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Was die Schiedsrichter in neuer Super-League-Saison besser machen wollen

The referee Sven Wolfensberger checks the VAR screen, during the Super League soccer match of Swiss Championship between FC Sion and FC Servette, at the Stade de Tourbillon stadium, in Sion, Switzerla ...
Sven Wolfensberger überprüft am Bildschirm eine umstrittene Szene.Bild: keystone

Was die Schiedsrichter in der neuen Saison besser machen wollen

Die letzte Saison war schwierig, nun wollen sich die Schiedsrichter verbessern. Doch da ist auch noch die Aufstockung der Super League von zehn auf zwölf Teams.
19.07.2023, 10:3019.07.2023, 10:30
Dominic Wirth / CH Media
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Am liebsten haben es die Schiedsrichter, wenn sie 90 Minuten lang ihre Arbeit erledigen und sich hinterher keine Menschenseele für sie interessiert, keine Zeile über sie geschrieben, kein Satz gesagt wird. Ganz einfach, weil das niemand für nötig hält.

In der letzten Super-League-Saison lief es öfter mal ganz anders. Immer wieder wurde da über die Schweizer Schiedsrichter diskutiert, es ging oft um Handspenaltys, noch öfter um den VAR, gerne auch um beides.

Fast jede Woche Ärger

Anfang Mai, nachdem Ble­dian Krasniqi vom FC Zürich gegen den FC Basel eine Schwalbe produziert hatte, die so ziemlich jedem ins Auge stach, nicht aber den Schiedsrichtern im ­St.-Jakob-Park und jenen im VAR-Room in Volketswil, wurde es dann grundsätzlich. «Was läuft falsch?», fragte der «Blick». «Unsicherheit überall», diagnostizierte der «Tages-Anzeiger». Der Sport-Podcast von CH Media überschrieb seine Ausgabe mit dem Titel «Schiri-Krise».

Marwin Hitz, der Goalie des FC Basel, meldete nach der Krasniqi-Schwalbe im besorgten Tonfall, dass der Schweizer Fussball ein Problem habe, Hilfe brauche. Und lieferte gleich einen Lösungsvorschlag mit: Manuel Gräfe, der langjährige deutsche Spitzenschiedsrichter, könne diese Hilfe vielleicht bieten.

Aufstockung als Herausforderung

Als die Saison dann zu Ende war, bat der Schweizerische Fussballverband (SFV) die Medien nach Bern, um dort Bilanz zu ziehen über das Wirken der Schweizer Schiedsrichter. Dort sass dann Dani Wermelinger, der Chef der Spitzenschiedsrichter beim SFV, und neben ihm Brent Reiber, der ehemalige Eishockey-Spitzenschiedsrichter und heutige Elite Referee Manager.

Wermelinger hatte an jenem Nachmittag einen schwierigen Spagat zu meistern. Er zeigte sich selbstkritisch, wollte von grundsätzlichen Mängeln aber nichts wissen. Sagte, dass der Fehler von Basel auch ihn wütend gemacht habe. Dass er zufrieden sei, aber nicht hundertprozentig glücklich. Dass man auf dem Platz besser werden müsse. Aber kein Qualitätsproblem habe.

Es ging in Bern auch um einen Ausblick auf die neue Saison, die am Samstag beginnt. Neuerdings spielen zwölf Teams in der Super League, was auch bedeutet, dass mehr Spiele stattfinden, für die es wiederum einen grösseren Schiedsrichter-Pool braucht. Und Wermelinger und Reiber machten keinen Hehl daraus, dass sie vor einer schwierigen Aufgabe stehen.

Es fielen im Zusammenhang mit der Aufstockung Adjektive wie «recht kompliziert» und «anspruchsvoll». Wermelinger sagte unter anderem, er hoffe, dass man möglichst wenig Verletzte habe. Und wies auf das «Schiedsrichter-Problem» hin, darauf, dass es in den Regionen an Nachwuchs mangle, man um jeden froh sei, der Referee werde, weil das die Auswahl an der Spitze vergrössere. Auch den Hinweis auf die SFV-Kampagne «Werde Schiri» liess der Schiedsrichter-Chef nicht aus.

Schiri-Chef hat kein Bauchweh

Unterdessen hat der SFV vier neue Referees für die Challenge League qualifiziert, zwei Frauen und zwei Männer. Die vier Schiedsrichter, die künftig fix in der Super League pfeifen, taten das schon in der letzten Saison in ein paar Spielen. Das hätten sie gut gemacht, aber natürlich fehle es ihnen noch an der nötigen Routine, sagt Wermelinger. «Die zweite Saison im Oberhaus ist immer schwieriger, das gilt auch für Schiedsrichter», so der Schiedsrichter-Chef.

Ausgerechnet jetzt, nach einer Saison, in der oft über die Qualität der Schweizer Schiedsrichter diskutiert wurde, braucht es noch mehr, die auf höchstem Niveau pfeifen können. Bereitet Ihnen das Bauchschmerzen, Herr Wermelinger? «Nein», sagt der bestimmt, schiebt nach: «Der Kader ist qualitativ hochstehend.» Und auch, dass die Schiedsrichter nicht so schlecht seien, wie sie teilweise gemacht wurden. Der Aargauer hatte bereits bei seiner Saisonbilanz durchblicken lassen, wie schwer er sich damit tut, dass seinen Leuten kein Fehler verziehen wird, besonders nach Einführung des VAR.

Und dann sind da noch die Sachzwänge, die den Schiedsrichtern die Arbeit erschweren. Die Rahmenbedingungen beispielsweise. Anfang Monat veröffentlichte watson einen Artikel, in dem sich mehrere Spitzenschiedsrichter anonym äussern. Von «krankem Druck» ist da die Rede, von Überforderung, von Entschädigungen, die den grossen Aufwand nicht aufwiegen, von zu kurzer Regenerationszeit für die Schiedsrichter, die neben der Arbeit auf dem Platz noch einem anderen Job nachgehen, weil es das System der Teilprofessionalisierung so vorsieht.

Es ist ein Artikel, der für Wermelinger nach der schwierigen letzten Saison zur Unzeit kommt. Doch er sagt, er finde das okay, die Kritik nachvollziehbar. «Wir haben mündige Schiedsrichter und -assistenten, die ihre Meinung kundtun dürfen», so der 52-Jährige. Die im Artikel angesprochenen Themen lägen alle schon länger bei ihm auf dem Tisch, mehr Zeit für Regeneration, für Coachings, für Mentoring, höhere Entschädigungen. «Aber wir ­haben aktuell nun einmal begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung», sagt Wermelinger.

«Dann müssen wir hinstehen»

3,13 Millionen Franken überweisen die Profiklubs dem SFV ab dieser Saison neuerdings dafür, dass er ihnen die Schiedsrichter stellt; vor der Aufstockung waren es 2,75 Millionen. Die beissende Kritik von Spielern und Trainern ebendieser Klubs nach jedem Fehlpfiff gibt es weiterhin gratis obendrauf.

Wermelinger hält sich damit nicht auf. Sondern will das Beste aus der Situation machen. Für die neue Saison hat er seinen Leuten mitgegeben, dass sie im VAR-Room in Volketswil «weniger detektivisch» unterwegs sein sollen. Die Hands-Regeln, die im letzten Jahr so viel zu reden gegeben haben, sollen «noch einheitlicher» umgesetzt werden.

Und falls doch einmal ein grober Fehler passiert, wollen sich die Schiedsrichter künftig häufiger erklären. «Dann müssen wir hinstehen, nicht inflationär, aber dann, wenn es nötig ist», sagt Wermelinger. Damit die Leute die Schiedsrichter besser verstehen. Wenigstens ein bisschen.

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