Bei Fernseh-Übertragungen von Präzisionssportarten haben wir uns als Zuschauer daran gewöhnt, wie unfassbar gut die Spezialisten mit ihrem Werkzeug umgehen können. Wir glauben, das deshalb ein bisschen einschätzen zu können, weil wir alle schon mal einen Dart in der Hand hatten, ein Billard-Queue oder eine Bowling-Kugel.
Ein Hole-in-one beim Golf?
Sieht man praktisch jede Woche.
Ein Neun-Darter im Darts?
Selten, aber kommt vor.
Ein Maximum-Break im Snooker?
Selten, aber kommt vor.
Aber ein 7-10-Split im Bowling?
Kommt höchstens in einem Film vor.
Bei dieser Konstellation fallen im ersten Schuss alle Pins ausser jener hinten ganz links und hinten ganz rechts.
Im zweiten Versuch sollen nun die beiden «Bettpfosten» aus dem Weg geräumt werden – beinahe ein Ding der Unmöglichkeit.
Aber eben nur beinahe. Im Halbfinal der US Open in Reno (Nevada) schaffte der 18-jährige Anthony Neuer am Sonntag das Kunststück, einen 7-10-Split abzuräumen:
Wie selten Neuers Errungenschaft ist, zeigt ein Blick ins Geschichtsbuch. Seit Profi-Bowling im TV übertragen wird – und das ist in den USA nicht erst seit gestern der Fall – ist «The Ginger Assassin» («der rothaarige Attentäter», so der TV-Kommentator) erst der vierte Spieler, der das geschafft hat. 1980 räumte Mark Roth einen 7-10-Split ab, 1991 schafften es sowohl John Mazza und Jess Stayrook. Und seither, in den gesamten dreissig Jahren, die vergangen sind, gelang es keinem einzigen mehr.
Doch auch wenn der 7-10-Split höchst rar ist, gibt es für ihn nicht mehr Punkte als für einen «gewöhnlichen» Spare. Neuer, der jüngster Major-Sieger der Geschichte hätte werden können, verlor den Halbfinal gegen Jakob Butturff klar. Dieser unterlag dann im Final denkbar knapp Chris Via mit 213:214.
Vielleicht ist Anthony über einige Ecken mit Deutschlands Fussballgoalie Manuel Neuer verwandt – einem anderen Meister der «Torpfosten», wie die 7-10-Konstellation auch genannt wird. Ganz sicher ist der hochtalentierte Himmelsstürmer aber mit Andy Neuer verwandet: Sein Vater gewann 1994 ein Turnier der PBA-Tour.
Die Stimme von Franjo von Allmen ist hörbar angeschlagen. Kein Wunder: Er hatte schliesslich genügend Gründe, zu feiern. Am Sonntag wurde der 23-jährige Berner Weltmeister in der Abfahrt, am Mittwoch in der Team-Kombination. Am Morgen danach sitzt er vor einer kleinen Medienrunde und entschuldigt sich: «Meine Stimme braucht dringend etwas Pause.»