Fabian Schär hat gleich bei erster EM-Gelegenheit den Beweis erbracht, das Schweizer Spiel auch im gegnerischen Strafraum massgeblich beeinflussen zu können. Im Interview mit der Nachrichtenagentur SDA ordnet der Innenverteidiger den 1:0-Erfolg im Startspiel gegen Albanien ein und erklärt, weshalb im aktuellen Kader nur Xherdan Shaqiri eine bessere Torquote zu bieten hat.
Die Erleichterung im Schweizer Team war nach dem gelungenen Auftakt greifbar. Teilen Sie die Wahrnehmung der Beobachter?
Der Eindruck täuschte nicht, ein Auftaktspiel ist generell eher schwierig, und das Spiel gegen Albanien war natürlich in doppelter Hinsicht speziell. Wenn man unter solchen Umständen ein positives Ergebnis mitnehmen kann, fällt schon Druck ab, das ist so.
Trotz einem guten Start hatten Sie heikle Momente zu überstehen.
Wir hatten gewusst, was auf uns zukommen würde. Und trotzdem war in der Mannschaft eine gewisse Nervosität spürbar. Es war noch nicht das perfekte Spiel, aber der Erfolg ist letztlich das Wichtigste.
Im Vorfeld stand in erster Linie zur Debatte, die eigenen Emotionen unter Kontrolle zu halten. War der Schlüssel, diesen Job souveräner erledigt zu haben als der angespannte Kontrahent?
Das frühe Tor kam uns sicherlich entgegen. Dennoch investierten wir in der Folge zu wenig. Wir haben Albanien wieder aufkommen lassen. In jener Phase, als sie den Startschock zu verdauen hatten, wäre mehr möglich gewesen.
Denken Sie dabei an die über 54-minütige Überzahlgelegenheit?
Der Platzverweis spielte uns eigentlich in die Karten. Wir erspielten uns sofort zwei, drei gute Chancen und hätten noch vor der Pause 2:0 oder 3:0 führen müssen.
Wo orten Sie Steigerungspotenzial?
Wir können uns grundsätzlich in allen Belangen steigern – ausser vielleicht ganz hinten auf der Goalieposition. Yann ist für mich ein Weltklasse-Torhüter. Die beiden Möglichkeiten der Albaner hätten wir allerdings gar nicht zulassen dürfen; wir müssen uns in diesem Bereich besser abstimmen. Und vorne wäre das eine oder andere Tor mehr möglich gewesen.
Die Tendenz stimmt für Sie aber?
Der Kurs stimmt, mit dem Sieg legten wir die Richtung fest. Aber uns ist bewusst, dass wir noch mehr bieten müssen, wenn wir an diesem Turnier etwas erreichen wollen.
Der Startsieg wurde von einigen Kommentatoren sehr nüchtern beurteilt. Verstehen Sie den zurückhaltenden Zuspruch?
Wir haben definitiv gemacht, was von uns verlangt worden ist. Auf uns lastete ein erheblicher Druck; dem standhalten zu können, ist nicht selbstverständlich. Diesen Aspekt müsste man in der Beurteilung dann schon auch einmal positiv erwähnen.
Nochmals zurück zu Ihrer Performance. Sechs Tore in 21 Länderspielen, Ihre Quote ist für einen Innenverteidiger aussergewöhnlich. Worauf basiert Ihr Mut zum offensiven Risiko?
Es fällt mir schwer, das selber zu beurteilen. Bei meinen Toren spielt die Risikobereitschaft keine allzu grosse Rolle. Nicht selten schalte ich mich ja bei Standardsituationen ein – das kommt in vielen anderen Mannschaft auch vor.
Aber das Timing muss bei einer derart guten Offensivquote passen. Sie haben «le nez», wie man in Frankreich sagen würde, das gute Näschen für Zeit und Raum.
Oftmals spielt auch das Glück eine Rolle, am richtigen Ort zu stehen. Ich bin zudem darauf angewiesen, dass die Vorarbeit stimmt, die Länge des Zuspiels passt. Am Samstag kam der Ball von Shaq super genau, ich löste mich, der Verteidiger rutschte ein bisschen weg, ich war relativ frei.
Sie haben eine relativ turbulente Saison mit Hoffenheim hinter sich. Was könnte das entscheidende Tor beim erst zweiten EM-Erfolg der Schweiz bei Ihnen auslösen?
Primär bin ich froh, einen Beitrag fürs Team geleistet zu haben. Das Tor hilft sicherlich auch mir. Der Treffer tut mir persönlich sehr gut, nach einem extrem schwierigen Jahr, in dem ich viel einzustecken hatte, wieder mal ein Highlight erleben zu dürfen.(pre/sda)