Die letzten Wochen von Mats Hummels erinnerten an einen Boxkampf. Dabei kassierte der Bayern-Verteidiger ziemlich mies. Er fing sich konstant Schläge ein – die meisten davon in die Magengrube. Doch Mats Hummels schlug beim 5:0 des FC Bayern gegen den BVB zurück. Nicht nur mit einem Tor, sondern vor allem mit dem Anstand, den seine Kritiker oftmals nicht zeigen.
Die erste Schelle holte sich Hummels Anfang März von Bundestrainer Joachim Löw ab. Der sortierte den verdienten Weltmeister aus der Nationalmannschaft aus. Der FC Bayern flog anschliessend als «international nicht mehr Spitze» aus der Champions League und Borussia Dortmund überholte den Rekordmeister wieder in der Bundesliga-Tabelle. Grundlegender Tenor: «Die Bayern sind zu alt!» Als wären die sportlichen Tiefschläge nicht genug, stürmte ein hämischer «Hummels Song» die YouTube-Trends, sammelte weit über zwei Millionen Klicks und Fussball-Deutschland lachte über Zeilen wie «Du warst auch schon mal schneller».
Der in der Vergangenheit immer mal wieder schnell genervte und manchmal fast kritikunfähige Hummels reagierte auf das alles – für seine Verhältnisse – gelassen. Er kritisierte zwar das durchaus fragwürdige Vorgehen von Löw, schlug aber ruhige Töne an. «Unabhängig von der aus meiner Sicht schwer nachvollziehbaren sportlichen Entscheidung (die ich natürlich respektiere) stösst die Art und Weise bei mir auf Unverständnis», schrieb er unter anderem auf Twitter. Er antwortete gegen den BVB am Samstagabend – und zeigte, warum man den Innenverteidiger in der deutschen Nationalmannschaft vielleicht noch vermissen wird.
Im Spiel gegen seinen Ex-Verein stach Hummels in einer durchgehend überragenden Mannschaft des FC Bayern noch heraus. Der 30-Jährige traf nach einer Ecke von Thiago per Kopf zur frühen 1:0-Führung der Bayern. Damit erzielte er sein erstes Saisontor und traf somit in der 11. Bundesliga-Spielzeit in Folge mindestens einmal.
Besonders die Offensivpower erinnerte viele BVB-Fans daran, warum sie den Verteidiger am liebsten nie ziehen lassen hätten: Hummels kam offensiv immer wieder gefährlich vor den schwarz-gelben Kasten. In der ersten Hälfte schoss oder köpfte er öfter aufs Tor als die gesamte Mannschaft des BVB. Hinten stand er gegen harmlose Dortmunder solide. Sky-Experte Lothar Matthäus kürte ihn gleich nach der Partie sogar zum Spieler des Spiels.
4 - @matshummels (@FCBayern) gab vor der Pause 4 Torschüsse ab – mehr als der gesamte BVB (3). Absurd. #FCBBVB pic.twitter.com/GTEq5CYbHn
— OptaFranz (@OptaFranz) 6. April 2019
Was Hummels aber besonders ausmachte, war die Reaktion auf sein Tor. Denn Hummels jubelte bei seinem Tor nicht – aus Respekt für seinen ehemaligen Verein. Natürlich ist dieser Nicht-Jubel gegen den Ex im Fussball keineswegs neu, doch der ebenfalls vom BVB zum FC Bayern gewechselte Robert Lewandowski schien sich daran nicht zu stören und rutschte beim 2:0 zur Eckfahne. Und selbst Hummels hätte man einen grösseren Freudenschrei in so einem wichtigen Spiel nach all der Kritik nicht ganz verübeln können. Doch er tat es nicht.
Es war ein wenig auch der Respekt, den einige seiner Kritiker in den letzten Monaten vermissen liessen. Denn Hummels spielte zwar mitunter nicht mehr so gut, wie man es von ihm kannte, doch einen derartigen Abgesang wurde dem immer noch erst 30 Jahre alten Verteidiger auch nicht gerecht. Das kritisierte Hummels dann nach der Partie auch deutlich. «Seit der WM ist alles etwas komisch, da werden viele gute Sachen nicht gesehen und auf den schlechten rumgehackt», so der ehemalige Nationalspieler.
Hummels Münchner haben sechs Spieltage vor dem Saisonende nun einen Punkt Vorsprung auf den BVB – in dieser Verfassung werden sie sich ihre siebte Meisterschaft in Folge wohl kaum nehmen lassen. Ein bisschen feiern wollte Hummels dann auch auf der Party von Jérôme Boateng: «Ich schau' vielleicht vorbei. Das Wasser soll da nicht ganz so schlecht schmecken». Einen draufmachen wollte er aber nicht: «Aber wir haben noch viele Ziele dieses Jahr.» Wenn sie die erreichen, kriegt Hummels vielleicht ein bisschen weniger Schläge seiner Kritiker ab.
Dass man verdienten Nationalspielern nicht einfach so von jetzt auf gleich kündigt und ihnen ein würdevolles Abschiedsspiel organisiert, nun ja, Stil hatte Mister Ichriechmalimschritt ja noch nie...