Wenn er den Wurf eines Gegners mit seinen Pranken zurück zu seinem Absender schickte, pflegte Dikembe Mutombo jeweils mit dem Finger zu wackeln. «Not in my house», schickte er mit seiner tiefen Stimme oftmals hinterher. «Nicht in meinem Haus», also. Es ist die berühmte Geste des langjährigen Basketball-Stars, der jedoch viel mehr war als das.
“No, no, no!”
— NBA History (@NBAHistory) April 9, 2022
On this day in 1997… Dikembe Mutombo had 3 straight blocks and broke out the finger wag. #NBAVault #NBA75 pic.twitter.com/dgOYwXuLXr
Der Mann aus der Demokratischen Republik Kongo war ein Wohltäter und Philanthrop, der sich stark für sein Heimatland und den afrikanischen Kontinent einsetzte. Am gestrigen Montag verstarb Dikembe Mutombo 58-jährig nach zweijährigem Kampf gegen einen Hirntumor.
Mutombo wechselte erst im Jugendalter vom Fussball zum Basketball. Sein Vater und Bruder hatten ihm aufgrund seiner Grösse dazu geraten. Dass er den Sport professionell betreiben könnte, wurde Mutombo auch in der Folge erst spät klar. Noch mit 21 Jahren, als er aus der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa an ein US-College wechselte, wollte er eigentlich Arzt werden. Die Verantwortlichen an der Georgetown University in Washington D.C. hatten jedoch andere Pläne.
Der kräftige und gross gewachsene Mutombo wurde ihnen von einem Angestellten der US-Botschaft in Kinshasa empfohlen. Nach einem Jahr am College gab er die medizinischen Kurse auf und fokussierte sich stärker auf den Basketball. Es sollte sich lohnen. Die anfangs ungeschliffenen Fähigkeiten verbesserte er schnell, 1991 wurde Mutombo dann an vierter Stelle des Drafts von den Denver Nuggets in die NBA geholt. Als 25-Jähriger war er schon damals eher alt für einen Rookie.
Vielleicht auch deshalb brauchte der 2,18-Meter-Hüne keine Eingewöhnungszeit und wurde gleich in seinem ersten Jahr zum All-Star gewählt. Von Beginn an gehörte er zu den besten Blockern der Liga, in seiner dritten Saison führte er die nordamerikanische Basketball-Liga in der Statistik mit 4,1 pro Spiel erstmals an. Dies gelang ihm auch in den beiden folgenden Jahren.
Vor allem aufgrund seiner Stärke am Korb wurde er zu einem der gefürchtetsten Verteidiger der NBA. Obwohl Mutombo offensiv höchstens Durchschnitt war, war er der Hauptgrund, dass Denver in der Saison 1993/94 nach drei Jahren endlich wieder die Playoffs erreichte. Und dort gelang den Nuggets eine Sensation. Als erstes an achter Position gesetztes Team bezwang Denver das beste Team der Regular Season.
Nachdem der Sieg im entscheidenden fünften Spiel gegen die Utah Jazz besiegelt war, ging Mutombo überwältigt zu Boden, die Hände mit dem Ball in der Hand nach oben gestreckt. Im Schnitt hatte er in der Best-of-5-Serie wahnsinnige 6,2 Würfe geblockt. «Diese Serie hat mein Leben verändert», erzählte er später bei Bleacher Report. «Es hat mir den Glauben daran gegeben, dass man mit starkem Willen alles erreichen und jedes Hindernis überwinden kann», so Mutombo, «du musst einfach immer weitermachen. Und das habe ich auf so viele Arten in so vielen Bereichen getan.»
Sportlich gesehen folgte für Mutombo eine weitere Steigerung. Zwischen den Saisons 1993/94 und 2001/02 gehörte er neunmal in Serie zu den drei besten Verteidigern der NBA, viermal wurde er als Defensive Player of the Year ausgezeichnet. Kein Spieler gewann die Auszeichnung häufiger, Mutombo teilt sich den Rekord mit Ben Wallace und Rudy Gobert.
Als er seine Blocks mit dem Fingerwackeln zu zelebrieren begann, wurde Mutombo zu einem noch beliebteren Star. Ein NBA-Titel war Mutombo jedoch nie vergönnt. Mit den Philadelphia 76ers 2000/01 und den New Jersey Nets 2002/03 kam er diesem am nächsten, doch waren einmal die Los Angeles Lakers und einmal die San Antonio Spurs zu stark.
Noch wichtiger waren Mutombo aber seine Errungenschaften neben dem Platz. Sein humanitäres Engagement war auch einer der Gründe für seinen Wechsel zu den Atlanta Hawks im Sommer 1996. Aufgrund der vielfältigen Bevölkerung und der grossen Bedeutung der afroamerikanischen Gemeinschaft sah Mutombo Atlanta als perfekte Stadt für eine Stiftung. Nach seinem Wechsel begann er sofort, Schulbusse zu kaufen und in seine Heimat, die damals noch Zaire hiess, zu senden.
1998 starb seine Mutter aufgrund eines Schlaganfalls. Mutombo war im von Bürgerkriegen erschütterten Land zuvor wegen einer von der Regierung verhängten Ausgangssperre daran gescheitert, ihr medizinische Hilfe zu verschaffen. Danach rief er eine Spendenkampagne für ein Spital in Kinshasa, das sich vorwiegend um Arme kümmert, ins Leben.
Trotz seiner guten Kontakte zu vielen wohlhabenden Menschen – inklusive seiner NBA-Kollegen – hatte er Probleme, das Geld zusammenzubekommen. Im September 2006 wurde das nach seiner Mutter benannte Spital dann aber doch eröffnet. 15 Millionen Dollar habe Mutombo für das Projekt gespendet. «Das wird der stolzeste Tag meines Lebens», erklärte er bei der Eröffnungszeremonie.
Auch nach seiner Karriere nutzte Mutombo, der 2006 US-Bürger wurde, seine Bekanntheit und sein Vermögen für wohltätige Zwecke. Er arbeitete mit verschiedenen Organisationen, setzte sich während der Corona-Pandemie für Impfungen in Afrika ein und gründete 2020 eine gebührenfreie Schule im Kongo.
Dementsprechend erschüttert und gleichzeitig voller Bewunderung fielen die Reaktionen seiner Wegbegleiter auf den Tod Dikembe Mutombos aus. «Dikembe hat die Welt wirklich verändert und viele Leben verbessert», schrieb Legende Michael Jordan, der vor allem das charakteristische Lachen Mutombos vermissen werde. NBA-Commissioner Adam Silver berichtete: «Ich durfte mit ihm um die Welt reisen und habe gesehen, wie seine Grosszügigkeit und sein Mitgefühl die Menschen aufrichtete.»
Auch aus diesem Grund dürfte der 62-Jährige recht behalten, wenn er sagt: «Dikembes unbeugsamer Geist lebt in den Menschen weiter, denen er während seines aussergewöhnlichen Lebens geholfen und die er inspiriert hat.»
Absolute Legende, Rest in Peace!
Ich hoffe er blockt nun im Jenseits einige schlechte Entscheidungen des Schicksals mit einem fetten 'not in my house' weg! Fuck Cancer!