, dann folgten in der Liga drei Pleiten ohne eigenes Tor. Das darf nicht noch einmal passieren.
In der Premier League geht es erst am Donnerstag, dem 16. Januar, weiter, doch bietet sich schon am Sonntag eine gute Möglichkeit, ein nächstes positives Signal zu setzen. Dann trifft Manchester United im FA Cup auswärts auf Arsenal. Dieser Wettbewerb ist womöglich die beste Chance, sich doch noch für die Europa League zu qualifizieren.