Der Internationale Skiverband hatte am Ende der letzten Saison im Rahmen der technischen Sitzungen im Frühjahr beschlossen, das Tragen von Airbags in Abfahrts- und Super-G-Rennen zur Pflicht zu machen. Die FIS-Ratsmitglieder trafen sich am Freitag per Videokonferenz und verabschiedeten die Regel.
Diese Entscheidung ist eine Reaktion auf die vielen schweren Stürze in der Saison 2023/24. Sie entspricht auch dem Wunsch des Gremiums, die Rennen sicherer zu machen. «Für die FIS steht die Sicherheit der Athleten an erster Stelle und ist nicht verhandelbar. Die Einführung von Airbags soll das Risiko von schweren Verletzungen minimieren. Wir wollen jede Massnahme einführen, die die Skifahrer gesund hält», sagte Michel Vion, der Generalsekretär des Internationalen Skiverbands.
Der Rückenairbag wird bereits von den meisten Athleten verwendet, sowohl im Rennen als auch im Training. Die meisten Skifahrerinnen tragen ihn schon länger, während es doch noch einige Männer gab, die den Schutz ablehnten. Marco Odermatt ist seit einer ernsten Diskussion mit seiner Freundin Stella ausgerüstet. Aber Aleksander Aamodt Kilde trug beispielsweise keinen Airbag, als er in Wengen schwer stürzte.
Während seiner Reha, dachte der Norweger dennoch darüber nach, sich künftig besser zu schützen. Mit einer schnittfesten Unterwäsche (wohl ab nächster Saison obligatorisch), die wohl seine schlimme Schnittwunde verhindert hätte, aber auch mit dem Airbag.
Kilde ist jedoch nicht der einzige, der sich dagegen sträubte. Der Italiener Dominik Paris oder der Kanadier James Crawford fuhren im letzten Winter ohne Airbag, weil sie sagen, sie würden in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkt. «Ich bin ein Sportler, der es liebt, sich bewegen zu können. Am Anfang hat der Airbag meine Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Aber das ist jetzt besser», sagte Vincent Kriechmayr kürzlich bei den Eröffnungsrennen in Sölden. Der Österreicher beweist mit dieser Aussage, dass sich der Rückenairbag, der ursprünglich für Motorradfahrer entwickelt wurde, weiterentwickelt hat, um den Anforderungen von Skifahrern Rechnung zu tragen.
Aber es gibt auch andere Faktoren, die dazu führen, dass einige Skifahrer diesen Rückenschutz immer noch ablehnen. Dazu gehört die Tatsache, dass der Airbag auch ohne den geringsten Sturz ausgelöst werden kann, wie es Stefan Babinsky passiert ist, als er beim Training seine Schuhe geschlossen hatte. «Wenn dir das im Starttor passiert, kannst nicht in deinem Intervall starten», hebt Kriechmayr hervor.
Der Sturz von Matthias Mayer in Val Gardena im Jahr 2015 hat auch einige Speed-Spezialisten geschockt. Der Österreicher stürzte mit 109 km/h und einer Wucht von 13 G und brach sich dabei zwei Brustwirbel. Sein Rückenairbag hat ihn sicherlich vor Schlimmerem bewahrt. Einige Skifahrer, darunter Ted Ligety, waren jedoch der Meinung, dass Mayers Verletzungen durch das Gerät verursacht worden waren.
«Ich war wegen des Sturzes meines österreichischen Kumpels Matthias Mayer in Val Gardena 2015 sehr skeptisch gegenüber diesem System. Mayer hatte sich zwei Brustwirbel gebrochen, während er den Airbag trug. Und für mich gibt es immer noch keinen Beweis, dass diese Konstruktion wirklich vor Verletzungen schützt», erklärt der zurückgetretene Beat Feuz dem «Blick». Auch wenn die Hersteller jede Verantwortung abstreiten, besteht also immer noch Misstrauen.
Trotz der Meinungsverschiedenheiten hat der Internationale Skiverband am Freitag die Einführung einer neuen Regel bestätigt. Eine Entscheidung, die sicherlich durch den Sturz von Broderick Thompson während des Trainings für die Abfahrt in Beaver Creek im November 2023 motiviert wurde. Der Kanadier trug an diesem Tag keinen Airbag und erlitt mehrere Brüche an Wirbeln, Rippen und Schulterblättern sowie ein Schädel-Hirn-Trauma. Obwohl er tief in seinem Herzen immer noch auf ein Comeback hofft, da er ein Wunder ist, wird der Weg dorthin lang und von vielen Hindernissen geprägt sein.
Innerhalb des Gremiums war man sich jedoch nicht einig, ob der Airbag Pflicht werden sollte. Eine Expertengruppe des Internationalen Skiverbands hat sich lange mit dem Thema beschäftigt und sich im letzten Jahr gegen eine Pflicht ausgesprochen. «Es ist nicht notwendig, einen Airbag zu haben. Rückenprotektoren leisten seit den 90er Jahren gute Arbeit. Kein Skifahrer klagt über Prellungen am Oberkörper», sagte Karl-Heinz Waibel, Mitglied der Arbeitsgruppe und Technologiebeauftragter des Deutschen Skiverbandes (DSV), gegenüber dem Südtiroler Medium Sport News.
Der Airbag wird also ab den Wettkämpfen in Beaver Creek Anfang Dezember Pflicht sein. Die FIS hat in ihrer Pressemitteilung jedoch darauf hingewiesen, dass Ausnahmen gewährt werden können, wenn das Schutzwerkzeug den Athleten behindert und somit eine Gefahr darstellt.
2. Selbst wenn es mal zu einem zusätzlichen Rippenbruch oder einer ausgekugelten Schulter kommt, ist das unter dem Strich wesentlich gesunder als eine scnwere Wirbel- oder Kopfverletzung...