Granit Xhaka kann heute kaum mehr einen Laut von sich geben, ohne dass es die Öffentlichkeit interessiert. Egal wann, wo, wie oder weshalb sich der Captain äussert – sein Was interessiert immer. Und sei es nur, dass die Kamera wie im Schweizer Nati-Dokfilm «The Pressure Game» scheinbar nebenher auf den Captain gerichtet ist. Oder wenn wie am Montagnachmittag die Pressekonferenz für das EM-Qualifikationsspiel gegen Israel über die Bühne geht und Xhaka den Schweizer Nationaltrainer Murat Yakin sekundiert.
Der Presseraum im Bauch des Stade de Genève jedenfalls ist voll, und als noch die letzte Frage «Wie gehen Sie mit Stress vor Spielen um?» im Raum steht, die ein anwesender Schüler stellt, lautet Xhakas Replik: «Das ist endlich einmal eine gute Frage.» Gelächter. Der Seitenhieb an die Journalisten – geschenkt. Nachdem zuvor wieder alte Geschichten aufgewärmt worden sind und Xhaka ruhig Red' und Antwort gestanden hat. «Es gibt Spiele, an denen ich aufgeregter bin. Aber eigentlich versuche ich immer, positiv zu denken». Mit diesen Worten beendet er den Medientermin.
Xhaka steht vor seinem 113. Länderspiel, macht er in diesem Tempo weiter, wird er als Erster in diesem Jahr den Rekord von Heinz Hermann (118) brechen. Auf den möglichen Bestwert mag die Leaderfigur nicht schauen, Stolz fühlt er aber schon. Den Stolz, es jenen Leuten gezeigt zu haben, die ständig monieren, es sei für ihn keine Ehre, mit dem Schweizerkreuz auf der Brust aufzulaufen. So sagt das der Captain, der am Wochenende die Reise nach Novi Sad ans EM-Qualifikationsspiel gegen Weissrussland gut gemeistert hat.
Das ist bei Xhaka erwähnenswert, weil es auch anders hätte kommen können. Anhand der Vorgeschichten, gerade mit Serbien. Er auferlegte sich im Balkan einen Maulkorb, sprach nicht mit den Medien, mit Zuschauern konnte er es nicht, weil keine erlaubt waren. Er habe im Vorfeld der Partie sehr gute Gespräche mit Yakin gehabt, sagt Xhaka. «Es war kein einfacher Entscheid, dahin zu reisen. Für mich war es aber immer klar, dass ich dabei bin. Nun bin ich froh, wieder zurück zu sein. Ziel Nummer eins mit dem Sieg hat geklappt. Nun folgt gegen Israel Ziel Nummer zwei: ein Sieg.»
Gegen die Weissrussen lieferte Xhaka auf der halblinken Achterposition, die er auch bei Arsenal innehat. Zwei Assists, ein Tor, vor allem viel Tempo und schnelle Kombinationen über die linke Seite, auf der er mit Ruben Vargas und Ricardo Rodriguez perfekt harmonierte. Gut möglich, dass es gerade die beste Version seiner selbst ist, im Klub, wo er mit den Londonern nach dem Meistertitel greift. Im Nationalteam, wo der 30-Jährige eine stürmische WM hinter sich gelassen hat.
Xhaka sagt: «Ich hoffe schon, dass die anderen 13 Jahre auch nicht so schlecht waren.» Mit dem Alter und der WM will er dazugelernt haben und nun langsam wissen, was er sagen müsse. «Wir haben gegen Portugal eine Klatsche gekriegt, alles andere ist nicht wichtig. Aber ein Mensch verändert sich nicht komplett in dieser kurzen Zeit, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.»
Ob so viel Xhaka wird beinahe nebensächlich, wie Yakin in die Partie gegen Israel gehen möchte. Der Nationaltrainer sieht jene Schweizer im Vorteil, die das Momentum bei sich haben, fit und im Rhythmus sind. Und eines weiss Yakin ganz genau: Xhaka, der bei Arsenal schon als linker Verteidiger spielte, würde er auf dieser defensiven Position niemals bringen.
Yakin sagt: «Granit trägt nicht umsonst die Nummer zehn. Er ist immer unterwegs. Er ist der beste Granit für das Nationalteam, wenn er strategisch spielen und die Mitspieler einsetzen kann, kreativ ist. Und selbst Tore erzielt. Das war früher nicht immer der Fall, weil er mit anderen Aufgaben beschäftigt war»
Für Yakin, der als Aktiver sein letztes Länderspiel im Oktober 2004 in der WM-Qualifikation ausgerechnet gegen Israel bestritt, bis er das Feld verletzt verlassen musste, bleibt der Sieg das Ziel. Xhaka sagt es ungleich bestimmter, fast schon trocken, aber in bester Laune: «Wir wollen zehn Siege in den zehn Spielen. So denken wir, das sind unsere Erwartungen. Aber wir respektieren jeden Gegner.»
Möglich Aufstellung Sommer; Widmer, Akanji, Elvedi, Rodriguez; Sow, Zakaria, Xhaka; Okafor, Vargas; Itten. (aargauerzeitung.ch)
Wer immer noch nicht davon überzeugt ist soll sich die Doku anschauen.
Äh nein, in diesem Fall eigentlich nicht. Manche Journalisten scheinen regelrecht enttäuscht zu sein, wenn Granit nicht austickt, sondern einfach nur sackstark Fussball spielt.