Er ist der beste Spieler bei einem der renommiertesten Klubs der Welt. In 54 Spielen hat Vinicius Junior in dieser Saison 23 Tore erzielt und 21 weitere vorbereitet. Ausserdem hat der Brasilianer mit Real Madrid im Alter von 22 Jahren bereits zwei Meisterschaften, einen Cuptitel und vor allem die Champions League gewonnen. Dennoch scheint er bei seinem Verein nicht mehr zufrieden und ein Wechsel nicht länger unmöglich.
Dies liegt gemäss «The Athletic» daran, dass er sich im Kampf gegen Rassismus alleingelassen fühlt. Das Magazin zitiert eine anonyme Quelle aus Vinicius' Entourage, die bestätigt, dass der Fussballer einen Weggang aus Spanien in Erwägung ziehe. Vinicius wurde am Sonntag beim Spiel in Valencia mehrmals rassistisch attackiert. Bereits bei der Ankunft des Teams beim Stadion sangen einige Fans: «Vinicius, du bist ein Affe.» Im Estadi de Mestalla waren dann erneut Beleidigungen und Affenlaute in Richtung des Flügelspielers zu hören.
— Adrián González Helguera (@adrihelguera) May 21, 2023
«Es war nicht das erste, nicht das zweite und auch nicht das dritte Mal», schrieb Vinicius nach der Partie in den sozialen Medien. Wegen der immer wiederkehrenden Beleidigungen und der für ihn ungenügenden Massnahmen seitens der Liga sagte er zudem: «Die Meisterschaft, die einst Ronaldinho, Ronaldo, Cristiano Ronaldo und Messi gehörte, gehört jetzt den Rassisten.»
Liga-Präsident Javier Tebas liess sich die Vorwürfe nicht gefallen und forderte von Vinicius, sich erst einmal darüber zu informieren, welche Kompetenzen die Liga in solchen Vorfällen habe, bevor er diese kritisiere. Die spanische Liga tue alles in ihrer Macht liegende, um Rassismus zu verfolgen, und habe deshalb in dieser Saison bereits neun Vorfälle – in acht davon war das Opfer Vinicius – gemeldet. Ausserdem stellte er klar: «Weder Spanien noch La Liga ist rassistisch. Es ist unfair, dies zu behaupten.»
Die Reaktion von Tebas sorgte bei Vinicius für Unverständnis: «Einmal mehr nutzt der Präsident von La Liga die sozialen Medien, um mich zu attackieren, anstatt die Rassisten zu kritisieren.» Dass sich Tebas aus der Diskussion rausnehme, stelle ihn auf eine Stufe mit den Rassisten.
Real-Coach Carlo Ancelotti zeigte deutlicher Kante gegen die Fans, welche Vinicius aufgrund dessen Hautfarbe beleidigt hatten. «Ich will nicht über Fussball sprechen», sagte er in einem Interview nach dem Spiel, «was heute passiert ist, darf nicht passieren». Der Italiener erzählte, dass Vinicius nach den Beleidigungen, die zu einem kurzen Unterbruch geführt hatten, zunächst nicht weiterspielen wollte. Ancelotti sagte ihm jedoch: «Ich finde es ungerecht, dass du aufhören musst zu spielen. Es ist nicht deine Schuld, du bist das Opfer. Das Spiel müsste abgebrochen werden.»
"La Liga tiene un problema. No es una persona que le grita 'mono', es un estadio que insulta a un jugador por racismo". #LaCasadelFútbol #LaLiga pic.twitter.com/MkccCbT6jh
— Fútbol en Movistar Plus+ (@MovistarFutbol) May 21, 2023
Dass die von der FIFA für solche Vorfälle vorgegebenen Massnahmen nicht eingehalten wurden, sorgte bei Real Madrid für Ärger. In einer Mitteilung zeigte sich der Klub besorgt, dass einige das Opfer für die Beleidigungen verantwortlich machen wollte. So wurden beispielsweise Provokationen des Brasilianers in Richtung der gegnerischen Fans genannt. Real Madrid forderte deshalb «sofortige und entschlossene Massnahmen von all jenen, die für die Bekämpfung des Rassismus verantwortlich und zuständig sind». In der Vergangenheit seien diese zu lange untätig geblieben, beklagte der Verein.
Erste Konsequenzen hatten die Beleidigungen für einige Fans bereits. Drei Verdächtige wurden von der Polizei festgenommen, wie spanische Medien berichten.
Möglicherweise kommt die Unterstützung von Ancelotti und Real Madrid jedoch zu spät. Was in Vinicius' Kopf vorgeht, weiss nur er selbst und einige wenige in seinem direkten Umfeld. Einer seiner Vertrauten sagte zu «The Athletic», dass die Zweifel von Vinicius an einem Verbleib in Madrid trotz eines Treffens mit Real-Präsident Florentino Perez nicht verflogen seien. Er würde weitere konkrete Massnahmen vom Klub erwarten. In den beiden Tagen nach der Partie fehlte der mit 120 Millionen Euro Marktwert wertvollste Spieler der «Königlichen» im Mannschaftstraining, er hielt sich jeweils alleine fit. Aufgrund der Roten Karte in Valencia, die bei vielen Fragen aufwarf, ging er zunächst von einer Sperre im Spiel vom Mittwoch gegen Vallecano aus. Die Liga strich die Rote Karte jedoch nachträglich.
Der Klub dementierte die Gerüchte um Wechselgedanken des Brasilianers. Trainer Ancelotti sagte: «Er liebt Real Madrid und will hier Erfolg haben. Vini weiss, dass dieser Klub seine Zukunft ist, und er will hier spielen.» Aus dem Camp von Vinicius kommen jedoch andere Signale: «Bisher war ein Wechsel keine Option. Aber jetzt schon.»
Dass die FIFA in Sachen Heuchelei kaum zu übertreffen ist mit ihren "no to racism"-kampagnen dürfte nun auch dem Hinterletzten bekannt sein. Reines Marketinginstrument.
Wie hätte die Liga darauf reagiert wenn das grosse Real Madrid sagt wir gehen ab jetzt immer vom Platz wenn unsere Spieler rassistisch beleidigt werden..
Aber so wird alles unter den Teppich gekehrt. The show must go on..