Im weltweiten Fussball-Business läuft derzeit vieles so schief, wie es nur schief laufen kann. Weltstars wechseln für viel Geld nach Saudi-Arabien, um dort Werbepuppen des Regimes zu sein. Die FIFA veranstaltet die WM 2030 auf drei Kontinenten und bringt den wichtigsten Sportevent der Welt vier Jahre später ebenfalls zu den Saudis. Die besten Fussballspiele Europas verschwinden immer mehr hinter immer teurer werdenden Pay-TV-Abos und die Kader der Schweizer Super-League-Klubs werden gefühlt alle drei Jahre komplett erneuert. Die Liste liesse sich beliebig erweitern.
Wer hätte da gedacht, dass ausgerechnet eine Trennung wie Balsam auf die verletzte Fussball-Seele ist?
Dass Urs Fischer sein Amt als Cheftrainer bei Union Berlin nach fünf äusserst erfolgreichen Jahren abgeben muss, schmerzt zwar. Aber wie der Klub und der 57-jährige Schweizer diese Trennung handhaben, ist im modernen Fussball-Business wirklich erfrischend.
Es war uns eine Ehre. ❤️🤍 pic.twitter.com/3dLZiMf01V
— Danke, Urs und Hoffi! (@fcunion) November 16, 2023
Es gibt keine Misstöne, kein Nachtreten oder verbitterte Aussagen. Stattdessen überwiegt das Bedauern und die Trauer, dass die lange so erfolgreiche Zusammenarbeit in dieser Saison nicht mehr funktioniert. Der gegenseitige Respekt und die Dankbarkeit sind spürbar. Die Bilder, wie sich Fischer nach einem letzten gemeinsamen Frühstück mit Mannschaft und Belegschaft auf dem Vereinsgelände von Union von allen Mitarbeitenden der Klubs verabschiedet, bewegen.
Ein Champions-League-Teilnehmer trennt sich von seinem Trainer und würdigt diesen noch Tage später in den sozialen Medien. Das hat es so wohl noch nie gegeben. Der Account des Klubs auf X (ehemals Twitter) ist auch heute noch in «Danke, Urs und Hoffi!» umbenannt. Fischer und auch sein Assistent Markus Hoffmann haben Tränen in den Augen, als sie sich ein letztes Mal an die Union-Fans wenden.
Emotionaler Abschied von zwei tollen Menschen. Nur das Beste für euch. 🫶 pic.twitter.com/GKAmnXR14v
— Danke, Urs und Hoffi! (@fcunion) November 16, 2023
Zu sagen, dass einem diese Trennung den Glauben an die Menschheit zurückgibt, ist vielleicht etwas gar übertrieben. Aber echte Liebe und echte Dankbarkeit sind im schnelllebigen Fussball von heute so selten geworden, dass selbst diese eigentlich unbefriedigende Situation der Seele der Fussballromantiker guttut.