Der eine schoss mit einem Hattrick Servette ab. Dem anderen gelang ein Doppelpack im Spitzenspiel gegen Zürich. Xherdan Shaqiri (Basel) und Renato Steffen (Lugano) drückten der Super-League-Runde ihren Stempel auf.
Das ist eine Momentaufnahme und zugleich eine Langzeitbelichtung. Denn die Routiniers, die in diesem Herbst innerhalb von vier Wochen beide ihren 33. Geburtstag feierten, zeigten nicht nur am Sonntag ihr Können.
Seit der ehemalige YB- und Basel-Flügel Renato Steffen im Sommer 2022 aus Wolfsburg zurück in die Schweiz wechselte, gilt er vielen als bester Spieler der Super League. Schon damals erstaunte seine Rückkehr, gab es doch auch konkrete Angebote anderer Bundesliga-Klubs. Lugano bot dem mittlerweile 41-fachen Nationalspieler jedoch eine Rolle an, die ihn reizte: jene des Leitwolfs, der als Führungsfigur vorangeht bei der Transformation des Vereins in einen Spitzenklub.
Zumal der Lohn nicht schlecht ist, weil der Tessiner Klub dem amerikanischen Milliardär Joe Mansueto gehört und der nicht knausert. «Ich wollte nicht auf zu viel Geld verzichten», sagte Steffen, der einer ist, der sein Herz auf der Zunge trägt. «Ich verdiene hier nicht viel weniger als bei für mich möglichen Bundesliga-Klubs.»
Nach den Rängen 3 und 2 in der Abschlusstabelle ist Luganos Ziel klar: Der vierte Meistertitel soll her, der erste seit 1949. Der sportliche Erfolg soll mit dem wirtschaftlichen Wohlergehen einhergehen, für das Mansueto als «reicher Onkel aus Amerika» sorgt und für das auch der Stadionneubau steht. 2026 soll der FC Lugano in seinem neuen «Boutique-Stadion» spielen, welches das triste Stadio Cornaredo ersetzt.
Renato Steffen will sein Geld wert sein. In der NZZ betonte er, er sei nicht zurück in die Schweiz gewechselt, nur um ein paar schöne Jahre im Tessin zu verbringen. Er kann nicht nur zu Gegenspielern eklig sein: «Ich pushe die Mitspieler in jedem Training, weil ich Konzentrationsfehler und Genügsamkeit hasse.»
Den Schlendrian scheint er ausgetrieben zu haben. Nach seinen zwei Toren beim 4:1-Sieg gegen den FC Zürich strich Steffen im SRF die Mannschaftsleistung heraus. «Die war sehr eindrücklich. Wir haben nach dem Rückstand Moral bewiesen und konnten das Spiel innert weniger Minuten drehen. Das zeigt, dass das Team intakt ist. Wir kämpfen füreinander und laufen viel, um den Mitspielern Räume zu öffnen.»
Zu Beginn seiner Zeit in Lugano nervte sich Steffen noch über eine fehlende Gier und manchmal nicht vorhandene Ernsthaftigkeit. Denn für ihn ist klar: «Ich will mit dem FC Lugano um Titel mitspielen.» Zwei Mal war Steffen zuletzt schon nahe dran: 2023 und 2024 verlor Lugano den Cupfinal.
Mit Joe Mansueto, der in der Finanzbranche zu Reichtum gelangte, hatte auch Xherdan Shaqiri schon zu tun. Denn dem 68-Jährigen gehört nicht nur der FC Lugano, sondern auch Chicago Fire in der Major League Soccer. Dort bezahlte Mansueto seinen Schweizer Star fürstlich, doch die Ausbeute war bescheiden.
Titel gewann Shaqiri anderswo, es waren viele Titel. Nach Champions-League-Triumphen und Meisterschaften im Ausland kehrte er in diesem Sommer dorthin zurück, wo alles angefangen hatte. Beim in den letzten Jahren taumelnden FC Basel soll «XS» für neue Erfolge sorgen. Die Euphorie war nach der Verpflichtung riesig und nach einem verhaltenen Start wurde Shaqiri in den letzten Wochen immer besser und immer wichtiger für Fabio Celestinis Mannschaft.
Seit dem 6:1-Sieg in Winterthur mit fünf Skorerpunkten vor einem Monat läuft's beim «Kraftwürfel». Er gab in den drei Spielen darauf jeweils einen Assist und nun am Sonntag schoss er alle drei Tore beim 3:1-Sieg gegen Servette. Es war sein erster Hattrick im Trikot des FC Basel. «Die drei Punkte sind das Allerwichtigste», meinte Shaqiri nach dem Erfolg, der erst in der Nachspielzeit Tatsache wurde. «Es war eine gute Leistung der Mannschaft, wir haben bis zum Schluss an den Sieg geglaubt. Jetzt sind wir Tabellenführer und das ist schön.»
Damit ist das eingetroffen, was sich die Verantwortlichen um FCB-Präsident David Degen erträumt hatten, als sie Shaqiri verpflichteten. Er sollte nicht nur für die gute alte Zeit der Serienmeisterschaften stehen, sondern auch auf dem Platz eine dominante Rolle einnehmen. Dazu ist der 125-fache Nationalspieler mit seiner grossen Erfahrung bei Topklubs unter Welttrainern wie Pep Guardiola und Jürgen Klopp ein Vorbild für die vielen jungen Talente beim FCB, die von einer Karriere träumen, wie sie Shaqiri hatte.
Während Schweizer Fussballer sich noch einigermassen an die Zeit der acht Basler Meistertitel in Folge zwischen 2010 und 2017 erinnern können, ist das bei den auswärtigen Spielern wohl kaum der Fall. Ihnen erzählte Shaqiri kürzlich, als das Team am Barfüsserplatz vorbei spazierte, wie es dort zu- und hergehen kann. «Ich konnte ihnen sagen: ‹Schau dir mal den Balkon an. Wenn du etwas gewinnst, bist du dort oben und wirst gefeiert.›»
Natürlich wird ein Fussballer allein durch diese Information nicht automatisch besser. Trotzdem ist sie wertvoll, wenn sie von einem kommt, der dies selber schon erlebt hat, es noch einmal erleben will und deshalb als Leader vorangeht.
Renato Steffen (1,70 m) und Xherdan Shaqiri (1,69 m) sind beinahe gleich gross und beinahe gleich alt. Beide können wirbeln, beide haben Zug aufs Tor, doch ihr Aufstieg verlief sehr unterschiedlich. Als das Supertalent Shaqiri in der Schweiz schon ein Star war und beim deutschen Rekordmeister Bayern München unterschrieb, kickte Steffen nach seiner Maler-Lehre noch in der 1. Liga beim FC Solothurn. Was er wurde, verdankt er Fleiss und Wille.
Bei zwei Titelfeiern stand Steffen später selber auf dem Meisterbalkon am Barfüsserplatz in Basel. Nun will er mit seinen Tessiner Teamkollegen dafür sorgen, dass Shaqiri, mit dem er in 15 Länderspielen gemeinsam auf dem Platz stand, nicht erneut jubeln kann. In Lugano würde sich eine Piazza für eine Meisterfeier finden lassen. Die beiden Stars werden bestimmt nicht nachgeben, ihre Teamkollegen anzutreiben.