Bei Olympischen Spielen geht es darum, schneller, geschickter, präziser, stärker zu sein als alle anderen. Darum, besser zu sein und den Gegner zu bezwingen. Zugleich verbindet der Sport und bringt Menschen zusammen – und zwar egal, woher sie kommen, welche Hautfarbe sie haben oder woran sie glauben.
Auch Los Angeles glaubte an diesen Traum, als es 2017 den Zuschlag für die Sommerspiele 2028 erhielt. Ein Fest der Begegnung, das Nationen vereint, Grenzen überwindet und zeigt, dass der sportliche Wettstreit nicht nur trennt, sondern auch verbindet. Die Spiele stehen unter dem Motto «Creating What's Next» und betonen Wandel, Fortschritt, Vielfalt und Inklusion.
Wer an diese Erzählung geglaubt hatte, dürfte Anfang des Monats ein böses Erwachen erlebt haben, als Donald Trump mittels Erlasses eine Sicherheits-Taskforce einrichtete. Natürlich ist der US-Präsident deren Vorsitzender und der ihm treu ergebene Vizepräsident JD Vance sein loyaler Vollstrecker.
Trump kündigte an, notfalls auch Militär oder Nationalgarde einzusetzen, um die Sicherheit der Olympischen Spiele zu gewährleisten. Eine Milliarde Dollar will der US-Präsident dafür bereitstellen.
Das weckt in Los Angeles nicht nur gute Erinnerungen. Im Juni hatte Trump die Nationalgarde entsandt, um Proteste gegen die Abschiebung von Migranten zu unterdrücken – gegen den Willen des demokratischen Gouverneurs Gavin Newsom und der Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass.
Vor allem aber zeigt das Beispiel: Donald Trump hat den Sport als Bühne für seine Inszenierungen entdeckt. Und mit den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles und davor der Fussball-WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada sind die Vereinigten Staaten in seiner zweiten Amtszeit Gastgeber der zwei wichtigsten Sportanlässe der Welt.
«Es ist gerade eine grossartige Zeit, um Sportfan in Amerika zu sein. Und die Olympischen Spiele in Los Angeles werden ein grossartiger Moment. Es wird unglaublich», geizte Trump nicht mit Superlativen, als er in Washington seinen Präsidialerlass unterzeichnete.
Zugleich erklärte Trump, es werde in Los Angeles «eine sehr starke Form» von Geschlechtstests für Athletinnen geben, um «Männer vom Gewinn von Frauentrophäen» abzuhalten. Zuvor hatte das Nationale Olympische und Paralympische Komitee der USA wohl in einem Akt des vorauseilenden Gehorsams Transfrauen die Teilnahme an Wettkämpfen untersagt.
Neben seinem Ansinnen, die USA wieder grösser und stärker erscheinen zu lassen, wird Donald Trump in den nächsten Jahren eine herausragende Rolle im Weltsport einnehmen.
Er ist nicht der erste, der den Sport für sich und seine Zwecke nutzen will.
Je grösser die Reichweite des Sports wurde, desto gezielter wurde er von der Politik vereinnahmt. Erstmals 1936 in Berlin, als die Teilnehmenden der «Nazi-Spiele» Adolf Hitler und dem Publikum mit ausgestrecktem Arm, dem «Hitlergruss», die Ehre erweisen sollten.
Die US-amerikanische Delegation verzichtete geschlossen auf die Geste – auch der dunkelhäutige Sprinter Jesse Owens, der mit vier Goldmedaillen zur prägenden Figur werden sollte. Seine Erfolge widerlegten die Rassenideologie der Nationalsozialisten vor aller Welt. Es war das Jahr, in dem die Olympischen Spiele endgültig die Unschuld verloren.
Dennoch hielt das Internationale Olympischen Komitees (IOC) lange an der Darstellung fest, Sport und Politik seien zu trennen. Inzwischen sagte der im Sommer abgetretene IOC-Präsident Thomas Bach: «Der Sport kann und darf nicht unpolitisch sein – aber er muss politisch neutral sein.» Wobei schon die Vergabe der Olympischen Spiele ein politisches Statement ist.
Viele erkannten in der Rückkehr der Spiele 2024 nach Paris in ein westliches Land ein gutes Signal. Weil Frankreich ein Land ist, das demokratische Werte im Innern und im Äussern verteidigt. Zuletzt boten die Olympischen Spiele zu oft eine Bühne für Autokratien.
Wie 2014, als Wladimir Putin in Sotschi Winterspiele ausrichten liess, während er im Hintergrund die Annexion der Krim vorbereitete. Vier Jahre später war Russland Gastgeber der Fussball-WM, als wäre nichts gewesen. Oder wie 2008 und 2022, als Peking Olympische Spiele austrug, während Chinas Präsident Xi Jinping seine Macht erweiterte und Menschenrechte einschränkte.
Die Nazi-Spiele 1936 in Berlin blieben also kein isoliertes Ereignis. Vielmehr offenbarten sie erst, welch immense Strahlkraft das Schauspiel haben kann. Das wachsende Interesse der Medien und später des Fernsehens haben diese Wirkung noch potenziert. Mit je fünf Milliarden erreicht kein Anlass so viele Menschen wie die Olympischen Spiele und Fussball-Weltmeisterschaften.
Die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles sollen ein Fest der Jugend werden – ein Sinnbild jener Kraft des Sports, die Völker verbindet, Grenzen niederreisst und Frieden stiftet. Doch wie 1936 in Berlin, 2014 in Sotschi sowie 2008 und 2022 in Peking droht diese Illusion zu verblassen. Schon zuvor hatten Hitler, Putin und Xi Jinping die Olympischen Spiele als Kulisse genutzt, um ihre Macht zu demonstrieren.
Nun steht Donald Trump bereit, in diese unrühmliche Tradition einzutreten – mit Militärparaden, Ausschlüssen und der Selbstgewissheit, die grösste Bühne des Sports gehöre ihm allein. (aargauerzeitung.ch)
Aber grundsätzlich ja, das Duo Putin/Trump erinnert in vielen Aspekten besorgniserregend an das Duo Mussolini/Hitler.