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Von Rechten für Politik missbraucht – die Probleme der Caitlin Clark

Syndication: The Indianapolis Star Indiana Fever guard Caitlin Clark 22 reacts as she misses a three-point field goal during the second half of a game against the Seattle Storm on Sunday, Aug. 18, 202 ...
Nach Anfangsschwierigkeiten ist Caitlin Clark in der WNBA definitiv angekommen.Bild: www.imago-images.de

Für rechte Politik missbraucht, von Gegnern geplagt – dennoch bricht sie Rekord um Rekord

Mit grossen Vorschusslorbeeren gekommen, trug Caitlin Clark eine Zielscheibe auf dem Rücken. Der Umgang ihrer Gegnerinnen mit der Basketballerin wurde für einige Konservative gar zum Politikum. Die 22-Jährige will sich lieber auf den Sport konzentrieren – denn dort ist sie einzigartig.
21.09.2024, 11:5021.09.2024, 12:49
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Sie erzielte so viele Punkte und verwandelte so viele Dreier wie noch nie eine Basketballerin in ihrem ersten Jahr in der besten Liga der Welt. Bei den Assists übertraf sie gar alle anderen WNBA-Stars mit 337 in einer Saison. Mit 19 Vorlagen in einer einzelnen Partie stellte Caitlin Clark ebenfalls einen neuen Rekord auf. Das US-Medium ESPN hat für ihre vielen weiteren Bestmarken gar einen eigenen Artikel aufgeschaltet.

Ausserdem qualifizierte sich Indiana vor allem dank ihr erstmals seit 2016 für die Playoffs. Die Regular Season endete in der Nacht auf Freitag mit einer 91:92-Niederlage gegen die Washington Mystics auf Platz 6 der 12 Teams. Am Sonntagabend (21 Uhr) beginnt die Viertelfinalserie gegen Connecticut. Man könnte meinen, für Clark laufe in ihrer Rookie-Saison alles wie geschmiert. Das könnte von der Wahrheit aber nicht weiter entfernt sein.

Chicago, USA, June 23, 2024: Caitlin Clark 22 Indiana Fever is seen during the game between the Chicago Sky and Indiana Fever on Sunday June 23, 2024 at Wintrust Arena, Chicago, USA. NO COMMERCIAL USA ...
Zu Beginn tat sich Caitlin Clark in der WNBA ziemlich schwer.Bild: www.imago-images.de

Gerade zu Beginn hatte Clark ihre Probleme. Nach ihrer phänomenalen Zeit am College zeigte sie sich in den ersten Profi-Spielen von ihrer ineffizienten Seite. Nach elf Spielen wies sie eine Trefferquote von knapp 36 Prozent auf, die ansonsten so sichere Distanzschützin verwandelte zudem nicht einmal 30 Prozent ihrer Würfe von hinter der Dreierlinie. Ausserdem verlor sie ungewohnt viele Bälle. Indiana gewann nur zwei dieser ersten elf Partien – wobei die Liga dem Team mit einem schweren Spielplan zum Auftakt keinen Gefallen getan hatte.

Zielscheibe für die Gegnerinnen

Doch auch die Gegnerinnen machten Clark das Leben schwer. Mit extremen Vorschusslorbeeren und als erster Pick im WNBA-Draft in die US-Liga gekommen, trug die 22-Jährige eine Zielscheibe auf dem Rücken. Wie schon im Studentinnensport sorgte Clark als Zugpferd neben anderen Jungstars wie ihrer Rivalin Angel Reese für Zuschauerrekorde. Die TV-Zahlen verdreifachten sich im Vergleich zur Vorsaison, ein Spiel der Indiana Fever gegen Las Vegas wurde gar von mehr Menschen geschaut als gewisse Playoff-Spiele der Männer.

Für Clarks Konkurrentinnen ist das aber auch eine Zusatzmotivation – so einem grossen Publikum können sie sich sonst eigentlich nie präsentieren.

«Was hat sie drauf ausser Dreipunktewürfe?»
Konkurrentin über Caitlin Clark

Und so wurde die mit 1,83 Metern grossgewachsene, aber eher schmächtige Guard häufig hart angegangen und mehrmals schwer gefoult. Wie zum Beispiel im Fall von Chennedy Carter, welche Clark rempelte, obwohl der Ball zu diesem Zeitpunkt gar nicht im Spiel war.

Nach dem Spiel wollte die 25-Jährige nicht über ihre Gegnerin sprechen, schrieb dann aber in den sozialen Medien: «Was hat sie drauf ausser Dreipunktewürfe?» Später erklärte Carter ihre Aktion damit, dass Clark sie zuvor mit dem Ellbogen im Gesicht getroffen hatte.

Der unterschiedliche Umgang mit der Schwarzen Carter und der Weissen Clark, die ebenfalls kein Kind von Traurigkeit ist und auch mal unsaubere Aktionen zeigt, sorgte in den USA für eine Debatte. Schon am College kam es zu einer Kontroverse, als Angel Reese Clark verhöhnte und danach viel Hass ausgesetzt war, während ihre Rivalin für ähnliche Aktionen gefeiert wurde. Clark sprang Reese zur Seite und erklärte: «Sie sollte dafür überhaupt nicht kritisiert werden. Provokationen und Trashtalk sind Teil des Sports und machen ihn attraktiver.»

Rechte Politiker witterten ihre Chance

Obwohl Clark auch die Aktion Carters als Teil des Spiels abtat und erklärte, mit der Härte umgehen zu können, witterten rechte Politiker hier eine Chance, den Vorfall für ihre Zwecke zu nutzen. Erst recht, als Clark nicht für die Olympischen Spiele nominiert wurde. Der Entscheid wurde auch von einigen Expertinnen und Experten kritisch gesehen, da die 22-Jährige einer der Hauptgründe für den Hype im Frauenbasketball ist. Aufgrund ihrer sportlichen Probleme zum Zeitpunkt der Kaderbekanntgabe sowie der mangelnden Erfahrung war der Entscheid aber erklärbar.

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Von ihren Gegnerinnen wurde Caitlin Clark häufig hart angegangen.Bild: www.imago-images.de

Dennoch fühlten sich konservative Politikerinnen dazu berufen, Clark als weisse und heterosexuelle Frau in einer von Schwarzen dominierten Liga mit vielen offen homosexuell lebenden Spielerinnen zu verteidigen. So führte die Republikanerin Nikki Haley an, dass Clark mehr Dreier getroffen und mehr Assists gegeben habe als jede Spielerin im US-Team. «Und trotzdem wird sie nicht für Olympia nominiert? Das Selektionskomitee sollte sich hinterfragen, ob das beste Team unser Land repräsentieren soll oder nicht.»

Wie sehr es Haley dabei wirklich ums Sportliche ging, darf infrage gestellt werden. Noch ein Jahr zuvor sprach sie bei einer Wahlkampfveranstaltung in Iowa, wo Clark damals am College spielte, über diese – und nannte sie «Caitlin Collins». Haley war aber nicht die Einzige, welche Clark missbrauchte, um das Narrativ der Rechten zu nähren, nach welchem es Weisse in der «woken» Welt immer schwieriger hätten.

epa11081428 Former South Carolina Governor and Republican presidential candidate Nikki Haley addresses supporters gathered for a caucus night event at a hotel in West Des Moines, Iowa, USA, 15 January ...
Republikanerinnen nutzten Caitlin Clark für ihre Agenda.Bild: keystone

Clark selbst wollte damit nichts zu tun haben und sich eigentlich auch nicht dazu äussern. Darauf angesprochen, ob es sie störe, dass ihr Name für diese Zwecke verwendet werde, sagte die Sportlerin: «Ich kann das nicht kontrollieren. Deshalb versuche ich nicht so viel darüber nachzudenken.»

«Es ist enttäuschend. Niemand sollte meinen Namen verwenden, um solche Meinungen zu propagieren.»
Caitlin Clark

Erst nachdem ein anderer WNBA-Profi sie dafür kritisierte und erklärte, dass Schweigen ein Luxus der von Homophobie oder Rassismus nicht betroffenen Personen sei, stellte Clark klar: «Es ist enttäuschend. Alle Menschen auf der Welt haben denselben Respekt verdient. Niemand sollte meinen Namen verwenden, um solche Meinungen zu propagieren.»

Zusatzmotivation zeigt Wirkung

Zuvor hatte sie bereits erklärt, über die Nichtberücksichtigung für das Olympia-Kader nicht enttäuscht zu sein. «Es ist eine zusätzliche Motivation für mich. Ein Traum, für den ich weiter arbeiten kann», sagte Clark und fügte an: «Ich freue mich für diejenigen, die im Team sind. Ich werde sie anfeuern und hoffe, dass sie Gold holen.» Dies tat die USA auch ohne den aufstrebenden Jungstar.

In der Folge zeigte Clark aber auch, dass in Zukunft kein Weg mehr an ihr vorbeiführen wird. Seit den Olympischen Spielen ist sie eine der besten Spielerinnen der WNBA und erzielte im Schnitt über 23 Punkte sowie knapp 9 Assists bei guten Trefferquoten. Zuletzt schaffte sie in einem Spiel starke 35 Zähler. Einzig die Turnover konnte sie nicht ganz abstellen, was aber damit einhergeht, dass sie den Ball sehr häufig in den Händen hält. Mit ihren starken Auftritten verhalf sie Indiana zu 9 Siegen aus 14 Partien seit der Olympia-Pause.

Caitlin Clark erzielt 35 Zähler.Video: YouTube/WNBA

Die Nebengeräusche haben zwar nicht aufgehört. Zuletzt wurde sie von rechts plötzlich attackiert, weil sie einem Instagram-Post von Taylor Swift ein Like gegeben hat – die Sängerin äusserte darin ihre Unterstützung für die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris. Doch ablenken lässt sich Clark davon nicht. Schliesslich beginnt nun die wichtigste Phase der Saison. Und ein nationaler Titel wäre selbst für die ehrgeizige Serienrekordbrecherin, die am College in den letzten beiden Jahren im Final unterlag, ein Novum.

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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hundshalter Leno
21.09.2024 12:06registriert September 2023
Clark ist super. Der Übergang von College zu Profi fiel schon so vielen ehemaligen College Stars schwer. Es ist eine andere Welt, die Intensität ist höher, die Gegnerinnen/Gegner sind besser, der Druck ist höher. Alles ganz normal. Wie es scheint, kann sie sich aber dem neuen Niveau anpassen und muss nicht mit dem Stempel „Draft Bust“ leben. Personen wie Clark sind für die Förderung vom Frauenbasketball 100x wertvoller als das teils künstliche pushen der WNBA vorher. Ich schaue die Spiele regelmässig, ich schaue sie gerne und ich freue mich jeweils darauf.
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Truth Hurts
21.09.2024 12:04registriert Mai 2016
Es ist offensichtlich, dass da ganz viel Neid im Spiel ist, weil Clark den Frauenbasketball in jeglicher Hinsicht auf ein neues Level bringt.
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whatsthemaeder
21.09.2024 12:03registriert Januar 2017
spannender artikel! 🙌🏻
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20
Der Goalie macht's ihm leicht, aber vom Mittelkreis muss man erstmal treffen
Was du hier findest? Aussergewöhnliche Tore, kuriose Szenen, Memes, Bilder, Videos und alles, das zu gut ist, um es nicht zu zeigen. Lauter Dinge, die wir ohne viele Worte in unseren Sport-Chats mit den Kollegen teilen – und damit auch mit dir. Chat-Futter eben.
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