Am Ende steht er wieder dort, wo er so oft schon stand: in der Mitte auf dem Podest. Nino Schurter stemmt die grosse Trophäe als bester Mountainbiker des Jahres in die Höhe. Schon zum neunten Mal ist der 37-jährige Bündner Jahresbester. Im abschliessenden Rennen im kanadischen Mont-Sainte-Anne reicht ihm in einem spektakulären Rennen ein 14. Rang für den Sieg des Gesamtweltcups.
Am Tag nach dem neuerlichen Triumph nimmt Schurter auf dem Weg zum Flughafen das Telefon ab, seine Müdigkeit ist ihm nach einer langen Saison anzumerken – aber auch seine Freude. «Ich bin sehr glücklich, dass es mit dem Gesamtsieg geklappt hat», sagt Schurter. «Ich hätte mir das Anfang Saison selber nicht zugetraut. Zwar ist ein Gesamtweltcup nicht so wichtig wie ein Olympiasieg oder ein WM-Titel, aber er zeigt mir, dass ich noch immer konstant vorne mitfahren kann.»
Mit 37 Jahren ist Schurter inzwischen der älteste Athlet im Mountainbike-Weltcup, aber noch immer ist er der Beste. Besonders herausragend waren in diesem Jahr seine beiden Saisonsiege auf der Lenzerheide und im Val di Sole. Mit seinem 34. Triumph im Bündnerland krönte er sich Anfang Mai zum Rekordsieger im Mountainbike-Weltcup. «Das war sehr emotional», blickt er darauf zurück. «Auch der Erfolg im Val di Sole war grossartig, weil ich dabei gezeigt habe, dass ich noch immer souverän gewinnen kann.»
Dabei wurde der langjährige Dominator seiner Sportart in den Jahren 2020 und 2021 beinahe abgeschrieben. Auch er selber zweifelte an sich. «Ich habe mich damals schon gefragt, ob ich es noch kann und ob es noch Sinn macht», so Schurter. Wäre es so weitergegangen, hätte er wohl die Motivation an verloren – und wäre zurückgetreten. «Aber nun habe ich noch immer grosse Lust.»
Auch in dieser Saison ist längst nicht alles perfekt gelaufen für Schurter. Nach einer Corona-Infektion wird er bis Ende Saison nie wieder richtig fit. «In den letzten fünf Wochen war ich eigentlich nur erkältet», sagt er. «Sobald es ein wenig besser wurde, stand das nächste Rennen an – und danach war es wieder schlimmer.»
Nicht geholfen haben beim letzten Weltcuprennen in Kanada auch die äusseren Bedingungen. Im schlammigen Gelände erinnert vieles an Radquer-Rennen. Nicht unbedingt Schurters Lieblingsterrain. «Der Start ist mir komplett missraten, ich war auf Rang 31.» Später kämpft er sich zwar wieder nach vorne, ist zwischenzeitlich in den Top 10, ehe ihm die Kette rausfällt und er noch als 14. ins Ziel kommt.
Während des Rennens verändert sich die Situation im Gesamtweltcup mehrfach, die Teamchefs rechnen fleissig Punkte aus. «Es war schon sehr hektisch», so Schurter. Schliesslich reicht ihm Rang 14 zum Erfolg, weil Konkurrent Sarrou nur Neunter wird. Landsmann Mathias Flückiger ist zwar lange auf Kurs, verpasst als Zweiter wegen zweier Platten aber den Sieg. Doch auch bei einem Triumph Flückigers hätte sich Schurter mit seinem Ergebnis knapp den Gesamtweltcupsieg gesichert.
Mit Flückiger könnte Schurter an den Olympischen Spielen in Paris das Duo bilden. Die zwei Schweizer Plätze sind aber sehr umkämpft. Selbst Schurter ist im starken Schweizer Team nicht gesetzt. «Es ist wichtig, dass ich im Frühling bei den ersten Rennen gut fahre, um nominiert zu werden.» Doch das Ziel ist schon jetzt klar: eine weitere Olympia-Medaille. Zunächst aber will der neunfache Gesamtweltcupsieger in seinen Ferien Kraft tanken, um auch 2024 vorne dabei zu sein. Denn Nino Schurter hat noch nicht genug. (aargauerzeitung.ch)