Gestern Abend kommt die überraschende Meldung: Der FC Basel soll seinen neuen Trainer in der Person von Ciriaco Sforza gefunden haben. Ein Name, den wohl die wenigsten auf der Rechnung hatten.
Mittlerweile hat Sforzas aktueller Arbeitgeber Wil bestätigt, dass der Trainer gerne zum FCB wechseln möchte. Gemäss der Berichterstattung des «Blick» sollen die «Bebbi» dafür 300'000 Franken an die Ostschweizer überweisen. Sforza beim FC Basel – kann das gut gehen? Der Blick zurück auf seine bisherigen Stationen als Trainer zeigt, dass es für Sforza in der Super League – bis auf eine gute Saison mit GC – nur selten nach Wunsch klappte.
Das erste Engagement in der Trainerkarriere des Ciriaco Sforza begann mit einem Hin und Her. Der FC Luzern war sich mit seinem Wunschkandidaten eigentlich einig, doch Sforza hatte die nötigen Trainerlizenzen der UEFA noch nicht. Also mussten sich Klub und Coach gedulden. Am Ende konnten sie den Schweizerischen Fussballverband aber überzeugen. Sforza erhielt eine auf ein Jahr beschränkte Sonderbewilligung unter der Bedingung, die benötigten Diplome in dieser Zeit zu holen.
Aus sportlicher Sicht war die Bilanz in Luzern dann allerdings ziemlich durchzogen. In seinem ersten Jahr als FCL-Trainer holte Sforza pro Spiel 0,92 Punkte. Das reichte am Ende für Rang acht – knapp über den Abstiegsplätzen vor Aarau und Schaffhausen.
Etwas besser lief es in der zweiten Saison. Da sammelten die Zentralschweizer 1,22 Punkte pro Spiel und waren ein solider Mittelfeldklub. Umso drastischer war dann der Absturz in der Spielzeit darauf. Sforzas Luzern sammelte in den ersten fünf Spielen nur einen Punkt und lag auf dem letzten Platz. Da zog die Klubführung die Reissleine und stellte den ehemaligen Schweizer Internationalen frei – «im gegenseitigen Einvernehmen», wie es damals hiess.
Sforza selbst hatte nämlich auch keine Lust mehr. Nur zwei Tage nachdem er beim FCL gehen musste, beklagte er sich über die «mangelnde Professionalität» der Spieler seines Ex-Klubs. «Es gab Spieler, die ein falsches Spiel gespielt haben», sagte Sforza, und: «Lebenswandel und Berufseinstellung einzelner Akteure waren absolut nicht mit denjenigen eines Profis vereinbar. Da verbrauche ich meine Energie lieber für andere Dinge.»
Nach einem Jahr Pause heuerte Ciriaco Sforza bei seiner alten Liebe an: GC. Und auf dem Campus Niederhasli herrschte Aufbruchstimmung. Der 39-Jährige wurde von allen Seiten in den höchsten Tönen gelobt. Sforza selbst gab sogleich den Tarif durch und sagte über den Stil seines Vorgängers Hans-Peter Latour: «Es wirkt so, als wäre die Mannschaft vorher lax geführt worden. Meine Philosophie ist jedenfalls eine andere.»
Die Sforza-Philosophie, sie war im ersten Jahr äusserst erfolgreich. Getragen von Gonzalo Zarate, dem jungen Nassim Ben Khalifa, den Routiniers Boris Smiljanic und Ricardo Cabanas sowie Yann Sommer im Tor stürmten die Hoppers auf den dritten Platz. Sforza wurde schweizweit gefeiert, gar als Trainer des Jahres bezeichnet. Das Resultat der guten Saison: Ausverkauf bei GC. Gonzalo Zarate wechselte zu Red Bull Salzburg. Senad Lulic zu YB. Nassim Ben Khalifa zog es nach Wolfsburg und Haris Seferovic schloss sich Fiorentina an.
Trainer Sforza begrüsste diese Entwicklung, sagte: «Das ist doch ein Riesenkompliment für den ganzen Verein.» Die Abgänge seien wieder eine grosse Chance für andere Talente. Doch der damals 40-Jährige bezahlte dann auch den Preis. GC konnte das Niveau nicht halten, lag sieben Runden vor Schluss noch auf dem letzten Platz. Erst dank einem Schlussspurt konnten sich die Zürcher ins hintere Mittelfeld der Super League retten.
Noch schlechter war die nächste Saison. Der stolze Grasshopper Club war ständig mit dem Abstieg konfrontiert. Wäre der FC Sion nicht wegen der Missachtung einer FIFA-Transfersperre mit einem Defizit von -36 Punkten in die Saison gestartet und Neuenburg Xamax nach der Tschagajew-Saga zwangsrelegiert worden, hätte es wohl die Zürcher erwischt. Sforza schien seine Mannschaft nicht mehr zu erreichen. Es regte sich Widerstand gegen den Trainer.
Und auch die Presse hatte längst mit den Lobhudeleien aufgehört. «Sforza ist gescheitert. GC ist eine Mannschaft ohne Gesicht und Struktur, ohne Konzept und Handschrift», schrieb der «Tages-Anzeiger» am 17. März 2012. Etwas weniger als einen Monat später hat der Aargauer sein letztes Spiel als GC-Trainer. Klub und Coach liessen es so klingen, als sei der Rücktritt Sforzas freiwillig und einvernehmlich. In Tat und Wahrheit kam er einfach der unmittelbar bevorstehenden Entlassung zuvor.
Nachdem es in der Super League zwei Mal nicht nach Wunsch lief, versuchte sich Sforza anderthalb Jahre nach seinem Out bei GC eine Liga tiefer. Der FC Wohlen stellte den Ex-Natispieler als Teamchef an. Nachdem die Aargauer im Februar immer noch das Schlusslicht der Challenge League waren, übernahm er dann aber doch noch die Rolle des Trainers.
Der Wohlener schaffte tatsächlich den Turn-Around und verhinderte den Abstieg seines Jugendklubs. Und in der darauffolgenden Saison griff Wohlen unter Sforza plötzlich nach den Sternen. Besonders die Hinrunde der Aargauer war überragend, Sforza und Co. standen zur Winterpause als Leader da. Nach wichtigen Abgängen im Wintertransfer-Fenster reicht es am Ende zu Rang drei. Und für den Trainer gab es plötzlich wieder Angebote aus der Super League.
Es gab aber nicht den Wechsel zu Lugano, Aarau oder Luzern, wie in diesem Sommer oft spekuliert wurde. Ciriaco Sforza beerbte in Thun Urs Fischer. «Ciri zu Thun – das passt!», ist sich der «Blick» nach der Bekanntgabe sicher.
Doch nach nur drei Monaten zog Thuns Sportchef Andres Gerber ein gegenteiliges Fazit: «Es passt einfach nicht.» Sforza wurde wieder entlassen, obwohl Thun auf Rang 7 eigentlich solid in die Saison gestartet war. Andere Faktoren schienen eine grössere Rolle gespielt zu haben. Etwa, dass sich der damals 45-Jährige nicht für ein Leben im Berner Oberland interessiert habe. «Wir hätten auch so gehandelt, wenn wir die letzten Spiele gewonnen hätten», zog Gerber damals ein deutliches Fazit.
Nach dem gescheiterten Engagement in Thun gönnte sich «Ciri» eine längere Auszeit. Beinahe vier Jahre blieb er dem Fussball fern. Die Begründung: «Irgendwann ist es einfach nicht mehr gegangen. Mein Körper hat rebelliert. Der Akku war leer. Ich brauchte meine Ruhe, Zeit für die Familie und für mich.»
Doch nachdem er die Batterien wieder aufladen konnte, liess er sich vom Vorstand des FC Wil überzeugen. Er habe zugesagt, weil das Potenzial der Mannschaft gross sei und er gerne mit jungen Fussballern zusammenarbeite, erklärte Sforza beim Amtsantritt. Im Gegensatz zu Thun war er dieses Mal auch bereit, nach Wil zu ziehen.
Im April 2019 übernahm er die Ostschweizer in einer schwierigen Phase. In der Saison darauf steigerte der mittlerweile 49-Jährige sich mit seiner jungen Truppe und beendete die Saison im Mittelfeld der Tabelle. Das hat offenbar gereicht, um die Führung des FC Basel zu überzeugen.
Bei GC wirkte Sforza immerhin 3 Jahre. Einzig in Thun kann man von "scheitern" sprechen. Es war ein Versäumnis, als Trainer eines SL-Klubs nicht in dessen Region ziehen zu wollen.
1.) Beide Klubs müssen Lohntechnische einschränkungen beim Trainergehalt machen.
2.) Beide Teams werden vermehrt auf die Jugend setzten (müssen ?) dafür sind beide Trainer predistiniert.
3.) Die Erfolgsverwöhnten Fans beider Teams werden hartes Brot essen müssen nächste Saison. Bin gespannt welche Führung zuerst die Geduld vetliert.
Ich bin übrigens der Meinung das in Sforzas "Abstiegssaison" mit GC der Grundstein für den Cupsieg 2013 gelegt wurde.