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Bundesliga: Wie der BVB immer mehr zum schlechten Verlierer wird

epa09622051 Dortmund players argue with referee Felix Zwayer (2-L) during the German Bundesliga soccer match between Borussia Dortmund and FC Bayern Muenchen in Dortmund, Germany, 04 December 2021. EP ...
Die Dortmunder diskutieren mit Schiedsrichter Felix Zwayer.Bild: keystone
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«Der Schiri ist schuld» – wie der BVB immer mehr zum schlechten Verlierer wird

Dortmund hat das Spitzenspiel gegen die Bayern mit 2:3 verloren. Im BVB-Lager ist man sich allerdings einig: Schuld an der Niederlage trägt der Schiedsrichter. Mit dieser Attitüde hat Dortmund nicht nur das Spiel verloren, sondern auch viel Respekt.
06.12.2021, 10:3907.12.2021, 09:15
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Was war das für ein fantastisches Spitzenspiel in der Bundesliga am Samstag zwischen Borussia Dortmund und Bayern München. Die beiden Superstars Erling Haaland und Robert Lewandowski haben getroffen, insgesamt gab es in einem schnellen und intensiven Spiel fünf Tore zu bejubeln.

Am Ende wird aber ausschliesslich über Schiedsrichter Felix Zwayer gesprochen. Denn bei Borussia Dortmund ist man sich einig, dass der Unparteiische Schuld an der Niederlage trägt.

Im Fokus stehen zwei Penalty-Situationen, die gegen Dortmund und für die Bayern entschieden wurden. In der 54. Minute geht Reus nach einem Laufduell mit Hernandez zu Boden, kriegt den Elfmeter trotz Berührung jedoch nicht. Dass es bei der Szene korrekt war, nicht auf Elfmeter zu entscheiden, erklärt Dr. Jochen Drees, fachlicher Projektleiter für den Bereich Video-Assistent, gegenüber dem Deutschen Fussballbund (DFB) – es lag vor der Szene eine Abseitsposition von Erling Haaland vor.

«Bei diesem Laufduell kommt es zu einem Oberkörperkontakt und einem leichten Schieben durch den Münchner Spieler. Einen ‹Treffer› im Fussbereich gibt es hier nicht. Auch hier hat der Schiedsrichter und insbesondere auch der Schiedsrichter-Assistent eine vollständige Wahrnehmung und Kontrolle über den gesamten Vorgang. Der Zweikampf wird als nicht strafwürdig bewertet. Da sich die Information der vorliegenden Bilder nicht von der Wahrnehmung des Schiedsrichters unterscheiden, handelt es sich um eine reine Bewertungsfrage, die der Schiedsrichter auf dem Platz treffen muss.

Entscheidend in dieser Szene ist aber auch, dass sich der Spieler Haaland in der Eröffnung der Angriffssituation mit einem Fuss im Abseits befindet, sodass die nachfolgende Bewertung der Zweikampfszene für den VAR regeltechnisch keine Rolle mehr spielt. Das bedeutet, dass selbst bei einer strafbaren Bewertung des Zweikampfes dieser Strafstoss aufgrund der Abseitsstellung des Dortmunder Angreifers durch den VAR korrigiert worden wäre.»

In der 75. Spielminute kommt es zu einer weiteren Szene, welche die BVB-Gemüter kochen lässt. Nach einer unkontrollierten Aktion von Mats Hummels entscheidet Zwayer nach Konsultation des VAR auf Handspenalty, den Lewandowski anschliessend zum 3:2-Sieg verwandelt.

Die Penalty-Szene.Video: streamja

Schiri-Experte Drees sagt dazu, dass man das Handspiel durchaus als strafbar ahnden könne, auch wenn es eine Auslegungssache sei. «Bei der Frage der fachlichen Bewertung des Handspiels im Zusammenhang mit der grosszügigen Linie bei der Bewertung der geschilderten Zweikampfsituationen sind die im Nachgang aufkommenden Fragen, ob die fachliche Bewertung unauslegbar strafbar sein muss, für mich aber auch nachvollziehbar. Betrachtet man die Situation trotzdem losgelöst, ist die Bewertung eines strafbaren Handspiels und somit eines Strafstosses korrekt.»

Die Entscheidung auf Handspenalty war für BVB-Trainer Marco Rose überhaupt nicht nachvollziehbar. Er beschwerte sich derart lautstark, dass er die gelb-rote Karte sah und die Coachingzone verlassen musste. Nach der Partie teilten die Dortmunder dann so richtig aus in Richtung Felix Zwayer.

«Der Schiedsrichter war ein Skandal. Er war arrogant, es war kein gutes Spiel von ihm.»
Erling Haaland
«Das ist schade, dass so ein Scheiss-Elfmeter das Spiel hier entscheidet, wir reden hier wieder über den Schiedsrichter, es war in der Vergangenheit leider ein bisschen zu oft so, gegen Bayern, für Bayern. Das ist einfach nur schade, das muss sich ändern.»
Emre Can

Definitiv einen Schritt zu weit war Jude Bellingham im Interview mit dem norwegischen Fernsehen gegangen. «Du gibst einem Schiedsrichter, der schon in Spielmanipulationen verwickelt war, das grösste Spiel in Deutschland. Was erwartest du?», fragte der 18-jährige Engländer. Er bezog sich auf die Causa Hoyzer vor 16 Jahren, als Felix Zwayer für mehrere Monate gesperrt wurde. Zwayer gilt allerdings längst als rehabilitiert.

Wie die «Bild» berichtet, ermittelt der DFB nun wegen Beleidigung, Nachrede und Verleumdung gegen Bellingham. Der Youngster kriegt jedoch die Rückendeckung seines Klubs. So sagt BVB-Manager Michael Zorc: «Die Aussagen muss man sicherlich nicht so tätigen, aber Jude benennt auch Fakten. Wir stellen uns voll hinter den Jungen.» Ähnlich klingt es auch bei BVB-Boss Hans-Joachim Watzke: «Sein Satz ist nicht falsch, auch wenn er ihn nicht sagen muss.»

Was der BVB aus einer harten, aber keineswegs falschen Entscheidung macht, ist eine Hexenjagd auf den Schiedsrichter. Mittlerweile scheint das Lamentieren nach Niederlagen beim BVB zur Tradition geworden zu sein. Bereits bei der 1:3-Niederlage in der Champions League gegen Ajax stand die zu harte Rote Karte gegen Mats Hummels im Zentrum. Dabei sollte man sich bei Dortmund in der Analyse eher darum kümmern, weshalb bereits das Hinspiel in Amsterdam 0:4 verloren ging oder weshalb man auch gegen Sporting Lissabon mit 1:3 verloren und damit die K.o.-Phase der Champions League verpasst hat.

Der BVB wirkt durch das Verhalten seiner Akteure und der Führungsetage ziemlich weinerlich. In der Champions League ist man wegen des Platzverweises gegen Hummels gescheitert, in der Bundesliga liegt man wegen Zwayer nun vier Punkte hinter den Bayern. Als gäbe es eine Verschwörung gegen Schwarz-Gelb.

Marco Reus ist unzufrieden mit Zwayer.
Marco Reus ist unzufrieden mit Zwayer. bild: imago

Wenn ein Spieler öffentlich die Integrität eines Schiedsrichters anzweifelt, sind wir an einem gefährlichen Punkt angekommen. Egal ob da noch Emotionen im Spiel sind, Jude Bellingham hat eine Grenze überschritten. Dass er dabei noch vom Verein gestärkt wird, macht die Sache umso bedenklicher.

Am Wochenende hat der BVB damit nicht nur den Anschluss an die Bayern verloren, sondern auch eine ganze Menge Respekt.

Ach ja, auch ich wünsche mir endlich mal wieder einen anderen Meister als Bayern. Der Schiedsrichter ist aber nicht dafür verantwortlich, dass die Münchner die Bundesliga seit Jahren dominieren. Auch wenn sich das der eine oder andere Fan einreden möchte.

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79 Kommentare
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Tomáš Rosický
06.12.2021 12:01registriert August 2020
Es gab übrigens auch noch ein womöglich strafbares Handspiel von Davies im Strafraum sowie das klare Foul von Lewandowski an Haaland, das zumindest sehr nah an der Strafraumkante war. Beides ungeahndet, beides auch nicht vom Keller in Köln überprüft. Alles in allem einfach eine schlechte Schiedsrichterleistung. Auch gilt Zwayer keineswegs als rehabilitiert, weder in Fankreisen noch unter deutschen Schiedsrichtern. Zudem würde ich, lieber Sandro, dich gerne mal sehen, wie du reagierst, wenn sowas in der Art bei deinem Juventus passiert wäre.
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Apfel Birne
06.12.2021 11:26registriert April 2017
„Wenn ein Spieler öffentlich die Integrität eines Schiedsrichters anzweifelt, sind wir an einem gefährlichen Punkt angekommen.“

Viel gefährlicher ist, wenn ein Schiedsrichter, der Geld angenommen hat und zu den schlechtesten Bundesliga Schiedsrichtern gehört immer wieder die Top-Spiele pfeifen darf…
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HabbyHab
06.12.2021 10:52registriert Oktober 2014
"Beleidigung, Nachrede und Verleumdung " - er hat nur die Wahrheit gesagt. Und der Schiedsrichter hätte gar nie auf diesem Niveau pfeiffen dürfen.
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