Mujinga Kambundji würdigt Schwester Ditaji: «Das Schönste, was man ihr wünschen konnte»
Ditaji Kambundji sprintet in Tokio zum ersten WM-Gold einer Schweizer Leichtathletin. Während ihre Eltern Ruth und Safuka gemeinsam mit der Tante die Heldentat live im Olympiastadion von 2021 miterleben, schaut sich die hochschwangere Schwester Mujinga das Rennen bei ihrer Grossmutter Hanni Nafzer an.
Die Nervosität hält sich bei ihr erstaunlicherweise in Grenzen. Das hat einen Grund: «Ich war früher vor ihren Rennen nervöser. Ich habe inzwischen ein so grosses Vertrauen, dass sie es packen wird. Ich weiss, sie kann das gut und sie weiss, was sie zu tun hat. Sie hat ein megagutes Mindset.» Am nervösesten sei sie während des Rennens gewesen, als sie realisierte, dass Ditaji vorne liegt. «Aber das Schöne am Sprint ist, dass es dann schnell vorbei ist.»
Mujinga Kambundji hat ihrer zehn Jahre jüngeren Schwester diesen Coup durchaus zugetraut. Sie sagt, irgendwie habe sie innerlich damit gerechnet, «dass es mit dem perfekten Rennen möglich ist. Ich habe auch im Training gesehen, wie gut sie in Form ist. Ich habe vor zwei Tagen mit ihr telefoniert. Sie hat sich enorm auf den Wettkampf gefreut.» Aber man müsse es dann auch wirklich machen, denn es seien viele Athletinnen auf einem ähnlichen Niveau.
Am Abend nach dem Rennen haben die vier Geschwister dann miteinander telefoniert. Viel geredet wurde dabei allerdings nicht. «Man freut sich einfach gemeinsam und sagt, wie krass und cool das war», sagt Mujinga «Es ist enorm schön, wenn man die Erfolge mit der Familie teilen kann. Das habe ich bereits so erlebt und empfunden. Ich glaube, Didi realisiert noch immer nicht ganz genau, was ein solcher Weltmeistertitel im Sprint wirklich bedeutet – ich allerdings auch nicht.» Es benötige noch etwas Zeit, «bis sie zu 100 Prozent dort angekommen ist».
Spass auch bei extremen Drucksituationen
Es gebe wohl keinen passenderen Begriff als das Wort «unglaublich», um ihre Performance zu umschreiben. «Dass sie diese Leistung exakt in jenem Moment, der zählt, abrief und ihr bestes Rennen ablieferte, ist das Schönste, was man ihr wünschen konnte.»
Mujinga Kambundji verleiht der neuen Hürdenweltmeisterin den Ritterschlag und sagt über sie: «Didi ist ein Mensch, der sich nie Grenzen gesetzt hat. Sie hat nie gedacht, dass etwas für sie nicht erreichbar ist. Sie hat die Türe, die ich vor einigen Jahren behutsam geöffnet habe, nun aus den Angeln gehoben. Sie zeigt der nächsten Generation, dass wir Schweizerinnen genau so zu den Besten der Welt gehören und Titel gewinnen können.»
Wie aber haben die Kambundjis ihr beeindruckendes Erfolgsrezept gefunden? Die WM-Dritte von 2019 über 200 m denkt, dass sie beide diese Fähigkeit schon immer ein wenig in sich gehabt hätten. «Wir brauchen irgendwie diesen Druck, dass man bereit sein muss, wenn es um alles oder nichts geht. Diese extreme Drucksituation meistern zu können, muss einem Sportler auf eine gewisse Weise auch Spass machen und man muss sich selbst sehr gut kennen, um das richtige Mindset zu adaptieren.»
Das sei zweifellos eine Stärke von Ditaji. Ebenso beeindruckt ist die ältere Schwester aber von einer anderen Fähigkeit: «Ich finde es mega, dass sie es bei all diesen Erwartungen immer noch schafft, ein Stück weit unbeschwert zu sein. Das hilft ihr zweifellos, die entscheidenden Dinge abrufen zu können, wenn es zählt. Das hat man schon gespürt, als sie noch jünger war.»
