Pia Sundhage ist eine sehr freundliche Frau. Aber nach dem Schlusspfiff zeigt die Schweizer Nationaltrainerin für einmal Emotionen. Die acht Minuten Nachspielzeit, die die Schiedsrichterin anhängen liess, hält sie für viel zu wenig.
Der Grund für Sundhages Ärger: Norwegens Zeitspiel. Mal blieb eine Spielerin länger als nötig liegen, mal ging die Torhüterin vor einem Abstoss im Kopf das Alphabet durch, bis sie den Ball nach vorne schlug und mal fragte eine Norwegerin lieber drei Mal nach, ob ganz sicher sie ausgewechselt werde. Alles mit der Absicht, Sekunden herauszuholen, die sich zu Minuten zusammenläppern.
Zeitspiel nervt – in jedem Fussballspiel. Norwegens Verhalten legt schonungslos offen, dass Frauen auf dem Fussballfeld eben nicht automatisch anders ticken als Männer, wie das seit Jahr und Tag von Spielerinnen, Funktionären und auch Journalisten behauptet wird.
An der EM geht es um viel. Und wo es um viel geht, wird gerne auch zu halblegalen Mitteln gegriffen, um den Sieg abzusichern. Das Zeitspiel ist im Graubereich zwischen Unsportlichkeit und Regelwidrigkeit angesiedelt. Bis es bestraft wird, wird erst lange ermahnt – und wenn es dann bestraft wird, nützt dem Gegner die Gelbe Karte nicht wahnsinnig viel. Dafür dem auf Zeit spielenden Team, weil die Schiedsrichterin den Namen der Sünderin auf ihrem Blöckli notieren muss.
Allzu sehr sollte man sich trotzdem nicht über Zeitspiel aufregen. Jede Mannschaft, die versucht, eine Führung über die Ziellinie zu retten, macht es. Manche auffälliger, andere etwas weniger. Die Mätzchen gehören zu einem Fussballspiel und werden erst an dem Tag verschwinden, wenn die Uhr wie in anderen Sportarten bei jedem Unterbruch angehalten wird.
Man kann den Norwegerinnen sogar dankbar sein. Denn vor den Augen einer grossen Öffentlichkeit – wahrscheinlich wurde in der Schweiz noch nie ein Fussballspiel der Frauen von so vielen Menschen gesehen – räumten sie mit dem Mythos auf, dass Frauenfussball viel fairer ist als jener der Männer.
Das ist eine gute Nachricht für die Frauen. Ihr Fussball hat es nämlich gar nicht nötig, idealisiert zu werden, um ernst genommen zu werden.
Und ich finde, auch bei den Männern, dass die Schiris, wenn sie es ja bereits wissen, zu Beginn den Tarif durchgeben und dann wird noch einmal ermahnt, danach gibt es Karten und zwar schonungslos für jeden/jede.
Genau das Gleiche mit dem liegenbleiben, vor allem bei den Männern ein Problem.
Und ja dann fliegt halt mal jemand vom Platz deswegen, aber nur so lernen es die Teams.