Am Sonntag macht es Blau-Weiss Linz offiziell. Silvan Wallner, der 22-jährige Verteidiger und Schweizer U21-Nationalspieler, beendet seine Karriere per sofort. «Silvan Wallner hat den FC Blau-Weiss Linz darüber in Kenntnis gesetzt, dass er sich aufgrund privater Gründe nicht mehr in der Lage fühlt, seine aktive Profikarriere als Fussballer weiterzuführen und diese beenden möchte. Aus diesem Grund haben sich beide Seiten auf eine vorzeitige Vertragsauflösung verständigt. Über die Auflösungsmodalitäten wurde Stillschweigen vereinbart», schreibt der österreichische Bundesligist auf seiner Website. In dieser Zeitung äussert sich der ehemalige Junior des FC Uitikon erstmals öffentlich zu seinem bemerkenswerten Entscheid. Wallner, er ist schweizerisch-österreichischer Doppelbürger, absolvierte für den FC Zürich 51 Pflichtspiele und wurde 2022 mit dem Stadtklub Schweizer Meister.
Am vergangenen Freitag wurde publik, dass Sie im Alter von 22 Jahren Ihre Karriere als Profifussballer per sofort beenden. Der Grund soll Ihr Beitritt zur Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten sein. Diese betrachten den Samstag als heiligen Ruhetag, der für die Gemeinschaft mit Gott reserviert ist. Arbeiten, in Ihrem Fall Fussballspielen, ist samstags verboten. Wie äussern Sie sich dazu?
Silvan Wallner: Korrekt ist, dass ich gläubiger Christ bin. Mitglied einer Kirche bin ich allerdings nicht. Das Lesen in der Bibel finde ich sehr spannend und bereichernd. Es ist ja nicht umsonst das meistverkaufte Buch weltweit. In den letzten Tagen bin ich zur Erkenntnis gekommen, dass ich den biblischen Ruhetag halten will. Für meine fussballerische Karriere bedeutet dies, dass ich nun am Samstag nicht mehr erwerbsmässig Fussball spielen möchte.
Die Meinungen waren schnell gemacht. Da ist ein junger, instabiler Mann in die Fänge einer obskuren Sekte geraten und hat den Sinn für die Realität verloren.
Ich staune ob diesen Meinungen. Wer sich in der heutigen Zeit mit dem Thema Christentum, Freikirchen und Abgrenzung zu Sekten auseinandersetzt, erkennt rasch, dass viele protestantische Freikirchen, seien es Baptisten, Adventisten, ICF oder andere, nichts mit einer Sekte am Hut haben. Ich kann Ihnen versichern, ich bin ein vernünftiger junger Mensch, der sich tiefgründig mit seiner eigenen Entscheidung auseinandersetzt und diese auch selbst fällt. Ich bin mir aber sehr wohl bewusst, dass der Glaube polarisiert.
Hat man Ihnen dort den Kopf verdreht?
Zwar habe ich einen leichten Beckenschiefstand und einen Senkfuss wie viele Fussballer, aber der Kopf sitzt noch genauso wie er immer gesessen hat. (lacht) Nein, schauen Sie, ich bin ein Mensch, der die Dinge nach seiner eigenen Überzeugung konsequent und geradlinig angeht. Nochmals: Ich bin noch kein Mitglied bei einer Freikirche, allerdings befasse ich mich intensiv mit den wertvollen Zitaten und Texten aus der Bibel und stelle dabei fest, dass die Worte Jesus für mich einen zentralen Stellenwert erhalten haben. Sie treffen ja auch in der heutigen Zeit bestens zu. Bei protestantischen Bewegungen wie zum Beispiel den Sieben-Tages-Adventisten erkenne ich ebenfalls eine starke Ausrichtung auf die Beziehung zu Jesus.
Sie investierten viel in Ihre Karriere als Fussballprofi und wurden auf dem Höhepunkt im Jahr 2022 mit dem FC Zürich Schweizer Meister. Im vergangenen Sommer liessen Sie sich vom FC Zürich zu Blau-Weiss Linz in Ihre zweite Heimat Österreich transferieren, um Ihre Karriere neu zu lancieren. Und jetzt der Frontalstopp. Wie reagierte Ihr Klub Linz auf Ihren sofortigen Rücktritt?
Zuallererst muss ich festhalten, dass Blau-Weiss Linz ein aussergewöhnlicher Verein ist. Vom ersten Moment an wurde ich vom ganzen Staff, dem Team und den Fans auf sehr angenehme Art und Weise integriert und aufgenommen. Die Reaktion auf meinen Entscheid, meine Karriere zu beenden, überraschte zuerst natürlich alle. Nach mehreren Gesprächen darf ich aber sagen, der Verein hat Verständnis gezeigt und ist mit mir auch hier höchst professionell auf sehr menschliche Art und Weise umgegangen.
Ihr Vater Daniel war früher Vereinspräsident Ihres Stammklubs FC Uitikon und stolz über Ihre Leistungen in den letzten Jahren. Er postete bisher fleissig Neuigkeiten über Ihre Karriere in den sozialen Medien. Wie reagierte Ihr Vater?
Ich stehe meinem Vater sehr nahe. Am Anfang war er sehr überrascht und es war nicht einfach für ihn. Er steht aber hinter meinem Entscheid, da er die Grundhaltung vertritt, dass jeder selbst mit Gott seinen Weg finden darf. Und zwar ohne jeglichen Zwang und Einschränkung. Mein Vater weiss, dass ich in meinem Leben konsequentes und entschlossenes Handeln bevorzuge.
Sie verdienten bisher als Fussballer gutes Geld. Wie gedenken Sie nun Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten?
Nach der Matura habe ich ein Fernstudium begonnen und werde dieses vorerst fortsetzen und mich gleichzeitig natürlich um meine künftige Erwerbstätigkeit kümmern. Sorgen mache ich mir dabei keine, da ich ein flexibler Mensch bin.
Werden Sie weiterhin in Linz wohnen oder ziehen Sie wieder zu Ihren Eltern nach Uitikon?
Ich bin daran, meinen Wohnsitz wieder in die Schweiz zu verlegen.
Ihr Whatsapp-Profilfoto zeigt Sie im Dress der Schweizer Nachwuchs-Nationalmannschaft. Dem Fussball haben Sie offenbar noch nicht ganz abgeschworen?
Das Bild ändere ich natürlich. Es war eine intensive und lehrreiche Zeit, die nun etwas in den Hintergrund rückt und ich bin sehr dankbar für die Begleitung und Förderung durch die Verantwortlichen der U-Nationalmannschaften.
Halten Sie einen Rücktritt vom Rücktritt dereinst für denkbar?
Auf professioneller Stufe werde ich sicherlich nicht mehr spielen. Hingegen werde ich stets aktiv bleiben und werde polyvalent Sport treiben.
Ihr Stammklub FC Uitikon bestreitet seine Meisterschafts-Heimspiele in der 4. Liga jeweils am Sonntagmorgen um 11 Uhr. Könnte Sie ein Comeback auf der Sürenloh reizen?
Da äussern Sie einen interessanten Gedanken. Für Uitikon zu spielen, steht heute nicht im Vordergrund für mich. Aber es gilt natürlich: Sag niemals nie. (riz/aargauerzeitung.ch)