Am frühen Sonntagmorgen Schweizer Zeit steht in Las Vegas der mit Spannung erwartete Rückkampf zwischen WBC-Schwergewichts-Weltmeister Deontay Wilder und Tyson Fury im Programm. Vor 14 Monaten hatte der Kampf in Los Angeles unentschieden geendet.
Spektakulär war im ersten Fight vorab die 12. und letzte Runde, als Fury von Wilder niedergeschlagen wurde und sich zur Verblüffung aller Beobachter wieder aufrappeln konnte und danach gleich in den Gegenangriff überging. Auch deshalb ist diese Revanche der aktuell am meisten versprechende Kampf auf Schwergewichts-WM-Level.
Sowohl der als leichter Favorit gehandelte amerikanische Titelhalter Wilder als auch der englische Herausforderer Fury sind als Profi nach wie vor unbesiegt. Wilder feierte bei einem Kampfrekord von 42 Siegen und einem Remis beeindruckende 41 vorzeitige Erfolge. Fury hält bei 29 Siegen (20 vorzeitig) und einem Remis. Beide gewannen seit ihrem ersten Duell zwei weitere Kämpfe, wenn auch Fury zuletzt weniger überzeugend.
Auf der finalen Pressekonferenz vor ihrem Rückkampf legten Wilder und Fury ihre bisherige Zurückhaltung gegenüber einander ab und zeigten sich ziemlich angriffslustig. Zu einer Flut von Drohungen und Beleidigungen, bei denen Wörter wie «Pussy», «Penner» und «Schlampe» noch zu den weniger obszönen Ausdrücken gehörten, versicherten beide Kontrahenten, dem jeweiligen Gegenüber keine Chance lassen zu wollen. Nach einer Anstachelung Furys verlor Wilder sogar komplett die Fassung, packte den Briten an seiner Jacke und schubste ihn von sich.
«Ich bin überzeugt, dass ich Fury vor dem Rückkampf schlaflose Nächte bereitet habe. Denn im ersten Kampf hatte ich ihn zweimal niedergeschlagen und ihm eine Hirnerschütterung zugefügt. Und ich werde es wieder tun. Nur wird er diesmal nicht mehr aufstehen können», kündigt der 34-jährige Wilder an.
Der stets austrainiert wirkende Wilder verniedlicht Furys Schlaghärte. «Ich fühlte auch nach dem ersten Fight nie Schmerzen nach seinen Treffern. Fury ist ein Boxer, der sich im Ring gut bewegt, aber keine Power hat.»
Fury: "You’re the 3rd best heavyweight in the world!"
— Boxing on BT Sport 🥊 (@BTSportBoxing) February 19, 2020
Wilder: "Who’s number 2?"
Fury: "Yo momma!"
😂😂😂 pic.twitter.com/AA9c1cZpKW
Dies kontert der 2.06-m-Gigant Fury, der von vielen Experten als Gewinner betrachtet worden war: «Er hat mich mit seinen besten Schlägen voll am Kinn erwischt und ich bin dennoch wieder aufgestanden. Wladimir Klitschko hatte mehr Dampf in den Fäusten als Wilder.»
Allerdings, so der fünffache Familienvater Fury weiter, kämen die Schläge des schlaksigen Wilder (2.01 m) schnell. Der 31-jährige Fury hatte im November 2015 den damaligen Langzeit-Weltmeister Klitschko mit einem überzeugenden Punktsieg entthront. Der Weg zum Erfolg über Wilder wird für Fury darüber führen, dessen rechte Schlaghand zu erahnen, diese zu vermeiden und zu kontern. Fury will im Rückkampf den Knockout.
Fury strebt deshalb einen Strategiewechsel an. Er will beim Rückkampf «Feuer mit Feuer» bekämpfen. Er möchte sich nicht mehr nur auf sein boxerisches Können verlassen, sondern aus allen Distanzen mitschlagen. Genau dies könnte für ihn selbst indes gefährlich sein, urteilen Experten.
Fury hat zwecks seiner Strategieänderung auf den Rückkampf hin einen Trainerwechsel vollzogen. Anstelle von Ben Davidson zeichnet neu Javan ‘Sugarhill’ Steward, der Neffe der vor einigen Jahren verstorbenen Trainer-Legende Emanuel Steward (ex-Coach von Wladimir Klitschko), für die Ring-Performance verantwortlich. «Wir wollen uns nicht auf die Punktrichter verlassen», kündigte Steward an.
Der Fight steht im MGM Garden im Programm, wo unter anderem am 5. November 1994 eine der grössten Sensationen der Boxgeschichte geschrieben wurde. George Foreman entthronte seinerzeit im Alter von 45 Jahren und 10 Monaten den fast zwei Jahrzehnte jüngeren Michael Moorer durch K.o. in der 10. Runde und avancierte zum zweiten Mal nach 1973/1974 zum Schwergewichts-Weltmeister. (pre/sda)