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WM 2023: Warum das dümmste «Argument» gegen Frauenfussball nicht zählt

Switzerland's forward Ana Maria Crnogorcevic, right, and Switzerland's defender Viola Calligaris, left, celebrate after the FIFA Women's World Cup 2023 soccer match between Switzerland  ...
Viola Calligaris und Ana Maria Crnogorcevic feiern den Schweizer Vorstoss in die Achtelfinals.Bild: keystone
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Warum das dümmste «Argument» gegen Frauenfussball nicht zählt

Die Schweiz hat sich an der Fussball-WM der Frauen für die Achtelfinals qualifiziert. In drei Spielen hat sie kein einziges Gegentor kassiert. Aber weil in der Offensive noch Luft nach oben ist, sieht sich die Nati trotzdem einmal mehr mit unsachlicher Kritik konfrontiert.
30.07.2023, 16:3930.07.2023, 17:11
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Frauen spielen Fussball gegen Frauen.

Männer spielen Fussball gegen Männer.

Um dieses Prinzip zu verstehen, muss man nicht besonders viel Ahnung vom Sport haben. Und doch scheinen Heerscharen von Fussballfans und Kommentarschreibern mit ebendiesem Prinzip ihre Mühe zu haben.

Denn wann immer über Frauenfussball berichtet wird, fällt eine Bemerkung so sicher wie das Amen in der Kirche. Und wie in einem katholischen Gottesdienst kommt dieses Amen immer und immer wieder:

«Aber jedes viertklassige Männer-Team würde die Frauen-Nati imfall locker schlagen!»

Ja und?! Selbst wenn das stimmen würde: Wen juckt das?

Schauen Ski-Fans etwa keine Frauenrennen, weil Wendy Holdener in einem Männerslalom keine Chance hätte? Wird bei jedem Erfolg der Sprinterin Mujinga Kambundji penetrant darauf hingewiesen, dass sie über 100 Meter mehr als eine Sekunde länger braucht als die schnellsten Männer der Welt?

Die Leichtathletin und schnellste Sprinterin der Schweiz, die Bernerin Mujinga Kambundji, rechts, und Skirennfahrerin Wendy Holdener nehmen am Empfang fuer die Schweizer Medaillengewinnerinnen und -ge ...
Empfang im Bundeshaus: Wendy Holdener (links) und Mujinga Kambundji.Bild: keystone

Das sind rhetorische Fragen. Frauen tragen Skirennen gegen andere Frauen aus und Frauen sprinten gegen andere Frauen. Mit Ausnahme weniger Sportarten wie etwa Springreiten führen Verbände Wettkämpfe für zwei Geschlechter durch (wobei gerade intensiv besprochen wird, wie diese Geschlechter definiert werden sollen).

Es ist völlig belanglos, dass die Frauen-Nati vielleicht gegen den FC Bütschwil 2:6 verlieren würde oder ob das australische Nationalteam der Frauen einmal gegen U15-Junioren eine heftige Niederlage kassierte. Egal. Frauen müssen keine Männer schlagen.

Die Schweizer Frauen mussten sich in der Gruppenphase der WM 2023 gegen die Frauen von den Philippinen, die Ex-Weltmeisterinnen aus Norwegen und die Turnier-Co-Gastgeberinnen aus Neuseeland durchsetzen. Das schafften sie, auch wenn sie nicht in jedem Spiel während 90 Minuten Zauberfussball boten. Aber der Zweck hat im Fussball noch immer das Mittel geheiligt.

Nur damit wir uns richtig verstehen: Man darf natürlich Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfussball betonen. Es gibt diese Differenzen. Beim Körperspiel, bei der Technik, beim Tempo, bei der Taktik.

Swiss fans cheer before the Women's World Cup Group A soccer match New Zealand and Switzerland in Dunedin, New Zealand, Sunday, July 30, 2023. (AP Photo/Alessandra Tarantino)
Für diese beiden ist Frauenfussball kein Käse.Bild: keystone

Wer in seinem Leben schon hunderte oder tausende Männer-Spiele gesehen hat, kann nicht unvoreingenommen ein Frauenspiel anschauen. Automatisch beurteilt sie oder er Schüsse, Pässe oder Zweikämpfe. So ist der Mensch: Er vergleicht ständig alles. Darum wird auch weiterhin darüber gestritten werden, ob es Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfussball gibt und ob eine der Kategorien «besser» ist.

Darüber kann sachlich argumentiert werden. Aber bitte nicht mit dem Einwurf, dass jedes Junioren-Team eine Frauen-Nati schlagen würde. Dieser Vergleich von Äpfeln mit Birnen hat nur etwas Gutes: Bringt ihn jemand, weiss ich wenigstens, dass es an der Zeit ist, das Gesprächsthema zu wechseln.

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Die Nati-Noten nach dem 0:0 gegen Neuseeland
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Die Nati-Noten nach dem 0:0 gegen Neuseeland
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quelle: keystone / andrew cornaga
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232 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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DäPublizischt
30.07.2023 17:07registriert Dezember 2016
Ich persönlich schaue die WM gerne, verstehe aber das Argument, dass der Fussball nicht so attraktiv anzuschauen ist. Das könnte daran liegen, dass das Spiel nicht an die Frauen angepasst wurde, beispielsweise bei der Grösse des Spielfelds.

Wendy Holdener muss auch nicht mit Männerskiern um die Stangen kurven und Volleyball wäre bei Frauen auch deutlich weniger spannend, wenn sie mit einem Netz auf Männerhöhe spielen müssten.

Vielleicht würden Anpassungen auch den Fussball agiler und spannender machen.
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Tom Brady
30.07.2023 17:01registriert Januar 2019
Dieses „dumme“ Argument existiert, weil viele Fussballerinnen gleiche Bezahlung fordern.

Und auch Fussballerinnen dürfen kritisiert werden. Das Niveau ist oftmals, sorry, unterirdisch!
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ursus3000
30.07.2023 17:06registriert Juni 2015
Gibt es Argumente für oder gegen Frauenfussball? Soll doch jeder machen was er/sie will. Mache ich ja auch. Ich schaue weder Männer noch Frauenfussball
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