Nach zwei Niederlagen trifft Servette in der Europa League auf das ebenfalls noch punktelose Sheriff Tiraspol. Ein Duell, in dem es bereits ums europäische Überwintern geht.
Sheriff ist jenes Team, das es im Kampf um den 3. Platz in der Gruppe, mit dem man die K.o.-Runde der Conference League erreicht, zu schlagen gilt. Servette steht nun zweimal in Folge dem Klub gegenüber, der in diesem Jahrtausend nur zweimal (2011 und 2015) nicht moldawischer Meister wurde. Am Donnerstag findet das Auswärtsspiel statt, zwei Wochen später tritt Servette daheim an. Danach dürfte man wissen, ob die europäische Reise im nächsten Jahr weitergeht.
Die Ausgangslage, nach dem 0:2 gegen Slavia Prag und dem 0:4 gegen die AS Rom die ersten Zähler zu holen, scheint auf den ersten Blick günstig. Der Gegner aus Tiraspol ist noch schlechter als die Genfer in die Kampagne gestartet und ging zuletzt mit 0:6 gegen Slavia Prag unter. Einen Tag danach entliess der Klub den Anfang Jahr engagierten Trainer Roberto Bordin.
Dass mit Roman Pilipchuk ein Nachfolger aus Russland geholt wurde, weist auf die politischen Gegebenheiten vor Ort hin. Tiraspol ist die Hauptstadt des De-facto-Regimes Transnistrien, das einzig von Russland anerkannt wird. Die Genfer, die am Mittwoch nach Chisinau (moldawische Hauptstadt) flogen und mit dem Bus nach Tiraspol weiterreisten, übernachten denn auch im Hotel Russia.
Zurück zum Sportlichen: Trotz der Unruhen zuletzt geht Sheriff favorisiert in das Duell mit den europäisch unerfahrenen Genfern. In den letzten Jahren konnte sich der osteuropäische Klub auch auf internationaler Ebene ein Renommee erarbeiten, wobei die Champions-League-Kampagne von 2021 heraussticht. Bei der ersten Teilnahme eines moldawischen Vereins in der Königsklasse besiegte das Team sensationell Real Madrid im Bernabeu und liess Schachtar Donezk hinter sich.
Während Tiraspol die heimische Liga anführt, hatte Servette zu Beginn der Meisterschaft Mühe, den Tritt zu finden. Ende September lagen die Genfer, die sich letzte Saison hinter Meister YB im 2. Rang klassierten, nach nur einem Sieg aus den ersten acht Runden auf dem enttäuschenden 8. Platz. Inzwischen hat das Team von Trainer René Weiler dreimal in Folge gewonnen und sich drei Tabellenränge nach oben gekämpft. Zuletzt feierten die Genfer 1:0-Auswärtssiege gegen Lugano und Basel.
«Wir finden nach und nach zu dem zurück, was unser Team zu leisten imstande ist», sagte Servettes Assistenztrainer Bojan Dimic nach dem Spiel gegen Basel. Er vertrat in der zweiten Halbzeit René Weiler, der sich krankheitsbedingt zurückziehen musste. Offensiv habe das Team noch Luft nach oben, so Dimic, die Defensive trete dagegen sehr solid auf. Gegen Sheriff braucht es beide Abteilungen, um erstmals seit 2002 in einem europäischen Wettbewerb (ausserhalb der Qualifikation) zu punkten.
Dem FC Lugano steht nach dem dramatischen 3:2-Auswärtssieg gegen Besiktas die schwierige Bestätigung in der Conference League bevor. Im Zürcher Letzigrund kommt es am Donnerstag zum Duell mit Gruppenfavorit Brügge.
Brügge und Lugano gehen bisher mehr oder weniger im Gleichschritt. Nach einem Unentschieden zum Auftakt der Conference-League-Kampagne feierten die beiden Teams Anfang Oktober wichtige Auswärtserfolge. Damit führen sie die Gruppe D mit je vier Punkten an, wobei Lugano dank einem erzielten Treffer mehr den Spitzenplatz belegt.
Ebenfalls gemeinsam haben die Klubs, dass sie national noch nicht auf Touren gekommen sind. Beide Mannschaften verloren die zwei Meisterschaftsspiele seit dem letzten europäischen Auftritt. Besonders bitter war Brügges 1:2-Niederlage gegen Standard Lüttich. Nicht nur, weil sie durch einen Gegentreffer in der 90. Minute zustande kam, sondern auch, weil Brügge im Sommer den Trainer des Ligakonkurrenten abgeworben hatte. Der Norweger Ronny Deila steht nach gutem Start inzwischen stark in der Kritik. Aus den letzten fünf Liga-Partien holte sein Team nur drei Punkte, in der Tabelle rutschte Brügge auf den 7. Platz ab.
Mattia Croci-Torti geniesst bei den Luganesi deutlich mehr Kredit. Der 45-Jährige, der mit kurzem Unterbruch bereits seit 2017 im Klub beschäftigt ist und seit zwei Jahren das Amt des Cheftrainers innehat, sah am Sonntag, wie sein Team gegen GC trotz Dominanz und ebenfalls durch einen späten Gegentreffer 1:2 unterlag. Er kritisierte die fehlende Kaltblütigkeit vor dem Tor, die er bereits im Spiel zuvor gegen Servette (0:1) vermisst hatte.
Die missglückte Hauptprobe im Letzigrund – Lugano trägt seine europäischen Heimspiele in Zürich aus – ist aber möglicherweise ein gutes Omen. «Meine Mannschaft wird gegen Brügge ein anderes Gesicht zeigen», versprach jedenfalls Croci-Torti. Gegen die verunsicherten Belgier braucht es eine ähnliche Leistung wie gegen Besiktas, als die Offensive nach anfänglichen Ladehemmungen mit einem entschlossenen Auftritt zum Schluss den Unterschied machte. (abu/sda)