So teuer war Livesport noch nie: Die Swisscom-Tochter Blue erhöht ab dem 21. Juni die Preise. Das bisherige Monatsabo für 29.90 Franken kostet neu 34.90 Franken. Die Mindestvertragslaufzeit wird von 6 auf 12 Monate verdoppelt. Wer ein jederzeit kündbares Abo will, muss künftig 49.90 Franken pro Monat berappen. Der Kauf von einzelnen Livespielen wird nicht mehr angeboten.
Das Interesse an Einzelabrufen habe in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen, begründet Blue-Produktchefin Claudia Lässer dies, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Erst vor gut zwei Jahren hatte der Pay-TV-Anbieter die Preise für Einzelspiele deutlich erhöht.
Mitgespielt haben dürfte bei der Entscheidung auch ein anderer Faktor: In der Schweiz, in der viele Konsumentinnen und Konsumenten Abos kaum je kündigen, spielen diese mehr Geld ein, als der einmalige Verkauf eines Produkts. Die Einstellung der Einzelkauf-Möglichkeit rechnet sich wegen der höheren Erlöse selbst dann, wenn nur ein kleiner Teil der bisherigen Käufer von Einzelspielen auf ein Abo wechselt.
Vom neuen Preismodell nicht begeistert ist Babette Sigg Frank, Präsidentin des Schweizer Konsumentenforums kf. «Das ist ein satter Aufschlag», sagt sie. Besonders der Zuschlag für die Umgehung der langen Mindestvertragslaufzeit sei eine «deutliche Verschlechterung». «Ein halbstaatlicher Betrieb wie die Swisscom hat auch eine Service-public-Verpflichtung», sagt sie. Mit dem neuen Preismodell werde es vielen Familien nicht mehr möglich sein, Livesport bei Blue zu konsumieren.
Blue-Produktchefin Claudia Lässer verteidigt den Schritt. Blue biete ein umfangreiches Sportangebot mit den wichtigsten Fussballligen aus dem In- und Ausland. In angrenzenden Ländern benötigten Interessierte zwei bis vier Abos verschiedener Anbieter, wenn sie alle Spiele der nationalen Liga in Kombination mit allen Spielen der Champions League sehen wollten. Die Kosten seien dabei mit 50 bis 80 Euro massiv höher.
Angesichts der Preiserhöhung drängt sich die Frage auf: Hat sich die Swisscom-Tochter finanziell übernommen im Kampf um die Sportrechte? Dass sich diese im Schweizer Markt refinanzieren lassen, bezweifeln Fachleute schon lange. In der Aufbauphase von Swisscom TV (heute «Blue TV») waren exklusive Rechte wie jene der Champions League wichtig, um Kundinnen und Kunden vom eigenen Produkt zu überzeugen. Mittlerweile sind aber fast alle Sportinhalte bei allen Anbietern erhältlich.
Wie viel Blue für die Sportrechte ausgibt, gibt die Firma nicht bekannt. Die Vorgängerin Teleclub dürfte allein für die Champions League für die Jahre 2018–2021 etwa 60 Millionen Franken investiert haben. Diese Zahl gab der Sport-Chefredaktor des Westschweizer Senders RTS bekannt. Seither kannten die Preise für Sportrechte nur eine Richtung: nach oben. Für den nächsten Rechteturnus ab der Saison 2024 will die Uefa die Einnahmen aus TV-Rechten noch einmal um über 40 Prozent steigern. Blue hat sich die Rechte für alle Spiele erneut gesichert.
Auf die Frage, ob Blue zu viel bezahlt hat, sagt Claudia Lässer, man agiere in einem «sehr dynamischen Preismodell mit laufend steigenden Kosten». Blue produziere dreisprachig für die ganze Schweiz und habe aufgrund der überschaubaren Marktgrösse «nur limitierte Möglichkeiten, Lizenzkosten zu monetarisieren».
Wer für Live-Fussball künftig nicht den dreifachen Preis eines Netflix-Abos hinblättern will, hat Ausweichmöglichkeiten. So zeigt der italienische Free-TV-Sender Canale 5 jeweils am Dienstag ein Live-Spiel der Champions League – diese Woche die Partie Chelsea-Dortmund. Das Finale wird auch auf dem Free-TV-Sender 3+ ausgestrahlt. Der Sender, der wie dieses Portal zu CH Media gehört, zeigt zudem bis und mit nächster Saison sechs Spiele der Gruppenphase. Ab der Saison 2024/25 überträgt wieder SRF pro Runde ein Spiel der Gruppenphase, die dann Ligaphase heissen wird. Zudem wird SRF ab dann auch das Finalspiel zeigen.
Wer technisch versiert ist, kann zudem mit einem VPN-Dienst und einer IP-Adresse aus Österreich oder Irland auf die Web-Player von «Servus TV Österreich» respektive dem irischen Sender RTÉ2 zugreifen. Servus TV zeigt jeweils mittwochs ein Spiel, RTÉ ausgewählte Partien. Einige VPN-Anbieter werden erkannt und funktionieren nicht. Eine Anleitung bietet das Portal «Computer Bild».
Keine Ausweichmöglichkeit haben Fans der heimischen Super League. Sie werden ein teureres Abo lösen müssen, wenn sie die Spiele ihres Clubs im Fernsehen sehen wollen. Das könnte zu einem Zuschauerschwund führen. Die Liga will allerdings keinen Kommentar abgeben – und offenbart in ihrer Antwort auf eine Anfrage eine grosse Nähe zur Swisscom: Zur Frage, was die Swiss Football League von der Preiserhöhung hält, soll man Blue kontaktieren, teilt ein Liga-Sprecher mit. Von den Preiserhöhungen ausgenommen sind Kunden mit einem bestehenden Abo und jene, die vor dem 21. Juni ein neues abschliessen.
D.C.5
konzision
Allgemein ist die Abo-Politik von Blue eine Frechheit. Wer Super League schauen will, braucht das eine Abo, will ich mir Motorsport anschauen (z.B. NASCAR), so brauchts noch ein zweites Abo und so weiter. Zudem funktioniert das ganze bei Blue technisch eher mau.
Die Zuschauer*innen werden solange geschröpft, bis ein merklicher Teil davon wieder auf illegale, halbillegale oder sonstige Steams umsteigt. Und das völlig zu recht. Nur geholfen wird damit auch niemandem.
sapperlord
Sollen die, die bereit sind abgezockt zu werden, die Preise bezahlen. Ich tu das auf jeden Fall nicht.