Klimawandel? «Es gibt keinen Beweis dafür. Es gab schon immer kalte und wärmere Winter.» Das sagte FIS-Präsident Gian Franco Kasper Anfang Woche im Tages-Anzeiger und er löste mit dieser und ähnlichen Aussagen eine Lawine aus. So äusserte sich die Schweizer Slalom-Hoffnung Daniel Yule schockiert über die Haltung des 75-Jährigen und auch Olympiasiegerin Michelle Gisin äusserte ihr Unverständnis.
Die derzeit verletzte Gisin postete Bilder von Gletschern in Saas Fee, um zu zeigen, wie diese sich in nur fünf Jahren veränderten. Sie wünsche sich eine FIS, die mehr mache in Sachen Klimaschutz. «Denn wenn die Winter immer kürzer werden und es keinen Schnee mehr gibt, sind wir alle Verlierer.»
Die FIS besitzt zwar bereits seit 1994 einen Leitfaden, in dem festgeschrieben ist, «dass der Skisport in all seinem Handeln den Schutz der Umwelt und Natur in Betracht ziehen sollte.» So sollen Wettkämpfe umweltschonend veranstaltet werden, es geht um Energieeffizienz, Abfallmanagement oder regionale Wertschöpfung.
Den Bemühungen zum Trotz: Alle zwei Jahre scheinen das bloss schöne Schlagworte zu sein. Jeweils im Frühsommer treten Delegierte aus aller Welt zum FIS-Kongress zusammen. Dort wird über die Entwicklung des Skisports diskutiert, in Komitees und Arbeitsgruppen wird darüber gebrütet, wie man Disziplinen und Anlässe vorantreiben kann. Beim letzten Kongress wurde etwa beschlossen, bei der alpinen Ski-WM 2021 in Cortina d'Ampezzo Parallel-Bewerbe einzuführen.
Es sind schöne Reisen, die die Funktionäre unternehmen dürfen. Mehr als 900 Delegierte reisten 2016 nach Cancún, darunter 25 von Swiss-Ski.
Cancún? Wintersport? Ja. Der Internationale Ski-Verband FIS reiste auf die mexikanische Halbinsel Yucatán, wo sich das Thermometer im Juni um die 30-Grad-Marke bewegt und wo das Meer angenehm warm ist. Man muss sich ja nicht zwangsläufig nur in Sitzungszimmern aufhalten.
«Die Bergler wollen ans Meer», sagte FIS-Präsident Gian Franco Kasper damals zur NZZ. Ausserdem wies er darauf hin: «Heute käme Montreux teurer zu stehen als Cancún.» Am Genfersee fand der Kongress letztmals in der Schweiz statt, 1990 war das.
Seither tingelt die 110 Mitgliederverbände starke FIS mit ihrem Kongress um die Welt. Wohl verstanden: Für Delegierte aus den USA war Mexiko die nähere Destination als Europa. Aber da das Herz des Wintersports zweifelsfrei in den Alpen und in Skandinavien schlägt und entsprechend viele Delegierte aus diesen Ländern kommen, wären regelmässige Kongresse in Europa wohl sinnvoller. In Norwegen, Schweden oder Finnland war man letztmals 1959, in Österreich 1953 und in Deutschland vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.
Die Liste der FIS-Kongresse in diesem Jahrtausend zeigt: Nur ein Mal wurde an einem Ort getagt, wo es im Winter kalt ist und schneit. 2012 war das im südkoreanischen Kangwonland.
Gian Franco Kasper hat sich mittlerweile zur Kritik an seinen Worten im «Tages-Anzeiger» geäussert. Man habe offenbar Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen, liess der Engadiner, der in der Szene für manchmal flapsige Kommentare bekannt ist, verlauten. Und: Man solle seine Aussagen nicht wörtlich nehmen. Dennoch entschuldigte sich der noch bis 2022 gewählte Präsident.
Wie ernst Kasper und dem Weltverband der Klimaschutz ist, bleibt also offen. Klar ist hingegen, wo der nächste FIS-Kongress stattfindet. Ende Mai 2020 trifft sich die Ski-Familie im thailändischen Ferienparadies Pattaya.