Ein Eigentor entscheidet den Spitzenkampf. Leader Inter Mailand profitiert im Derby d'Italia gegen den ersten Verfolger Juventus davon, dass Verteidiger Federico Gatti den Ball nach einer Flanke ins eigene Tor lenkt und siegt 1:0. Es war ein verdienter Sieg, bei dem die Gastgeber nur einen Torschuss zuliessen und dank dessen Inter trotz eines Spiels weniger als die Turiner auf vier Punkte davonzog.
Dabei präsentierte sich das Team von Simone Inzaghi so stark, dass sich die Gazzetta dello Sport fragte: «Wie kann diese Mannschaft, die so stark und komplett, organisiert und solide ist, die in der Verteidigung praktisch unbezwingbar ist, einen Vorsprung von potenziell sieben Punkten verspielen?» Inzaghi sagte danach: «Das Ergebnis ist knapp für das Spiel, das wir gesehen haben.»
Es war eine weitere überzeugende Leistung der Mailänder in der laufenden Serie-A-Saison, in der sie erst eine der bisher 22 Partien verloren haben. Mit 57 Punkten sind sie hinter Real Madrid (58) das zweitbeste Team der Top-5-Ligen; geht es nach Punkten pro Spiel, ist einzig Leverkusen etwas erfolgreicher. Doch während die Königlichen und in diesem Jahr auch die Leverkusener um Trainer Xabi Alonso und Granit Xhaka in aller Munde sind, schwebt der FC Internazionale unter dem Radar.
Dies liegt einerseits daran, dass die italienische Liga nicht gerade für den attraktivsten Fussball bekannt ist und im Vergleich eher wenig Tore fallen. Auch Inter Mailand dominiert seine Gegner nicht im Stile von Teams wie Manchester City oder Bayern München. Ausserdem ist die Aufmerksamkeit sowohl für die Premier League als auch für die Bundesliga im deutschsprachigen Raum deutlich grösser als für die Serie A. Dennoch lohnt sich der Blick nach Mailand, wenn es darum geht, die besten Teams Europas zu identifizieren.
Denn die «Nerazzurri» glänzen sowohl mit ihrer defensiven Stabilität als auch mit offensiver Effizienz. Dass sie mit zehn Gegentoren die wenigsten der Top-5-Ligen kassiert haben, liegt unter anderem an Yann Sommer. Der 35-jährige Nati-Goalie hat die beste Fangquote aller Goalies in den ersten Ligen Italiens, Deutschlands, Englands, Frankreichs und Spaniens (auch im weiteren Verlauf des Texts beziehen sich die Statistiken jeweils auf diese fünf Ligen). Gegen Juventus blieb er zum wettbewerbsübergreifend 19. Mal in dieser Saison ohne Gegentor.
Der Schweizer wird aber auch von einer starken Abwehr unterstützt. Der 24-jährige Alessandro Bastoni, Neuankömmling Benjamin Pavard und der 35-jährige Routinier Francesco Acerbi machen den im vergangenen Sommer zu PSG abgewanderten Abwehrchef Milan Skriniar mit ihren starken Zweikampfwerten und vielen abgefangenen Pässen vergessen. In der laufenden Saison lässt Inter die viertwenigsten Schüsse aufs Tor und nur wenige Grosschancen zu.
Am anderen Ende des Felds brilliert der 19-fache italienische Meister vor allem dank Lautaro Martinez. Der 26-jährige Argentinier übertrifft seinen «Expected-Goals-Wert» gemäss fbref.com stärker als jeder andere Spieler der Top-5-Ligen. Aus Chancen für 10,4 Treffer machte er 17. Dazu kamen zwei verwandelte Elfmeter. Vor allem dank ihm braucht Inter nur 2,56 Torschüsse pro Treffer. Einzig Girona und Werder Bremen sind noch effizienter. So kommt es, dass die Italiener die sechstmeisten Tore erzielt haben, obwohl sie bei den Schüssen aufs Tor nur auf Platz 25 von 96 Teams sind.
Martinez profitiert dabei auch von den kreativen Spielern aus dem Mittelfeld wie Henrikh Mkhitaryan, Nicolo Barella oder allen voran Hakan Calhanoglu. Der Türke habe im Spiel gegen Juventus laut der Gazzetta dello Sport «oscarwürdig Regie geführt». Er sei ein «absoluter Meister» in seiner Rolle geworden und wisse, wie man alles macht, und zwar alles gut macht. Beim 1:0-Sieg brachte er 100 seiner 106 Passversuche an den Mitspieler. «Er lenkt und schiesst, er wirkt dem Rhythmus des Spiels entgegen und steuert ihn, indem er ihn je nach den Bedürfnissen seiner Mannschaft antreibt oder verlangsamt», lobt die italienische Sport-Zeitung.
Calhanoglu steht nun bereits bei elf Toren und drei Assists in allen Wettbewerben. Beim 3:0-Erfolg in Neapel erzielte er ein absolutes Traumtor. Neben Martinez kommt einzig Marcus Thuram auf mehr Skorerpunkte als der 29-Jährige, der zum defensiven Mittelfeldspieler umgeschult wurde. Mit der Umpositionierung Calhanoglus landete Trainer Simone Inzaghi einen Volltreffer, wie mittlerweile allen Fans des italienischen Fussballs bekannt sein dürfte.
Auch die Verpflichtung Thurams hat sich bereits gelohnt. Der ablösefrei aus Gladbach gekommene Franzose bringt mit seiner Schnelligkeit und als Anspielstation für Pässe in die Tiefe eine neue Komponente ins Team von Inzaghi. In 31 Saisonspielen hat der 26-jährige Sturmpartner von Lautaro Martinez bereits zehn Tore erzielt und elf weitere vorbereitet. Wichtig sind in Inzaghis bevorzugtem 3-5-2-System auch die offensiv agierenden Aussenläufer wie Federico Dimarco oder Denzel Dumfries, die gemeinsam auf elf Vorlagen kommen.
Dass bei Inter Mailand gefühlt jedes Zahnrädchen perfekt ins andere greift, ist vor allem das Verdienst von Simone Inzaghi. Der frühere Stürmer hat den Klub im Sommer 2021 von Antonio Conte übernommen, nachdem dieser gerade den Meistertitel gewonnen hatte. Aus dem bestehenden Team, das in Romelu Lukaku und Achraf Hakimi zwei Leistungsträger verloren hatte, und gezielten Verstärkungen formte Inzaghi eine starke Einheit, die im letzten Jahr den Final der Champions League erreichte. In der Wahl zum besten Trainer des Jahres wurde er deshalb hinter Pep Guardiola Zweiter.
Ins Endspiel der Königsklasse wollen die «Nerazzurri» erneut, wie Inzaghi nach dem Sieg gegen Juventus sagte: «Wir werden versuchen, die aussergewöhnliche Serie der letzten Saison fortzusetzen.» Der 47-Jährige wisse aber auch, dass mit Atletico Madrid bereits im Achtelfinal ein «sehr schwerer Gegner» warte. Auch international glänzt die Defensive um Sommer und Co, während die Offensive – anders als in der Liga – zu wünschen übrig lässt. Zwar holten sie viele gute Chancen heraus, standen in der Gruppenphase bei den abgegebenen Schüssen sowie den Toren aber nur im Mittelfeld.
Findet Inter Mailand in der Champions League dieselbe Effizienz wie in der Serie A, liegt dieses Mal vielleicht auch noch der ganz grosse Wurf drin, nachdem der letzte Final gegen Manchester City trotz einer starken Leistung 0:1 verloren ging. Gerade für Yann Sommer wäre dies aus Schweizer Sicht eine unglaubliche Geschichte, nachdem er in der letzten Saison beim FC Bayern unten durch musste.
😂😂😂
Sorry ohne schadenfrohes lachen geht das einfach nicht.
Ja starke Verteidigung aber egal, Sommer wurde wegen einer schlechten Verteidigung zum Sündenbock gemacht.
Hier ist Schadefreude angebracht.
Ich gönne es Sommer von Herzen und Bayern soll einfach still sein und leiden😂
Btw: Statt Sommer da, Sommer dort. Berichtet doch mehr über Bologna, dort spielen 3 Schweizer spannenden Fussball.