Luis Suarez gegen einen ganzen Kontinent. Uruguay gegen den Rest der Welt. Das blieb unter dem Strich nach dem aufwühlenden Ende des WM-Viertelfinals 2010 zwischen Ghana und Uruguay.
Und da ahnte noch keiner, dass der gleiche Suarez an der WM vier Jahre später erneut zum Buhmann würde durch seinen Biss in die Schulter des Italieners Giorgio Chiellini …
2010 in Johannesburg ging es, begleitet von 84'000 Zuschauern und zehntausenden nervtötenden Vuvuzelas, in die Verlängerung. 1:1 hiess es nach Treffern von Ali Sulley Muntari und Diego Forlan. In der Zusatzschicht fiel kein weiteres Tor, es brach die letzte Minute der Verlängerung an.
Und die hat es in sich. Ein letzter Freistoss Ghanas fliegt vors Tor, Uru-Goalie Fernando Muslera misslingt die Befreiungsaktion, kurz ein Durcheinander, dann kommt der Ball zu Dominic Adiyiah. Ein Kopfball aufs verwaiste Tor – doch der Ball ist nicht drin.
Let me remind you on what happened between Ghana and Uruguay at 2010 World Cup when Suarez blocked a goal scoring opportunity with his hands few seconds to end match 😭😂 Gyan missed the penalty🥲😂 We play Uruguay 🇺🇾 this Friday..#Ghana #Qatar2022 #BlackStars Let’s go hard🇬🇭😍 pic.twitter.com/8kwxz3o6pD
— Bhadext🥼Patoa🎤⭐️ (@bhadext) December 1, 2022
Stürmer Luis Suarez steht auf der Torlinie und rettet für seinen geschlagenen Torhüter in Torhüter-Manier: mit der Hand.
Die Ghanaer bestürmen den Schiedsrichter, der die Szene gesehen hat und keine andere Entscheidung treffen kann, als Suarez Rot zu zeigen und Ghana einen Penalty zu geben.
Der 23-jährige Suarez wird in der Heimat zum Helden. Schliesslich gibt seine Aktion Uruguay die Chance, doch noch ins Penaltyschiessen zu kommen. Dass er das sichere Tor Ghanas verhindert, macht ihn hingegen im Rest der Welt zum Buhmann.
Aber noch haben die «Black Stars» ja die Möglichkeit zum Sieg. Asamoah Gyan schreitet zum Penaltypunkt. Trifft er, steht Ghana als erstes afrikanisches Team überhaupt im Halbfinal einer WM.
Im Verlaufe des Turniers hat Gyan schon zwei Mal aus elf Metern getroffen. Doch in diesem Moment zielt er zu genau. Der Stürmer donnert den Ball wuchtig an die Latte.
Schlusspfiff.
Aber Schluss ist nicht. Nun beginnt das Penaltyschiessen. Es wird zur Beute des zweifachen Weltmeisters Uruguay. Die Südamerikaner jubeln und feiern ihren Winkelried Suarez, während Ghana und mit ihm ein grosser Teil der Fussballwelt trauert.
Nun kommt es in Katar im abschliessenden Gruppenspiel wieder zu einer Art K.-o.-Duell. Im Kampf um die Achtelfinals hilft Uruguay in jedem Fall nur ein Sieg, Ghana sollte auch gewinnen, um nicht vom Resultat des Parallelspiels Portugal – Südkorea abhängig zu sein.
Wieder mit dabei ist der Hauptdarsteller von einst, Luis Suarez. Natürlich wurde er vor der Partie auch zu seiner Einschätzung der Szene 2010 befragt. Seine Antwort:
"It's not my fault...I didn't miss the penalty" 👀
— Sky Sports Football (@SkyFootball) December 1, 2022
Uruguay's Luis Suarez hits back at a reporter who asked if he's ever considered apologising for his infamous handball in the 2010 FIFA World Cup quarter-final against Ghana. 🇺🇾🇬🇭 pic.twitter.com/xZkWdYQBN0
Stichhaltige Argumente, die der «Beisser» vorträgt. Ein Fussballspiel funktioniert nur, wenn es Regeln gibt. Suarez hat sie bewusst übertreten und die Konsequenzen getragen. Ohne ihn verlor Uruguay den Halbfinal.
Aber der Fussball lebt eher selten von besonnen geführten Diskussionen, dafür umso öfter von Emotionen. «Der dramatische Vorfall tat so weh, dass die meisten Afrikaner heute noch den Schmerz in sich tragen, als Kontinent den Halbfinal so knapp verpasst zu haben», schrieb das Portal Ghanaweb.
Fans aus Senegal und Kamerun hätten ihm gesagt, Ghana müsse am Freitag für ganz Afrika gewinnen, berichtete der Reporter des Portals aus Doha. «Was Uruguay uns damals in Südafrika angetan hat, werden wir nie vergessen», hätten sie ihm gegenüber betont.
Die Spieler hingegen betonen, sich nicht zu sehr mit der Vergangenheit aufhalten zu wollen. André Ayew, damals gesperrt, ist das einzige Kadermitglied, das in Katar noch dabei ist. «Wir haben ein Spiel, in dem wir Punkte benötigen, um weiterzukommen», sagte der 32-Jährige trocken.
Afrikas Fussball wartet weiter darauf, dass erstmals eine Nation den WM-Halbfinal oder noch mehr erreicht. 2014 blieben Nigeria und Algerien in den Achtelfinals hängen, 2018 schieden alle fünf Vertreter des Kontinents schon in der Gruppenphase aus. Nun haben sich Senegal und Marokko für die K.-o.-Phase qualifiziert, und Ghana mit Goalie Lawrence Ati Zigi vom FC St.Gallen würde sich nur zu gerne dazugesellen. Uruguays Luis Suarez möchte das verhindern – völlig egal, ob mit Toren oder mit einem Hands.