Am Schluss fehlten Schalke und Hertha damals zwei respektive vier Punkte, als es in der Bundesligasaison 2022/23 um den Ligaerhalt ging. Bei beiden Mannschaften war die Devise klar: «So schnell wie möglich zurück in das Oberhaus.» Doch dass der direkte Wiederaufstieg kein Selbstläufer ist, sollten die meisten Fussballfans wissen. Sonst könnt ihr mal beim HSV nachfragen.
Die letzte Saison verlief dann für beide sehr unbefriedigend. Sowohl Hertha als auch S04 fanden in der 2. Bundesliga überhaupt nicht in die Gänge. Besonders die Schalker steckten lange im Abstiegskampf und bangten wegen der finanziellen Probleme gar um die Existenz des Vereins. Erst kurz vor Schluss konnte der Ligaerhalt gesichert werden, die Saison wurde dann gar noch auf Platz 10 beendet – direkt hinter der Hertha, die nach dem sehr schlechten Start weder mit dem Aufstieg noch dem Abstieg etwas zu tun hatte. Dennoch gab es während der Saison einen grossen Schock: Präsident Kay Bernstein verstarb im Januar 2024 nur 43-jährig.
Keine zwei Jahre zuvor wurde der ehemalige Vorsänger der Berliner Fankurve zum Präsidenten gewählt und wollte seinen Herzensklub mit dem «Berliner Weg» wieder zu einem volksnahen und traditionellen Verein machen. So sollte das Image, welches in den letzten Jahren gelitten hatte, wieder aufgebessert werden. Auch nach Bernsteins Tod versucht die Hertha, auf dem eingeschlagenen Weg zu bleiben.
In dieser Saison passt beim Hauptstadtklub allerdings weniger zusammen als noch in der letzten Spielzeit. Die Hertha steht nur auf Platz 14 und ist nur noch fünf Punkte vom Relegationsplatz entfernt. Vor knapp zwei Wochen wurde Trainer Cristian Fiél nach gerade einmal acht Monaten im Amt entlassen und Stefan Leitl als Nachfolger eingestellt.
Leitl soll das Team möglichst schnell aus dem Abstiegskampf retten – doch die aktuelle Form spricht gegen die Hertha. Nur das erste Spiel nach der Winterpause konnte gewonnen werden. Daraufhin folgten vier Niederlagen in Serie, unter anderem gegen Schlusslicht Regensburg. Nach dem Trainerwechsel wurde am letzten Wochenende beim 0:0 gegen Nürnberg immerhin mal wieder ein Punkt eingefahren.
Am Sonntagnachmittag kommt es nun zum Auswärtsspiel gegen Elversberg, bevor die zwei wegweisenden Spiele gegen die direkten Konkurrenten Schalke und Eintracht Braunschweig anstehen. Die Braunschweiger liegen aktuell auf dem Relegationsplatz und befinden sich in guter Form.
Auch bei Schalke läuft in dieser Saison wieder einmal nicht alles rund. Bereits im September musste der damalige Cheftrainer Karel Geraerts seine Koffer packen, und Kees van Wonderen wurde als neuer Trainer vorgestellt. Zwar steigerte sich der S04 nach Startschwierigkeiten mit dem neuen Trainer und verschaffte sich in der sehr engen Liga zwischenzeitlich ein beruhigendes Polster, doch drei der letzten vier Spiele gingen verloren und so ist der 16. Platz nur noch sechs Punkte entfernt.
Bei einer längeren Formbaisse geht es in Gelsenkirchen jeweils auch nicht lange, bis Unruhe herrscht. So kam heraus, dass sich van Wonderen Anfang Dezember bereits nach wenigen Spielen mit den Vereinsverantwortlichen zusammengesetzt hatte und kurz davor war, sein Amt niederzulegen. Wie aus internen Kreisen zu hören ist, hat er dadurch viel an Vertrauen verloren. Dennoch folgte nach seinem Gespräch mit der Vereinsführung die beste Phase der Saison für das Team aus Gelsenkirchen.
Mittlerweile wirkt die Stimmung auf Schalke wieder angespannter und wie so oft, wenn es bei den Königsblauen nicht nach Wunsch läuft, wird der Torwart gewechselt. Am Freitag gegen Preussen Münster wird zum ersten Mal Loris Karius für die Schalker zwischen den Pfosten stehen. Damit kommt bei Schalke schon der elfte Torwart seit 2020 zum Zug. Nicht einmal Sion hatte in dieser Zeit so viele verschiedene Trainer.
Im Vergleich zum letzten Jahr ist es bei den Knappen aber noch einigermassen ruhig und das Abstiegsgespenst scheint sehr weit entfernt zu sein. Doch nun müssen dringend wieder Punkte her. In den nächsten Spielen trifft man mit Preussen Münster und Hertha BSC auf zwei direkte Konkurrenten, bei denen Punkte schon nahezu Pflicht sind. Besonders beim Heimspiel gegen Münster ist kein Ausrutscher erlaubt.
Bereits im letzten Jahr drohte Schalke bei einem Abstieg in die 3. Liga die Insolvenz. Hätte S04 die Liga nicht halten können, wäre die Lizenz für die dritthöchste Liga nur unter bestimmten Vorgaben genehmigt worden. Seit Jahren sind die Knappen stark verschuldet. Die Regularien der Deutschen Fussball Liga (DFL) erfüllen sie zwar, die Vorgaben des Deutschen Fussball-Bunds (DFB), dem die 3. Liga untersteht, sind aber strenger.
Die Knappen ergreifen immer wieder neue Massnahmen, um aus den Schulden zu kommen. So wurde zu Beginn des Jahres eine Fördergenossenschaft gegründet, damit das Loch im Portemonnaie weiter verkleinert werden kann. Mittlerweile wurden bereits ca. 6,2 Millionen Euro gesammelt, doch die Schulden sind noch lange nicht abgezahlt. Angeblich fehlen den Knappen 100 Millionen Euro.
Spätestens nach dem Aufeinandertreffen der beiden kriselnden Riesen in der nächsten Woche könnte es für eine Mannschaft zu einer sehr ungemütlichen Lage kommen. Es steht also einiges auf dem Spiel und stimmungstechnisch dürfte es ebenfalls eine grandiose Partie werden. So wird für das Spiel im Berliner Olympiastadion ein riesiger Schwarm Auswärtsfans erwartet. Über 20'000 Fans aus Gelsenkirchen sollen anreisen. Die Unterstützung ihrer Anhängerschaft haben die Klubs also trotz Krise nicht verloren.