Die Nordostschweizer prägten das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest zuhause in Mollis. Zwar haben die Berner auch im Glarnerland die meisten Kränze gewonnen (zwölf gegenüber neun Kränzen des NOSV). Doch mit Samuel Giger und Werner Schlegel stellten (Wortwitz beabsichtigt) die Gastgeber nicht nur die beiden Schlussgangteilnehmer, sondern mit Armon Orlik am Ende auch den lachenden Dritten und den Schwingerkönig. Es ist der erste Nordostschweizer König, seit Jörg Abderhalden vor 18 Jahren in Aarau triumphierte.
Das alles ein Jahr nach dem Eidgenössischen Jubiläumsschwingfest in Appenzell, wo der NOSV ein Debakel erlebte. Zwar stand Orlik damals im Schlussgang und verlor diesen gegen den Berner Fabian Staudenmann. Doch ansonsten war weit und breit kein Nordostschweizer zu finden. Die Berner belegten sieben der ersten acht Plätze.
So konnte das nicht weitergehen, befanden die NOSV-Spitzenschwinger. Giger, Schlegel, Orlik und Co. gingen zu ihrem letzten König und baten ihn um Hilfe. Gemeinsam mit seinem früheren Betreuer Beat Schläpfer sollte Abderhalden seine jungen Verbandskollegen in Form schleifen.
Abderhalden und Schläpfer leiteten jeden Dienstagabend ein Training für die stärksten Nordostschweizer Schwinger und liessen sie leiden. Der Blick berichtete von Bergsprints, bei denen die Schwinger jeweils einen ihrer Kollegen auf dem Rücken hatten tragen müssen. Auch im Sägemehl schenkten sich Giger, Orlik und Co. jeweils nichts. Profitiert haben sie dabei auch von der gnadenlos ehrlichen, aber fundierten Kritik der beiden. «Jörg weiss ganz genau, wovon er spricht. Mit ihm trainieren zu dürfen, ist für uns eine unglaubliche Ehre», meinte beispielsweise Damian Ott.
Im Sägemehlring profitierten die Nordostschweizer von Abderhaldens Erfahrung und Schläpfers Wissen als Taktikfuchs. Bei den Schwingfesten vor dem ESAF amteten die beiden als Beobachter und Ratgeber. Gleichzeitig stellte der NOSV nach dem Debakel in Appenzell das Betreuungskonzept um.
In Mollis ging der Plan voll auf. Die Nordostschweizer überzeugten von Beginn weg. Sie waren körperlich bereit für die langen, physisch extrem herausfordernden Kämpfe. Angefeuert von vielen und lauten Heimfans arbeiteten die NOSV-Schwinger als Team zusammen, wie man das sonst oft nur von den Bernern kennt. Denn im Gegensatz zum BKSV bestehen die anderen Verbände aus mehreren Kantonen, bei denen Harmonie nicht immer selbstverständlich ist.
Wann immer die Nordostschweizer Königskandidaten im Einsatz standen, schauten ihre Kollegen zu und klatschten nach Siegen ab oder spendeten Zuspruch nach Niederlagen oder Gestellten. Schwinger wie Ott oder Domenic Schneider kamen zwar am Ende nicht für den Schlussgang in Frage, spielten aber eine wichtige Rolle beim Ausbremsen von potenziellen Gegnern anderer Verbände. Schwergewicht Schneider etwa bezwang Fritz Ramseier und stellte gegen Curdin Orlik, bremste so zwei starke Berner aus.
«Es war durchs Band eine Teamleistung. Wir wollten uns gegenseitig stärker machen», sagte König Orlik nach seiner Krönung. Wenige Minuten zuvor hatte er mit all seinen Verbandskollegen gemeinsam das gute Ergebnis gefeiert.
Als nächstes Highlight steht 2026 das Kilchberger Schwinget im Kalender. Im kleineren Feld – dort werden nur die besten 60 Schwinger des Landes eingeladen – könnte der Zusammenhalt der NOSV-Spitzenschwinger noch besser zur Geltung kommen.