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Tom Lüthi ist vor dem Saisonstart wieder einmal einer der Favoriten der Moto2-WM zu denen auch Alex Rins, Sam Lowes, Jonas Folger und Johann Zarco gehören. Aber Weltmeister ist er in dieser Klasse noch nie geworden.
Tom Lüthi war bei den Vorsaisontests einmal mehr sehr schnell. Er ist einer der Favoriten für den Moto2-WM Titel. Aber so war es mehr oder weniger auch im Frühjahr 2010, 2011, 2012, 2014 und 2015. Nur 2013 nicht – da musste er wegen einer unverschuldeten Sturzverletzung beim Saisonstart pausieren.
Der 29-Jährige ist nicht nur schnell, er ist seit der ersten Moto2-WM im Jahre 2010 dabei, länger als alle WM-Mitfavoriten. Er beginnt seine 14. WM-Saison und er hat damit mehr Erfahrung im GP-Zirkus als Jacques Cornu am Ende seiner Karriere.
Die meisten, die Tom Lüthi seit 2010 vor der Sonne standen, sind nicht mehr dabei. Toni Elias, Weltmeister von 2010, fährt längst nicht mehr im GP-Zirkus. Die Weltmeister von 2011 bis 2014 (Stefan Bradl, Marc Marquez, Pol Espargaro, Tito Rabatt) haben den Aufstieg in die «Königsklasse» geschafft. Mika Kallio ist nur noch Testfahrer. Nur Weltmeister Johann Zarco ist geblieben. Der Franzose versucht, was noch keinem gelungen ist: den Moto2-Titel zu verteidigen.
Weltmeister kommen und gehen, Tom Lüthi bleibt stehen. Warum ist das so? Erstens einmal, weil er Schweizer ist. Er ist in unserem Land einer der populärsten Einzelsportler. Aber das ist er nur, weil er in der Moto2-WM um Sieg und Titel fahren kann. Ein Aufstieg in die «Königsklasse» macht keinen Sinn. Er hätte dort keine Siegeschance und dadurch würde er sehr schnell Medienpräsenz und damit Werbeeinnahmen einbüssen.
Um in der «Königsklasse» erstklassiges Material zu bekommen, ist er nicht gut genug. Das bekäme er nur als Moto2-Weltmeister. Also kann er seine Karriere nur in der zweitwichtigsten WM fortsetzen. Für die Spanier gibt es hingegen den grossen Ruhm und das grosse Geld wegen der enormen Konkurrenz im eigenen Land nur in der «Königsklasse». Und in Deutschland, Frankreich, Italien, in den USA, Australien oder England ist einer erst ein Titan, wenn er MotoGP fährt.
Das erklärt aber zweitens noch nicht, warum Tom Lüthi bisher die Saison nach gutem Beginn nie ganz durchgestanden hat. 2012 war er nach dem GP von Katalonien am 3. Juni gar WM-Leader. Aber er verlor diese Position bereits beim nächsten Rennen wieder.
Bisher hat Tom Lüthi die Balance zwischen Risiko und Berechnung, zwischen Rücksichtslosigkeit und Taktik nie ganz gefunden. Er hat das Talent, die Erfahrung und die Maschine, um die WM zu gewinnen. Aber der letzte Schritt zum Champion ist ihm in der Moto2-WM immer noch nicht ganz gelungen. Es fehlt einerseits die für einen WM-Titel notwendige Rücksichtslosigkeit und andererseits die Konstanz.
Die Frage ist also, ob Tom Lüthi nun bereit ist. Ob er den letzten Schritt machen kann. Ob sich gegenüber den letzten Jahren etwas geändert hat. Daniel M. Epp, seit vierzehn Jahren sein Freund und Manager, glaubt diesmal daran: «Tom war noch nie so entschlossen, selbstsicher und zielorientiert.»
Tatsächlich macht Tom Lüthi am Vorabend zum Saisonstart in Doha einen ruhigen Eindruck. Die gute Stimmung ist nicht nur das Resultat des obligatorischen Optimismus, der im Motorsport vor jeder Saison zur Pflicht gehört.
Die grösste Veränderung: Tom Lüthi hat sich von seinem Cheftechniker Alfred Willecke getrennt. Mit dem Deutschen hat er bisher jede Moto2-Saison bestritten. Der neue Cheftechniker heisst Gilles Bigot. Der introvertierte Franzose hat Dominique Aegerter zum Siegfahrer gemacht.
Tom Lüthi und sein neuer wichtigster Mitarbeiter – sie unterhalten sich auf Englisch – harmonieren gut. Zudem kümmert sich der Fahrwerksspezialist Tim de Bot diese Saison vor allem um Tom Lüthi und nicht mehr so intensiv um Dominique Aegerter. Es ist offensichtlich, dass Teammanager Fred Corminboeuf auf Tom Lüthi setzt und ihn bei der technischen Betreuung zur Nummer 1 im Team gemacht hat. Vorzugsbehandlung inklusive. Weil er spürt, dass der WM-Titel möglich ist. Das wird eher früher als später zu internen Spannungen führen.
Gilles Bigot macht einen interessanten Vergleich zwischen Tom Lüthi und seinem ehemaligen Schützling Dominique Aegerter. «Domi konnte sagen, was mit der Maschine passiert. Aber nicht, was man nun könnte um etwas am Fahrverhalten zu verbessern. Tom kommt herein und weiss nicht nur genau, was mit der Maschine passiert. Er hat auch gleich eine Idee, was zu tun ist. Ich muss ihn fast bremsen damit er sich nicht zu viele Gedanken macht.» Oder wir können es polemisch so sagen: Tom Lüthi weiss, warum er schnell ist und warum nicht. Dominique Aegerter weiss es immer noch nicht. Und so lange das so bleibt, kommt er nicht an Tom Lüthi vorbei.
Der Cheftechniker ist neben den Familienmitgliedern und der Freundin die wichtigste Bezugsperson eines Rennfahrers. Ein Wechsel kann eine Karriere neu lancieren. Valentino Rossi ist erst wieder ein Siegfahrer und Titelanwärter geworden, seit er sich von seinem langjährigen Cheftechniker Jeremy Burgess getrennt hat.
Zudem hat Tom Lüthi einen Vertrag mit KTM um die MotoGP-Maschine zu entwickeln. Er braucht sich keine Gedanken mehr um eine verpasste Karriere in der «Königsklasse» zu machen. Er wird vier bis sechs Tage das MotoGP-Bike testen und wenn dieses Projekt zur Rennreife kommt, dann wird er in den nächsten zwei Jahren doch noch für ein paar Rennen seine Chance in der «Königsklasse» bekommen. Alles ist bestens geregelt. Der letzte Schritt zum Moto2-WM-Titel ist für Tom Lüthi 2016 möglich.