Es gehört enorm viel Aufwand und Mut dazu, professionelle Tennisspielerin zu werden. Im Fall von Rebecca Sramkova trifft dies sogar noch mehr zu.
Die 28-jährige Slowakin wurde mit einer Behinderung geboren, die es «für jeden anderen extrem schwierig, wenn nicht sogar fast unmöglich machen würde, eine Karriere in diesem Sport zu verfolgen», so Tennis World USA.
Im Tennis, einer Tätigkeit, die eine sehr gute Hand-Augen-Koordination erfordert, ist dies zwangsläufig ein Nachteil. Vor allem auf der Rückhandseite für die Rechtshänderin Sramkova. «Ist eine Fehlsichtigkeit nachgewiesen, aber nicht korrigiert, werden die empfangenen Informationen aufgrund der Unschärfe langsamer verarbeitet, was sich negativ auf die Reaktionsfähigkeit des Sportlers oder der Sportlerin auswirken kann», erläutert das Optiker-Geschäft Dynoptic auf seiner Website im Detail. Auch die Orientierung im Raum und die Raumwahrnehmung, die beim Tennis ebenfalls von entscheidender Bedeutung sind, werden beeinträchtigt.
Trotz allem hat es Rebecca Sramkova geschafft, sich unter den Top 50 der Welt zu etablieren.
«Sie hoffte, dass ein Sport, der eine hohe Tiefenwahrnehmung und Hand-Augen-Koordination erfordert, ihre Sehkraft verbessern würde», hiess es von der WTA.
Doch die Augen der Slowakin wurden nicht besser. «Ich habe versucht, Kontaktlinsen zu tragen, aber es war nicht viel besser und furchtbar unbequem», erzählte sie gegenüber Tennis Actu.
Also lebt Sramkova mit diesem Handicap. 2017 kam sie im Alter von 20 Jahren erstmals in die Nähe der Top-100 (111. Platz). Doch mehrere schwere Verletzungen (Rücken, Schultern, Bauchmuskeln und ein gebrochenes Bein) bremsten ihren Aufstieg. Erst 2022 tauchte sie bei den French Open wieder auf dem Radar der Öffentlichkeit auf, als sie an ihrem ersten Grand-Slam-Turnier teilnahm (Out in der ersten Runde).
2023 in Warschau spielte die gebürtige Bratislaverin ihr erstes Viertelfinale auf der WTA-Tour, aber 2024 startete sie richtig durch. Der Auslöser war das prestigeträchtige Turnier in Rom im Mai. Dort erreichte sie das Achtelfinale, wobei sie Jelena Ostapenko, der Gewinnerin der French Open 2017, in einem extrem engen Spiel (6:7 im dritten Satz) unterlag. Ihr Auftritt in Rom bescherte ihr zum ersten Mal einen Platz unter den Top-100, wo sie sich seither hält.
Mit der Gewissheit, dass sie mit den Besten mithalten kann, und dem damit verbundenen Selbstvertrauen, hat Rebecca Sramkova einen fulminanten Saisonabschluss hingelegt: zwei Finals in Monastir und Jiujiang (Niederlage gegen die Schweizerin Viktorija Golubic) und vor allem ihren ersten WTA-Titel in Hua Hin in Thailand auf Hartplatz.
Sie war es auch, die die Slowakei im November zum ersten Mal seit 2002 ins Finale des Billie Jean King Cup führte. Dort gab es allerdings eine Niederlage gegen Italien.
Diesen Durchbruch auf höchstem Niveau verdankt Rebecca Sramkova natürlich ihrem Talent, aber vor allem ihrer starken mentalen Verfassung. Dahinter steht das Bedürfnis, sich selbst zu behaupten. «Ich will jemand sein», erklärte die Nummer 49 der Weltrangliste.
Hinter dieser Einstellung steht eine aussergewöhnliche Resilienz, die vermutlich mit der Tatsache zusammenhängt, dass sie sich ihr Leben lang mit diesem Nachteil durchsetzen musste. Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass sie als weiteres Haupthobby eine möglichst visuelle Tätigkeit gewählt hat: das Malen.
Ihr Vater Jozef ist ebenfalls Maler. Er hat sie zwar trainiert, aber vor allem hat er den Erfolgswillen seiner Tochter geweckt. Und das unfreiwillig.
Man muss bis zum 18. Lebensjahr von Rebecca Sramkova zurückgehen, um diese Dynamik zu verstehen. Zu dieser Zeit war die Tennisspielerin mit einem 12 Jahre älteren Mann zusammen. Diese Beziehung gefiel ihrem Vater überhaupt nicht, woraufhin er sie einfach aus dem Haus warf.
Sie berichtete dem slowakischen Medienunternehmen Sportnet von dieser ebenso schmerzhaften wie verrückten Zeit:
Heute hat Rebecca Sramkova dank ihrer Gewinne von fast 500'000 Dollar im Jahr 2024 etwas anderes als Reis auf ihrem Teller. Sie hat vor allem einen Appetit, der es ihr vielleicht ermöglicht, sich ab Anfang 2025 gegen andere Tennis-Stars zu beweisen. Am 12. Januar beginnen die Australian Open.