«Das hier ist unser Haus!» Das ist die Aussage, die Ardon Jashari mit seiner Handlung tätigt. Das Jan-Breydel-Stadion ist zwar die Heimstätte beider Klubs aus Brügge, aber nach dem 3:1-Sieg im Derby gehört diese nach Ansicht des Schweizer Mittelfeldspielers dem Club Brügge.
Der 22-jährige Jashari läuft mit einer blau-schwarzen Fahne in Richtung Mittelkreis, steckt sie dort in den Boden. Lange bleibt sie nicht im Rasen: Cercle-Spieler entfernen sie wieder, es kommt zu einem Handgemenge.
Vor allem Cercles Torhüter Maxime Delanghe reagiert wie von der Tarantel gestochen. Er kickt die Fahne umgehend weg. Weshalb es zum Tumult kommt, ist unklar. Denn: In Brügge gehört es nach einem Derby dazu, dass das siegreiche Team eine eigene Fahne in den Mittelkreis steckt; man findet viele Bilder davon.
«Das passiert auf beiden Seiten, es ist etwas Spielerisches», sagte Jasharis Trainer Nicky Hayen in der Zeitung «Het Laatste Nieuws». Man müsse als Sportler in der Lage sein, so etwas zu akzeptieren. «Cercle muss jetzt nicht behaupten, dass sie so etwas nicht gemacht hätten, wenn sie gewonnen hätten», betonte Hayen.
Das historische Vorbild der Aktion könnte jenes von Graeme Souness vor dreissig Jahren gewesen sein. Der schottische Trainer schnappte sich nach einem Sieg im Istanbuler Derby zwischen Fenerbahce und Galatasaray eine «Gala»-Fahne und rammte sie auswärts im Fenerbahce-Stadion (!) in den Anstosskreis:
Souness schilderte später, wie es dazu kam. Ein wichtiger Fenerbahce-Funktionär habe ihn bei der Verpflichtung als Krüppel bezeichnet, weil er eine Herzoperation hinter sich gehabt habe. Das habe ihn verletzt. Neun Monate später kam dann der türkische Cupfinal. «Wir gewannen zuhause, verloren das Rückspiel nach 90 Minuten, und holten den Pokal dank eines Tores in der Verlängerung. Wir feierten das vor unseren Fans, und jeder Spieler schwenkte diese grosse Fahne ein paar Mal, bis die Reihe an mir war.» Er habe den Funktionär gesehen und gedacht: «Dir zeige ich, wer ein Krüppel ist.»
Fenerbahces Fans drehten durch, einer stürmte das Feld und schleuderte die Fahne wutentbrannt weg, im Spielertunnel kassiert Souness noch einen Fausthieb ins Gesicht. Souness gibt im Rückblick zu: «Es war sicher nicht das Schlaueste, das ich in meinem Leben gemacht habe.» Doch er bereut nichts: «Ich hatte noch nie in meinem Leben so viele Männer mit Schnurrbärten geküsst, alle hatten Tränen in den Augen.»