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Wie Hulk Hogan das Wrestling auf eine Weltbühne hievte

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Das war sein Ding: Der Hulkster zerreisst sein Shirt.Bild: www.imago-images.de

Wir dachten, Wrestling sei echt und Hulk Hogan der Grösste

Nie war die Darstellung «Gut gegen Böse» einfacher als in den 80er-Jahren. Wrestling schwappte damals auch in Schweizer Kinderzimmer – und Hulk Hogan war das absolute Zugpferd.
25.07.2025, 11:3925.07.2025, 14:46
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Dieser beissende Geruch! So beginnt meine erste Erinnerung an Wrestling – eine olfaktorische Zeitreise in die 80er-Jahre. In der Wohnung unserer Nachbarn lag stets ein schwerer Zwiebel- und Knoblauch-Duft in der Luft, der für uns Kinder damals völlig ungewohnt war.

Hatten wir Buben die kleine Küche, diese Eiger-Nordwand, durchstiegen, waren wir im Himmel angelangt. Denn die Familie besass eine Satelliten-Antenne und einen Videorekorder. So kam sie – und mit ihnen auch wir – in den Genuss von Wrestling. Selbst wenn unsere Mutter mit der Gewalt im TV ihre liebe Mühe hatte.

Wir staunten über den dicken Yokozuna und schauten ehrfürchtig dem riesigen André the Giant zu. Wir verachteten den «Million Dollar Man» Ted DiBiase und riefen laut «U! S! A!» mit, wenn Hacksaw Jim Duggan mit einer Holzlatte und der US-Flagge den Ring bestieg. Und zumindest mir gefror das Blut in den Adern, wenn Jake «The Snake» Roberts nach einem gewonnenen Kampf seine Schlange aus dem Sack holte und sie über den besiegten Gegner kriechen liess.

Video mit vielversprechendem Titel: «Top 125 WWE Superstars of the 1980s».Video: YouTube/Golden Wrestling

Dass beim Wrestling alles nur gespielt ist, wie manche das behaupteten, kümmerte uns als Unter- und Mittelstüfler nicht. Wir sahen schliesslich mit den eigenen Augen, dass alles echt war.

Und der König von jeder Videokassette, die Hassan und Levent in den Rekorder schoben, war ein eingeölter Muskelprotz mit weissblondem Resthaar und Hufeisenschnauz, der seine Kraft vor einem Kampf demonstrierte, indem er sein gelbes Shirt zerriss. Sein Name: Hulk Hogan.

Er war Mister America, der Hollywood Hogan, die Hulk Machine. Ihm konnte keiner das Wasser reichen. Für die World Wrestling Federation (WWF) wurde er das grosse Zugpferd. In den USA füllte der Kämpfer die grössten Stadien.

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Der Hulkster macht die Fans glücklich.Bild: www.imago-images.de

Höhepunkt war 1987 WrestleMania III im Pontiac Silverdome, wo später Georges Bregy sein berühmtes Freistosstor an der Fussball-WM 1994 schoss. Hulk Hogan stand mit André the Giant im Ring. In einem epischen Kampf musste Hogan erst einstecken. Er wankte, doch er fiel nicht.

Vielmehr pumpte sich Hogan auf, schien von irgendwoher neue Kraft zu erhalten. Ein untrügliches Zeichen, dass eine Wende bevorstand: Hogan riss die Augen weit auf. Und tatsächlich schaffte er das Unmögliche: Er wuchtete den Giant, diesen Berg von Mensch, in die Höhe und warf ihn mit einem Slam zu Boden.

93'000 Fans im Stadion sprangen begeistert von ihrem Sitz auf – und in einer Stube viele tausend Kilometer entfernt fieberten (Wochen oder Monate später) vier Jungs mit und glaubten, Zeugen eines Wunders zu sein.

The Slam Heard Around the World: Hulk Hogan besiegt André the Giant.Video: YouTube/WWE

Selbst mit dem heutigen Wissen, dass Wrestling-Kämpfe einstudiert sind und ihr Ausgang schon vor Beginn feststeht (irgendwann sahen wir ein, dass an dieser Behauptung etwas dran war), lässt sich sagen: Dieser Kampf war beste Unterhaltung. So wie es das Wrestling damals überhaupt war.

Der Kalte Krieg zwischen Ost und West, zwischen Kapitalismus und Sozialismus, war für Knirpse wie uns nichts weiter als ein Begriff, den man aufschnappte, wenn im Radio die Nachrichten liefen. In den USA, dem Synonym für den Westen, war das natürlich anders und das dortige Publikum war die Zielgruppe, die die WWF-Bosse erreichen wollte.

Das schafften sie, indem sie Charaktere so gnadenlos überzeichneten, dass es aus heutiger Sicht geradezu lächerlich wirkt. «The Iron Sheik», der einen iranischen Scheich darstellte, war ebenso Buhmann wie Nikolai Volkoff, der als böser Sowjetrusse angekündigt wurde. Die WWF liess ihn vor Kämpfen die sowjetische Hymne singen und von den Fans auspfeifen. Die amerikanischen Fans hassten ihn – weshalb Volkoff zuverlässig Matches gegen beliebte Kämpfer erhielt. Nichts verkauft sich besser als die Affiche Gut gegen Böse.

In dieser simpel gestrickten Welt verkörperte Hulk Hogan das Gute. Wenn der Champion mit seinem Gürtel zu «Real American» den Ring betrat, war das ein perfekter US-Moment, als ob eine Coca-Cola-Flasche einen Colt heiraten würde, getraut von einem verkleideten Elvis in Las Vegas. Natürlich dankte Hogan nach Triumphen fleissig Gott, der ihm dabei geholfen hatte.

The Real American: Hulk Hogan.Video: YouTube/XxCrusherOwnsAllxX

Wir begriffen sehr wohl, welchen Status Hulk Hogan hatte. Er war die unangefochtene Nummer 1. Unser Liebling war er trotzdem nicht. Vielleicht gewann der Hulkster einfach zu oft, vielleicht waren die Gimmicks anderer Wrestler für uns einfacher zu verstehen. Ein Fiesling, der eine Schlange über seinen Gegner kriechen liess – das verstand auch ein unbedarfter Schweizer Bube.

Die Nachbarn zogen einige Strassen weiter, wir wurden älter. Zwar zappte ich auch später noch manchmal rein, als Wrestling im Fernsehen übertragen wurde. Doch Undertaker, Bret «The Hitman» Hart oder Stone Cold Steve Austin kamen nicht an die Generation um Hulk Hogan heran, selbst wenn die WWF, die sich heute WWE nennt, ein Milliarden-Dollar-Business ist. Die 80er-Jahre waren vorbei und mit ihnen das schillerndste Jahrzehnt dieser Showkämpfe.

Terrence Gene Bollea, der Mensch hinter der Kunstfigur Hulk Hogan, ist drei Wochen vor seinem 72. Geburtstag in Florida gestorben.

Mehr über Hulk Hogan und über die Schattenseiten seines Lebens:

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Hulk Hogan ist tot – Rückblick auf ein Leben im Rampenlicht und seine Schattenseiten
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65 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Janster
25.07.2025 12:22registriert März 2021
Ich bin auch ein Kind der 80er Jahre, habe den Hype nie verstanden. Klar das war ne grosse Show, aber ich bin nie damit warm geworden.
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raab23@gmail.com
25.07.2025 12:32registriert Mai 2022
Als Künstler und showman einer grösster seiner Zeit, als privatperson oder intellektueller weniger.
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DerSeher
25.07.2025 12:11registriert März 2014
"The Undertaker" war immer mein Favorit! Als er Yokozuna in einen überdimensionalen Sarg verfrachtete, unvergessen der Kampf!
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