Was war das für ein fantastischer zweiter Lauf von Albert Popov. Als Achter nach dem ersten Durchgang gewinnt der Bulgare sensationell den Slalom von Madonna di Campiglio und ist somit auf den Tag genau 45 Jahre nach dem Sieg von Peter Popangelov erst der zweite Bulgare, welcher im Weltcup ein Rennen gewinnen konnte.
Dass Popov am Mittwochabend in die absolute Weltspitze vordringen konnte, ist allerdings nicht selbstverständlich. Vor gut neun Jahren sprang der aus der bulgarischen Hauptstadt Sofia stammende Athlet nämlich dem Tod nur knapp von der Schippe.
Am 17. November 2015 war Popov mit seinem damaligen Trainer Drago Grubelnik und einem Co-Trainer im Tiroler Ötztal auf dem Weg zum Rettenbachferner, einem Gletscher in der Nähe von Sölden. Das Auto kam von der Strasse ab und stürzte mehr als 250 Meter in die Tiefe. Der ehemalige Skiprofi Grubelnik starb wenig später im Spital und der Co-Trainer wurde schwer verletzt. Popov selbst hatte grosses Glück und kam mit einem gebrochenen Sprunggelenk und Schürfungen im Gesicht davon.
Ein harter Schicksalsschlag für den damals erst 18-jährigen Bulgaren. Selbst sagte er einmal in einem Interview, dass er sich nicht mehr an den Unfall erinnern könne, und meinte angesprochen auf den harten Schicksalsschlag: «Ich habe das Leben von einer anderen Seite kennengelernt.»
Erst knapp ein Jahr später, am 23. Oktober 2016, war Popov zurück im Weltcup und das ausgerechnet in Sölden. Damals verpasste er den zweiten Lauf klar. Doch sein Stern sollte schon bald aufgehen.
Am 26. Januar 2019 startete der bloss 1,64 Meter grosse Popov mit der Startnummer 71 in Kitzbühel in den Slalom. Bei starkem Schneefall qualifizierte sich Popov zunächst als Fünfter sensationell für den zweiten Lauf. In diesem fuhr er ebenso sensationell auf den neunten Platz und sicherte sich damit seine erste Top-Ten-Platzierung. Erst knapp zwei Monate zuvor hatte Popov in Levi zum ersten Mal Weltcuppunkte eingefahren. Damals war der Bulgare mit der Startnummer 72 auf Platz 16 vorgeprescht.
Nur drei Tage nach der Parforce-Leistung auf dem Ganslernhang in Kitzbühel kam die nächste überragende Fahrt von Popov: In Schladming sicherte er sich im Nachtslalom den sechsten Platz und war plötzlich jedem Skifan bekannt.
Nach seinen ersten Spitzenleistungen dachte Popov an seinen verstorbenen Trainer:
Sein Aufstieg sollte damit aber noch nicht enden. Im Februar 2023 schaffte Popov zum ersten Mal den Sprung auf ein Weltcuppodest. In Palisades Tahoe fuhr der Bulgare auf Rang drei.
Dass aus dem kleinen Bulgaren, der nahezu perfekt Deutsch spricht, einmal ein Skifahrer wird, war im Grunde früh klar. Bereits mit zwei Jahren stand Popov zum ersten Mal auf den Brettern. Bereits Mutter Martina Popova fuhr Skirennen und auch seine Schwester Aleksandra war Teil des Nationalteams.
In den Jahren 2012 und 2013 gewann Popov das internationale Kinderrennen «Trofeo Topolino». Dabei handelt es sich um eines der grössten Skirennen für Kinder. Grosse Namen wie Mikaela Shiffrin, Beat Feuz, Lara Gut-Behrami oder Marc Giradelli sind ebenfalls Gewinner des Rennens.
Nun konnte Popov in Madonna vor dem Schweizer Loïc Meillard seinen ersten Sieg feiern. Nach dem Rennen erzählte der 27-Jährige im Interview mit SRF, dass er für den zweiten Lauf seinen Ski gewechselt hat. «Nach dem Steilhang hatte ich keinen Fehler und eine gute Linie und ich dachte, jetzt muss ich alles geben. Das habe ich gemacht und bin sehr stolz», erklärte der Bulgare weiter.
Für Popov und die Slalomcracks geht es nun Schlag auf Schlag, zunächst stehen in Adelboden und Wengen die Slalomklassiker an, dann folgen weitere in Kitzbühel und Schladming – jene Orte, an denen der Stern von Albert Popov vor sechs Jahren so richtig aufging.