Sport
Leichtathletik

FINA: So sehen Regeln für trans Sportlerinnen in diversen Sportarten aus

FILE - University of Pennsylvania athlete Lia Thomas prepares for the 500 meter freestyle at the NCAA Swimming and Diving Championships, March 17, 2022, at Georgia Tech in Atlanta. World swimming
Der Fall von trans Schwimmerin Lia Thomas bewegte die Gemüter.Bild: keystone

Schwimmverband schränkt trans Frauen ein – so sieht es in anderen Sportarten aus

20.06.2022, 16:2820.06.2022, 17:25
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Die Debatte um die Teilnahme von Transmenschen bei sportlichen Wettkämpfen der Frauen ist eine, die die Gemüter erhitzt. Der Schwimm-Weltverband FINA hat gestern Abend diesbezüglich neue Regeln festgelegt: Nach diesen Regeln dürfen trans Frauen nur an Frauen-Wettbewerben teilnehmen, wenn sie ihre Geschlechtsangleichung bis zum Alter von zwölf Jahren abgeschlossen haben.

Die FINA hat zudem eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die an einer sogenannten «offenen» Wettkampfkategorie arbeiten soll. Damit fährt der Schwimm-Weltverband einen relativ radikalen Kurs – in anderen Sportarten gibt es mehr Graubereiche.

Leichtathletik

Neben der FINA ist der Welt-Leichtathletikverband (IAAF) jener, der sich schon am längsten öffentlich mit der Frage um die Teilnahmebedingungen von trans und intergeschlechtlichen Athlet*innen beschäftigt. Nach Diskussionen um die südafrikanische Mittelstreckenläuferin Caster Semenya legte die IAAF eine Testosteron-Höchstwert bei Frauen fest. Dieser beträgt 5 Nanomol pro Liter (nmol/l) Blut. Zum Vergleich: Bei der Mehrheit der cis Frauen (Personen mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen, die sich auch als Frau identifizieren) liegen die Werte zwischen 0,12 bis 1,79 nmol/l.

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Caster Semenya darf nicht mehr über 800 Meter starten, ohne sich einer Hormonbehandlung zu unterziehen.Bild: keystone

Frauen mit höheren Werten (wie bei Semenya) sollen diesen Wert sechs Monate lang mithilfe von Medikamenten auf 5,0 nmol/l senken und dürfen diesen Grenzwert danach nicht mehr überschreiten. Semenya klagte vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) gegen diesen Entscheid und verlor. Seither darf sie nicht mehr über ihre Lieblingsdistanz von 800 Metern starten.

Fussball

Aktuell gibt es im Fussball ebenfalls einen Testosteron-Höchstwert wie in der Leichtathletik. Die FIFA legte auch eine Obergrenze von 5 Nanomol pro Liter Blut fest, die über einen Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschritten werden darf.

Canada's Quinn leaves the field at the end of a women's soccer match against Chile at the 2020 Summer Olympics, Saturday, July 24, 2021, in Sapporo, Japan. (AP Photo/Silvia Izquierdo)
Quinn ist die erste nichtbinäre Person, die eine olympische Goldmedaille gewonnen hat – 2021 in Tokio mit der kanadischen Fussball-Nationalmannschaft der Frauen. Bild: keystone

Das soll sich aber ändern. Wie die «Mail on Sunday» am vergangenen Wochenende schrieb, plant die FIFA, die Testosteron-Obergrenze zu kippen und den Zugang für trans Athletinnen zum Profifussball zu vereinfachen. Jede Sportlerin, die sich als Frau identifiziert, solle Fussball spielen dürfen, sofern sie keine langfristigen Vorteile aus einer allfälligen männlichen Pubertät mitbringe. Ein unabhängiges Gremium von Medizinern, Rechtsexperten und Psychologen soll dabei jeden Fall individuell beurteilen. Der Vorschlag sei allerdings noch in der Entwurfsphase.

Tennis

Die Women's Tennis Association (WTA) lässt trans Frauen unter gewissen Bedingungen an Turnieren teilnehmen. Die Person muss sich dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen. Einmal bestätigt, kann die Identität auf der Tennistour für vier Jahre nicht mehr geändert werden.

epa09586296 Spanish tennis player Paula Badosa in action against Garbine Muguruza of Spain, during a match of the singles semifinal of the AKRON WTA Finals tournament, in Guadalajara, Mexico, 16 Novem ...
Auch auf der WTA-Tour gibt es Testosteron-Höchstwerte.Bild: keystone

Wie bei der Leichtathletik und beim Fussball gibt es auch im Tennis einen Testosteron-Höchstwert. Allerdings ist die WTA deutlich kulanter: Spielerinnen dürfen einen Wert von 10 Nanomol pro Liter Blut nicht überschreiten. Dies gilt ab 12 Monaten vor der ersten Teilnahme an einem WTA-Turnier und über die gesamte Fortdauer der WTA-Karriere. Transmenschen, die eine «female to male transition» durchmachen, und dafür in Hormonbehandlung sind, sind von jeglichen WTA-Turnieren ausgeschlossen.

Eishockey

Im Eishockey müssen trans Athletinnen vor einem Expertenpanel des Weltverbands (IIHF) beweisen, dass sie über die letzten zwölf Monate nie einen Testosteron-Wert von mehr als 5 Nanomol pro Liter Blut überschritten haben. Diesen Wert dürfen sie dann auch nicht überschreiten, solange sie an Wettbewerben der Frauen teilnehmen wollen.

Radsport

Der Welt-Radsportverband (UCI) hat unlängst eine Verschärfung der Regeln für trans Athletinnen angekündigt. Ab Juli liegt der Testosteron-Höchstwert neu bei 2,5 Nanomol pro Liter Blut statt wie bisher 5 Nanomol. Zudem hat die UCI auch die Zeitdauer verdoppelt, über die dieser Wert eingehalten werden muss. Statt wie bisher zwölf Monate müssen trans Athletinnen die 2,5 Nanomol pro Liter Blut über 24 Monate halten, um überhaupt für Radrennen der Frauen zugelassen zu werden.

Der trans Radrennfahrerin Emily Bridges droht aufgrund der neuen Richtlinien der Ausschluss von UCI-Wettbewerben.

Rudern

Der Weltruderverband hat klare Testosteron-Richtwerte für trans Frauen festgelegt. Eine Expertengruppe entscheidet bei intergeschlechtlichen Athletinnen im Einzelfall.

Rugby

Als einer der wenigen internationalen Sportverbände schliesst «World Rugby» trans Athletinnen kategorisch von der Teilnahme an den eigenen Wettbewerben aus. Der Weltverband begründet dies damit, dass Rugby eine Vollkontaktsportart sei, bei der schon ein erhebliches Verletzungsrisiko bestehe. Dieses werde noch vergrössert, wenn kleiner gewachsene cis Frauen mit trans Frauen kollidieren, da diese auch nach einer Hormontherapie von zwölf Monaten noch über mehr Muskelmasse und Kraft verfügen sollen.

IOC

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat unlängst überarbeitete Richtlinien für die Inklusion von trans Athlet*innen veröffentlicht. Darin legt das IOC unter anderem fest, dass der Testosteronwert alleine nicht ausreicht, um die Leistungsfähigkeit einer Athletin oder eines Athleten zu definieren. Zudem wird davon abgeraten, Sportlerinnen zu Hormontherapien zu zwingen, um einen Höchstwert nicht zu überschreiten, da dies grosse Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit habe.

Um eine faire Ausgangslage zu schaffen, seien die internationalen und nationalen Sportverbände angehalten, Kriterien zu schaffen, die nicht auf invasiven Vorgängen, sondern auf wissenschaftlichen Fakten beruhen. (abu)

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79 Kommentare
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insert_brain_here
20.06.2022 16:53registriert Oktober 2019
Ein sehr schwieriges Feld. Während es üblicherweise andere Menschen nicht tangiert wenn ein jemand seine Geschlechtsidentität ändert kollidiert es in diesem Falle mit dem berechtigten Anspruch von Sportlerinnen auf fairen Wettbewerb.
Das Ei des Kolumbus wurde hier noch nicht gefunden, ich schätze es wird auf eine Lösung hinauslaufen in der es eine klar definierte Kategorie für weibliche Athleten sowie eine "offen für alle" gibt.
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sweeneytodd
20.06.2022 18:06registriert September 2018
Das Problem liegt darin, dass immer mehr versucht wird das biologische binäre Konstrukt aufzubrechen. In gesellschaftlichen/gefühlstechnischen Fragen hat dies auf jedenfall seine Berechtigung. Im biologischen Falle (und somit dem Sport) stösst dies aber an die Grenze. Hier braucht es klare Regeln und diese müssen insbesondere für das Stammgeschlecht fair sein/bleiben.
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Skunk42
20.06.2022 20:41registriert Februar 2022
Eine Debatte ist nicht ganz einfach, wenn grundlegende, wissenschaftliche Fakten nicht akzeptiert werden. Zum Beispiel, dass ein Mann nach der Pubertät im Schnitt grösser ist, als eine Frau. Hier wurde ein soziologisches Thema (Gender) mit dem biologischen (Sex) verwechselt. Natürlich darf sich eine biologische Frau als Mann bezeichnen. Die Biologie ändert sich trotzdem nicht.
Also nicht das biologische "Sex" mit dem soziologischen "Gender" verwechseln.
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