0:4 verloren. Gegen Ungarn. Zu Hause. England verabschiedet sich mit der höchsten Heimniederlage seit 94 Jahren in die lange Sommerpause. 1928 hatten die «Three Lions» mit 1:5 gegen Schottland verloren, nun also das Nations-League-Debakel gegen Ungarn. Mit nur zwei Punkten aus vier Spielen droht den letztjährigen EM-Finalisten gar der Abstieg in die B-Liga. Kein Wunder, macht sich fünf Monate vor WM-Beginn auf der Insel Panik breit.
Im Zentrum der Kritik steht Trainer Gareth Southgate. Die Zuschauer im Molineux Stadium von Wolverhampton deckten den 51-jährigen Ex-Nationalspieler mit Buhrufen und Pfiffen ein. Hämisch schallte es zudem «You're getting sacked in the morning» («Morgen wirst du entlassen») und «You don't know what you're doing» («Du weisst nicht, was du tust») von den Rängen.
Southgate hatte im Vergleich zum 0:0 gegen Italien vom Samstag gleich neunmal gewechselt, lediglich Torhüter Aaron Ramsdale und Reece James verblieben in der Startelf. Bewährte Kräfte wie Harry Maguire, Jack Grealish, Declan Rice, Mason Mount, Phil Foden und Raheem Sterling sassen nur auf der Bank, dafür kriegten Marc Guehi, Conor Gallagher (beide Crystal Place) oder Jarrod Bowen (West Ham) eine Chance, sich zu zeigen.
Captain Harry Kane wurde unmittelbar nach dem Schlusspfiff gefragt, ob man mit Southgate noch auf dem richtigen Weg sei. «Das steht ausser Frage. Um ehrlich zu sein, sollte das nicht mal eine Frage sein», antwortete der Captain der «Three Lions». «Wir dürfen jetzt nicht in Panik verfallen, das ist unsere erste grosse Niederlage seit langer Zeit. Das müssen wir jetzt wegstecken und weitermachen.»
#ThreeLions skipper @HKane reacts to tonight's defeat: pic.twitter.com/OCBb4sIVpr
— England (@England) June 14, 2022
Für die englische Boulevard-Presse war die Pleite in der wenig beachteten Nations League zwar nicht das Thema Nummer 1 des Tages (das war die geplante Abschiebung von Flüchtlingen nach Ruanda), dennoch hatten es die Schlagzeilen am Tag nach der Ungarn-Schmach in sich. «England Goulashed» schrieb beispielsweise die «Daily Mail» in Anlehnung an das ungarische Nationalgericht und die «Sun» titelte «The Hungar Shames» und spielte mit diesem abgewandelten Filmtitel auf die beiden Niederlagen gegen Ungarn an. Vor elf Tagen setzte es gegen den gleichen Gegner in Budapest eine 0:1-Niederlage ab.
Trainer Southgate gab sich nach der Partie kämpferisch: «Ich kannte die Rolle, bevor ich sie angenommen habe. Ich würde sagen, die Meinung der Fans hat sich in den letzten zehn Tagen geformt und nicht in den letzten elf Monaten. Aber ich weiss, dass all meine Vorgänger das Gleiche durchgemacht haben.»
Gareth Southgate looks back on tonight's defeat at Molineux:pic.twitter.com/ubhHfdsDsV
— England (@England) June 14, 2022
Er übernehme die volle Verantwortung für die Leistung: «Wenn die Kritik in meine Richtung kommt, muss ich damit fertig werden. Natürlich ist so ein Abend schwierig und es ist wichtig, dass ich das von den Schultern der Spieler nehme, weil das absolut an mir lag», erklärte Southgate, der ausführte: «Wir haben zuletzt nicht viele Fussballspiele verloren, und wenn du so hoch verlierst, insbesondere zu Hause, dann wird das in England sehr schmerzhaft.»
England suffer their worst home defeat since 1928! 🏴📉
— Sky Sports News (@SkySportsNews) June 14, 2022
Hungary beat Gareth Southgate's side 4-0! 🇭🇺pic.twitter.com/1vvAxle9Tm
Unterstützung bekam Southgate von seinem ehemaligen England-Teamkollegen Jamie Carragher. «Klappe, ihr Clowns», schrieb der einstige Liverpool-Star auf Twitter: «Dieser Trainer hat das Land in zwei Turnieren zu den besten Ergebnissen seit 1966 geführt.» Der Trainer habe bislang mehr als geliefert.
“You don’t know what you’re doing” shut up you clowns. This manager has taken the country in two tournaments to the best positions since 1966. #ENGvHUN
— Jamie Carragher (@Carra23) June 14, 2022
Die «Three Lions» müssen sich dennoch auf eine unruhige WM-Vorbereitung einstellen. In der Nations League im September warten mit Italien und Deutschland noch einmal zwei harte Brocken im Kampf gegen Abstieg. Immerhin sind die ersten Hürden an der WM in Katar nicht besonders hoch: Mit Iran, den USA und Wales warten drei machbare Gegner. Doch wer zu Hause gegen Ungarn mit 0:4 verliert, sollte auch solche Gegner möglichst nicht unterschätzen.