«Hätten wir Latinos einen Mount Rushmore, er wäre ein Teil davon.» Dieser eine Satz, gesagt von einer Reporterin in Texas, fasst die Serie gut zusammen. In «Messi Meets America» ist sehr oft die grosse Verehrung, die Lionel Messi überall erfährt, das Thema. Und es war wohl das Ziel, den Fussball-Superstar einem US-Publikum vorzustellen, das sich vorher eher mit Basketball und Baseball beschäftigte, anstatt mit Soccer.
Dieses Motiv ist aus Apple-Sicht verständlich, hat sich der Konzern doch die Senderechte für die Major League Soccer gesichert. Auch in der Schweiz haben Messi-Fans die Gelegenheit, ihren Liebling live zu sehen – wenn auch zu Uhrzeiten, wenn Kissen und Bettdecke eine valable Alternative sind.
Wem Lionel Messi im Gegensatz zu den Zuschauern in den Vereinigten Staaten schon vorher ein Begriff war, dürfte wenig neues erfahren. Das liegt auch am Protagonisten. Denn der Argentinier ist neben dem Platz leider nicht annähernd so eloquent, wie er auf dem Rasen magisch ist. Das war er noch nie, das ist grundsätzlich auch kein Problem. Aber für so eine Doku-Serie (sechs Teile, die ersten drei sind bereits online) wäre es halt schon nicht schlecht, Messi hätte ein bisschen mehr von Zlatan Ibrahimovic. Der Schwede war einst ebenfalls in die MLS gewechselt und kündigte damals grossmäulig an: «Ich bin hier der Ferrari unter lauter Fiats.»
Wortgewandter ist der Teambesitzer von Inter Miami: David Beckham. Auch der Engländer war ein Fussball-Superstar, auch er wechselte einst in die MLS, und liess sich damals unter anderem damit ködern, dass er die Gelegenheit erhielt, ein eigenes Team zu kaufen. «Vom ersten Tag an wollte ich Leo nach Miami holen», verrät Beckham. Das sei «der einzige Weg» gewesen, um sich in den USA, «im grössten Sportmarkt der Welt», als Fussballmannschaft zu etablieren.
Wie es Beckham und Co. gelungen ist, den 36-jährigen Weltmeister tatsächlich zum Transfer zu bewegen, wäre spannend zu erfahren. Doch so weit geht die Doku-Serie leider nicht. Dafür sieht man immer wieder Latinos, wie sie Hotdogs, Tacos oder Sandwiches zubereiten und dabei von Messi schwärmen.
Und so ist es – wieder einmal – der Fussball selber, der die besten Geschichten schreibt. Inter Miami ist bei Messis Ankunft auf dem letzten Platz und hat seit elf Spielen nicht mehr gewonnen. Doch der Superstar verleiht einerseits seinen neuen Kollegen Flügel und er hat andererseits offenbar kaum etwas von seiner Klasse eingebüsst.
Erstes Spiel, Messi wird gegen Cruz Azul nach der Pause eingewechselt. Nachspielzeit, 94. Minute, es steht 1:1, Freistoss für Miami in Strafraumnähe. Lionel Andrés Messi legt sich den Ball bereit. Holt zwei, drei kurze Schritte Anlauf. Auf der Tribüne halten David Beckham und seine Frau Victoria den Atem an, ebenso NBA-Superstar LeBron James oder Tennis-Ikone Serena Williams.
Messi schiesst mit links, schlenzt den Ball über die Mauer und am Goalie vorbei in den Winkel. Ein herrliches Tor, der erste Sieg, ein hollywoodreifes Happy End.
«Nicht einmal in meinen wildesten Träumen hätte ich mir das so ausgemalt», sagt Messi und er sagt das mit einem Lachen, wie man es selten sieht bei Interviews mit ihm.
Vielleicht ist es wirklich so, dass er in Florida den Spass wiedergefunden hat, der ihm zuletzt bei Paris Saint-Germain abhanden gekommen war. 13 Partien hat Messi bislang für Inter Miami CF absolviert, er schoss elf Tore und gab fünf Vorlagen. Er führte seinen Klub zum Triumph im Leagues Cup, dem ersten Titelgewinn in dessen Existenz. In der Liga dagegen schaffte er es nicht, Miami noch in die Playoffs zu führen.
Ob du «Messi Meets America» anschauen sollst? Sicher, wenn du ein grosser Anhänger des Zauberflohs bist. Für alle anderen Fussballfans ist die Serie ideal, um auf einem Langstreckenflug ein paar Stunden hinter sich zu bringen, wenn man nicht schlafen kann.